Ein kurzer Einblick in das Schul-/Bildungssystem Chiles

Beim Schreiben des letzten Artikels für mein Kochprojekt bin ich auf eine Sache aufmerksam geworden, über die ich hier in diesem Blog noch nichts oder sehr wenig erzählt habe, die aber für Einige in Deutschland durchaus interessant sein könnte. Deshalb will ich sie hier noch einmal aufgreifen: Der Schulalltag in Chile.

Es ist nämlich so, dass die Schule im Leben der chilenischen Schüler einen sehr großen Raum einnimmt. Während wir in Deutschland normalerweise nur vormittags bis um circa 13 Uhr Unterricht und an manchen Tagen Nachmittagsunterricht bis circa 15:30 Uhr haben, sitzen die Schüler hier jeden Tag bis 17:15 Uhr im Unterricht. Nicht selten auch bis 18 Uhr. Mit der Schule sind die Kinder noch viel länger beschäftigt. Aufgrund von Arbeitsgemeinschaften oder Nachhilfestunden sind sie manchmal bis 20 Uhr oder länger in der Schule.
Dazu kommen dann noch die Vorbereitungsstunden für die Universität oder die PSU (chilenische Hochschulzugangsberechtigung), an denen man hier für gewöhnlich auch teilnimmt, welche aber nur die Schüler der 11. und 12. Klasse betreffen. Allein für Mathematik haben manche Schüler dreimal in der Woche diese Vorbereitungsstunden (Mein Nachbar und der Mathelehrer der Schule führt die Stunden durch). Jeweils Mittwochs und Freitags von 19:30 Uhr bis 21 Uhr und am Samstagvormittag von 9:00 Uhr bis 10:30 Uhr. Dazu kommen für manche noch Vorbereitungsstunden für Spanisch und Naturwissenschaften.
Außerdem sind da noch die Klausuren. Pro Fach müssen pro Semester 5 – 6 Arbeiten geschrieben werden. Bei circa 10 Schulfächern sind das 50 bis 60 Klausuren pro Semester. Bei ungefähr 20 Wochen pro Semester sind es dann im Durchschnitt 2 bis 3 Klausuren pro Woche. Demnach kommt es nicht selten vor, dass 5 Arbeiten in einer Woche, also eine pro Tag geschrieben werden.
Der Stundenplan ist also um einiges strammer, als in Deutschland, und auch die Anzahl der Klausuren ist fast doppelt so hoch. Der Großteil der Schüler (Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen) steht daher, vor allem in der Oberstufe (letzte 4 Schuljahre), unter sehr hohem Druck. Dieser Druck nimmt den Schülern meiner Meinung nach die Lust aufs Lernen; die Idee „Man lernt fürs Leben.“ bedeutet nichts mehr und verbreiteter ist „Lernen für gute Noten“. Es wird, nach dem Minimalprinzip, nur noch das gelernt, was nötig ist, um durchzukommen oder um gute Noten zu schreiben. Das ist eine Sache, die mir hier in Chile sehr stark aufgefallen ist.

Es gibt in Chile keine drei Schulformen, wie in Deutschland, sondern nur eine Art Gesamtschule. Lediglich zwischen teuren privaten Schule und billigeren staaltichen Schulen wird unterschieden. Jeder Schüler wird in seiner Schulzeit auf die PSU vorbereitet. Das ist eine Prüfung am Ende der Schulzeit, was so etwas wie die Hochschulzugangsberechtigung, also das Abitur, in Chile ist.
Da leider nicht die Möglichkeit einer Ausbildung besteht, muss man, um nach der Schule weitergebildet zu werden, mit dem Studium beginnen. Aber lange nicht alle können sich ein Studium leisten. Die Universitäten sind sehr teuer und man muss Kredite aufnehmen, um sie bezahlen zu können, die man oft noch lange nach dem Studium abzahlen muss.

Das war auch der Hauptgrund der Studentenproteste in Chile während des Jahres 2011. das hat sich mittlerweile beruhigt, doch geändert hat sich noch nicht viel. Das Bildungssystem in Chile ist also weiterhin ein großes und schwierig zu lösendes Problem.