Vom Kamelreiten und Sandduenenbezwingen

Lang, lang ist’s her…tut mir Leid fuer die Verspaetung. Jetzt habe ich es endlich geschafft, ueber die Reise in die Wueste Gobi zu schreiben. Viel Spass beim Lesen! 🙂

Unsere erste Kamelherde

Unsere erste Kamelherde

In der ersten Novemberwoche machten wir vier Freiwilligen Charlotte, Svenja, Kathrin und ich uns auf eine 8taegige Reise durch die Wueste Gobi. Mit an Bord unseres Kleinbusses waren Fahrer und Papa-fuer-alles Hoyaga und unser Guide Tseegii. Geplant und vorbereitet worden war die Reise von den anderen Mitreisenden aus UB, sodass ich mich irgendwie ziemlich unvorbereitet an einem Freitagabend in den Nachtzug von Erdenet nach Ulaanbaatar setzte.

Am Samstagmorgen ging unsere Fahrt los. Der kleine Busse war vollgepackt mit unserem Gepaeck und Schlafsaecken, Nahrungsmittel, Wasser, Gaskocher mit Patronen und noch mehr nuetzlichen Sachen. Uebernachten wuerden wir – falls die Moeglichkeit bestaende – in Gaestejurten von mongolischen Familien. IMGP8446Diese vermieten kleine Jurten mit Betten und Ofen an Touristen und andere Reisende und haben somit einen kleinen Nebenerwerbszweig. Aber November ist ja nun keine wirkliche Reisesaison mehr, also war das alles ein wenig unklar. Doch gluecklicherweise fanden wir bis auf eine Nacht, die wir im Hotel verbrachten, immer eine kleine, aber feine Unterkunft.

 

Von Ulaanbaatar machten wir uns auf Richtung Sueden. Wir fuhren ueber geteerte Strassen, die ploetzlich im Nichts begannen und genauso ploetzlich endeten, sandige Wege, holprige Pisten oder einfach irgendwo. Je weiter wir nach Sueden kamen, desto flacher wurde das Land. Ist die Gegend um Erdenet und Darkhan herum recht huegelig und auch noch ansatzweise bewaldet, so konnten wir hier, in der Wueste Gobi erfahren, was Unendlichkeit bedeutet. So weit das Auge sehen konnte, war es flach und leer. IMGP8566 An einigen Stellen gab es durchaus Vegetation (das war dann, wie uns ein Blick in den Reisefuehrer verriet, die Trockensteppe), woanders nur Sand und Kies. Und dann immer wieder am Horizont auftachend: Kamele! Gerieten wir beim Anblick der ersten Kamelherde noch in helle Aufregung und mussten sofort anhalten, um diese Tiere zu fotografieren, war es nachher fuer uns ein gewohnter, ja fast vertrauter Anblick. Zwischendrin auch mal eine halbwilde Pferdeherde oder weisse, flinke Gazellen. Wir trafen auf Fuechse, Bussarde, Geier, Falken, Wildmaeuse etc. Die (Halb-)Wueste ist doch gar nicht so „tot“ und leer wie ich dachte. 😉

Doch wer jetzt denkt, Wueste Gobi waere heiss und wir nur am Schwitzen: Knapp daneben! Mein liebster Freund war die Thermounterhose, direkt danach die Handschuhe, mein warmer Schlafsack und die Kashmirstrumpfhose, dicht gefolgt von den anderen Kleidungsstuecken, die ich alle uebereinander angezogen habe. Ich muss wohl wie das Michelinmaennchen gewirkt haben.

Wir treffen auch mal auf Schnee

Wir treffen auch mal auf Schnee

Draussen war es kalt und meist pfiff ein kalter Wind. Man war also gut beraten, eine windfeste Jacke zu tragen (haha, die hatte ich natuerlich nicht dabei. Mein Motto war: Lieber einmal mehr gefroren als nachdenken, den Wetterbericht checken oder auf meine Gasteltern hoeren. Naja, seis drum). Kam die Sonne jedoch raus, wurde es auch angenehm warm und hintern den Fenstern auch im Bus recht kuschelig. Aber wehe, die Tuer ging auf und es zog! Bei solchen Temperaturen hatte ich natuerlich unglaublich viel Spass daran, mir irgendwo wie in der Wildnis ein Oertchen zu suchen. Schlimmstenfalls auch noch nachts vor die Jurtentuer zu muessen. Und Waschen (mit kaltem Wasser draussen, am Morgen!)…nunja, reden wir nicht davon. Das alles war ein Erlebnis das muss ich ehrlich sagen!! Und das ist jetzt nicht ironisch gemeint: Raus aus dem gut behueteten und bequemen Alltag, rein ins „Abenteuer Wueste Gobi“. Weg vom „Morgens-warm-Duscher“ und „Das Essen steht auf dem Tisch, ich muss mich nicht ruehren“ zum Selbstversorgerdasein in der Jurte (und, ehrlich, was das Nicht- Mithelfen im Haushalt anbelangt bin ich hier von meiner Gastfamilie sehr verwoehnt). Ich persoenlich empfand es schon ein bisschen als Abenteuerreise, und fand es wunderbar!

Ein Teil der Wanderduene "Khongoryn Els"

Ein Teil der Wanderduene „Khongoryn Els“

Und doch, bei aller Lagerfeuerromantik, muss ich zugeben, dass so ein nomadenhaftes Leben auf Dauer nichts fuer mich waere. Da fehlt mir dann doch die Zentralheizung, mein Zimmer als Rueckzugsort und eine Dusche. Da bin ich verwoehnter Europaeer und moechte auch nicht darauf verzichten. Und ich bewundere die Menschen, die so leben, mit allen Problemen und Widrigkeiten, die sie vielleicht haben. Das soll jetzt nicht heissen, dass ich davon ausgehe, jemand aus/in der Jurte koenne nicht gluecklich sein oder ein erfuelltes Leben leben. Oder gerade weil er ein so „einfaches“ Leben fuehren wuerde, weit weg von Grossstadtlaerm und Schmutz, in der freien Natur, muesse derjenige gluecklich und zufrieden sein. Ich glaube, dass kann ich nicht beurteilen, dazu habe ich dann doch nur die Perspektive von jemandem, der in Deutschland gut behuetet aufgewachsen ist und hier in der Mongolei als Gast weilt. Ich hatte viel Freude, manchmal ein wenig Muffeln, einmal ganz anders als bisher gewohnt zu leben! 🙂

Wir fuhren von Ansiedelung zu Ansiedelung, zwischendrinn stoppten wir bei verschiedenen natuerlichen Sehenswuerdigkeiten: Die roten Lehmklippen „bayan zag“, wo recht viele palaeontologische Funde gemacht wurden und werden.

Der Sauxaulwald

Der Sauxaulwald

Ein riesiger Wald voller hutzeliger Sauxaulbaeume, bei deren Anblick ich persoenlich irgendwie an Israel denken musste. Wir rittten auf Kamelen, und jetzt weiss ich auch, warum man diese stolzen Tiere Wuestenschiffe nennt: Sie haben wirklich eine erst ungewohnt schaukelige, spaeter gemuetliche Gangart. Natuerlich bestiegen wir auch eine Wanderdduene, wo wir einen herrlichen Sonnenuntergang erlebten und spaeter wie die Verrueckten die Duene runterrannten (Hoyaga bat uns daraufhin, beim naechsten Mal etwas leiser zu sein. Er hatte unser Gebruell auch am Fuss der Duene problemlos verstehen koennen).

Auf der Wanderduene

Auf der Wanderduene

Wir hatten also reichlich Programm und gingen auch mal unerwartet frueh zu Bett, denn unser Tag richtete sich nach der Sonne. Auch das fand ich recht ungewohnt: Auf soetwas wie den natuerlichen Tagesrhythmus zu achten (bin ich es doch gewohnt, auch in der Nacht mal dank einer Nachttischlampe zu lesen, arbeiten, schreiben etc). Und doch empfand ich diese Zeiteinteilung als beruhigend, als entschleunigend. Der Alltag mit Immer-erreichbar, immer-mitdenken-und-analysieren und auch immer-beschalt (MP3-Player, Werbung, Fernsehen) lag weit hinter mir.

Die sog. "Roten Stupas"

Die sog. „Roten Stupas“

Aus diesem Grund ist einer der schoensten Eindruecke, die ich von dieser Fahrt mitnehme, folgender: Sonntagmorgen, kurz nach acht. Ich trete aus der Jurtenduer direkt in die warme Morgensonne. Goldenes Licht um mich herum, ueber die wueste Ebene. Endlosigkeit, soweit ich sehen kann. Links die Jurte der Nomadenfamilie. Ansonsten nichts. Und es ist still. Ganz still. Keine Voegel zwitschern, kein Wind geht. Nur mein leiser Atem. Nur die Sonne, die auf mein Gesicht scheint. Ich glaube, das war der Moment, als ich mich ein bisschen in die Wueste verliebt habe,

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6 Gedanken zu „Vom Kamelreiten und Sandduenenbezwingen

  1. Julia Glück

    Sarah, ich kann dir deine Empfindungen total nachempfinden. Als ich hier in Kasachstan alleine im Canyon stand, mitten in der Steppe, und kein Geräusch zu hören war außer meine eigenen – das war der Augenblick in dem ich mich in die Landschaft Hals über Kopf verliebt habe. Und ich denke immer wieder an den schönen, stillen Moment zurück. Genieß die Zeit, ich freue mich auf das NBS mit dir und deine Geschichten!

    1. Sarah Ganss Beitragsautor

      Danke dir! 🙂
      Ja, man zehrt richtig aus diesen Momenten, kann Kraft schöpfen. Ich freue mich auch schon davon zu hören, was du so erlebt hast!! 🙂
      Und wenn du Lust, Zeit und Geld hast, komm mich dochmal besuchen?! Du bist hoer jederzeit herzlich willkommen!

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