Die Mission “Kurzzeitprojekt”, spätestens ab dem dritten Tag ein konstanter Begleiter unterschiedlichster Alltagskonversation während des Vorbereitungsseminars, hat sich in unserer Homezone als Begriff für Zusammengehörigkeit und Gemeinschaft herausgebildet. Nach kurzem Gruppenbrainstorming, die Tragweite des Wortes wird durch seine Länge unterstützt, stand für jedes Mitglied unsere Homezone fest: Kurzzeitprojekt = Gruppenprojekt.
Hätten wir jedoch gewusst, welche Schwierigkeiten mit der Bezeichnung “Gruppe” verbunden sind, dann wäre aus unserem Orchester vielleicht ein Trio geworden. Aber nur wer sich der Herausforderungen stellt, kann sie auch meistern – bestimmt Konfuzius!
Doch was war unsere Herausforderung?
Nachdem wir beschlossen hatten unser Kurzzeitprojekt als Gruppenarbeit zu konzipieren, musste wir natürlich festlegen, WAS für ein Projekt wir überhaupt machen wollen. Es gab zwar viele Ideen, doch der Gruppenkonsens ließ lange auf sich warten. Während anfänglich von Stopmotion- und Stummfilmen geträumt wurde, schweiften die Gedanken zu Art-Attack-Aktionen bis hin zu Tetris mit Menschen als Bauklötzchen ab – kurzum, die Wünsche und Vorstellungen von 13 hoch motivierten Personen zu berücksichtigen, überstieg den Anspruch KURZzeitprojekt und brachte das ein oder andere Nervenkostüm zumindest auf Erdbebenstärke 5. Am dritten Tag unserer Diskussions- und Überlegungsrunde, wir waren noch mit der Frage beschäftigt, welche Abstimmungsform wir für die Abstimmung nutzen möchten, entstand aus einer Anekdote von Max das, was letztendlich unser Big Buddy Orchestra werden sollte. Der Name John Cage und 4:33 war gefallen und weckte das Interesse der gesamten Gruppe. Natürlich wurde der Plan nicht sofort angenommen und wir übten uns weiter im Diskutieren, Analysieren und Argumentieren, aber letztendlich stand fest: Wir wollen eine Hommage an John Cage. Und plötzlich purzelten die Ideen, die vor allem größtenteils kongruent zueinander waren, aus unseren Hirnen heraus und das Motto unserer Projektes „Erwarte das Unerwartete“ war geboren. Die restliche Planung belief sich auf Formalitäten. Schnell waren drei Untergruppen mit den entsprechenden Ansprechpartnern gefunden und die Proben konnten als bald beginnen. Wer an dieser Stelle immer noch nicht weiß, was es mit John Cages 4:33 auf sich hat, belese sich bitte auf einer persönlich bevorzugten Wissensvermittlungsseite.
Da wir unser Stück natürlich nicht 4:33 nennen wollten, entschieden wir uns für die Verrücktheit von 3:44 und wer denkt, dass die Verkürzung um etwas mehr als einer Minute bei der Durchführung der Proben erleichternd war, der irrt. Insgesamt waren die Proben, derer wir doch nicht wenige hatten, sehr ermüdend, denn angestrengtes Schweigen mit entsprechender Körperhaltung fordert eine große Portion an Selbstbeherrschung. Zudem wussten wir nicht, wie das Publikum unser Stück auffassen würde.
Die Umsetzung:
Um John Cage so nahe wie möglich zu sein, entschieden wir uns ebenfalls für die klassische Form des Orchesters. Da sich an Musikinstrumenten lediglich zwei Gitarren und eine Trompete auftreiben ließ, legten wir die Besetzung auf Chor und Trio fest. Da wir natürlich trotz musikalischem Minimalismus so authentisch und seriös wie möglich erscheinen wollten, galt die Kleiderordnung schick und schwarz. Mit Max als Dirigenten rundeten wir das Bild doch recht glaubwürdig ab.
Um dem Publikum stärker vermitteln zu können, dass sie die eigentlichen Hauptakteure unseres 2-sätzigen Werkes sein würden, filmten wir unsere mehr oder minder verwirrten Zuschauer und projizierten das Video hinter uns an die Leinwand. Während des ersten Satzes, der zwei Minuten Schweigen beinhaltete, stieg die Anspannung des Publikums, das sich jedoch mit Äußerungen dezent zurück hielt. Während des zweiten Satzes konnten sie aber nicht mehr still sitzen. Viele sprangen von ihren Stühlen auf und spielten den von allen geliebten Energizer „Big Buddy“. Auf diese Reaktion waren wir überhaupt nicht vorbereitet, wobei unser Name natürlich den Eindruck vermittelt, dass das unsere Erwartungshaltung an das Publikum war. Am Ende unserer Präsentation blendeten wir noch kurz unser Motto „Erwarte das Unerwartete“ ein, denn bis dahin hatten wir das Publikum noch nicht aufgeklärt. Wobei Aufklärung vielleicht das falsche Wort ist, denn immerhin wollten wir nur einen Denkanstoß und keine Erklärung über unser Projekt abgeben – mündige Mensch im kantschen Verständnis sollten ja bereits aufgeklärt sein…
Was das Publikum aus unserem Auftritt mitgenommen hat, ist uns allen nicht wirklich bewusst. Da es aber jedem selbst obliegt unser Projekt für sich individuell zu deuten, kann ich an dieser Stelle nur berichten, was es für uns bedeutet hat: Gemeinschaft, Zugehörigkeitsgefühl und das Wissen, in einer gut funktionierenden Gruppe vieles realisieren zu können. Auch wenn der Weg bis zu dieser Erkenntnis mühevoll und nicht immer nur von Kieselsteinchen gesät war, am Ende haben wir uns alle zusammen als „Big Buddy“ gefühlt.
Fotos und das Video folgen…