Ich lasse die Tatsache mal außer Acht, dass mir nur noch 6 Tage bleiben und berichte ganz alltäglich von dem nächsten großen Feiertag, der Indien Ende August bevorsteht: Raksha Bandhan. Hauptsächlich feiert man den Tag als Fest der geschwisterlichen Verbindung. Dem Ritual nach knüpfen Frauen und Mädchen ihrem Bruder (oder Cousin) ein gesegnetes Band, ein Rakhi, um das Handgelenk. Mit
diesem meist Band drückt sie schwesterliche Liebe sowie ihren Segen aus. Sie tupft ihm dabei einen Segenspunkt auf die Stirn und schwenkt segnend ein Öllicht vor ihm. Er überreicht ihr im Gegenzug ein kleines Geschenk und verspricht ihr seinen Beistand im Leben. Ist der Bruder fern, etwa in einer anderen Stadt, erhält er sein Rakhi mit Segenswünschen per Post.
Praktischerweise hat mich gerade in den letzten zwei Wochen besucht. Also keine Flaschenpost notwendig. Wir sind zusammen über den Markt (Tulshi Baug) geschlendert und konnten überall die wunderschönen, schlicht
bis bunt glitzernden Baumwoll- und Seidenbänder bestaunen. Der aufmerksame Leser wird einwenden: Nun, an der Sache gibt es doch aber einen Haken! Sie ist ja nicht dein Bruder… Wohl war. Es lässt sich darüber schreiten, ob man solche Bänder einfach trotzdem unter Schwestern (nicht nur in Ermangelung eines Bruders) schenken kann. Und tatsächlich haben wir an einem der Stände einen kleinen Tumult ausgelöst. Eben diese Diskussion hat stattgefunden: Wie frei darf ich das alte Ritual aus dem Hinduismus auslegen? Geht es primär um den geschwsterlichen Zusammenhalt, der zelebriert und gestärkt werden soll? Oder dient es vor allem der Aufrechterhaltung der Geschlechterrollen? Ganz gleich ob jünger oder älter, mein Bruder ist mein Beschützer. Dafür segne und ehre ich ihn.
Hmm.. Dieses Prinzip fände ich unter Geschwistern, wenn es gegenseitig und genderunabhängig gelten würde, umso schöner. Schließlich haben die Leute um uns herum unsere „Verbandung“ (als Nicht-Hindus) toleriert, sich über unser Interesse gefreut oder sich einfach über unser Unwissen amüsiert. Als Lara sich das Band um ihr Fußgelenk binden wollte, war aber wirklich Schluss mit lustig.