Nachdem die meisten organisatorischen Dinge für den Freiwilligendienst „kulturweit“ erledigt waren, startete am 6. September das zehntägige Vorbereitungsseminar am Werbellinsee bei Berlin.
Darüber möchte ich nun nicht allzu viel schreiben. Für mich haben sich die 10 Tage gelohnt. So sollte es ja auch sein. Wir haben viele nützliche Dinge mit auf den Weg in unser Einsatzland bekommen und viele neue, nette Menschen kennengelernt. Ich habe es als sehr angenehm empfunden die Zeit vor der Ausreise mit Menschen, die in einer ähnlichen Situation waren/sind, zu verbringen und sich mit ihnen auszutauschen.
Nachdem ich dann zwischen Vorbereitungsseminar und Ausreise noch einen Tag zu Hause verbracht habe, um die letzten wichtigen Sachen zu erledigen, fuhr ich mit meinen Eltern am Morgen des 17.09. nach Frankfurt. Doch bevor wir zum Flughafen fuhren, schauten wir noch bei meiner lieben Tante Kathi in Wiesbaden vorbei ;). Um 22:05 Uhr ging dann mein Flug Richtung Sao Paulo. Und dann begann das Spektakel. Ich ahnte noch nicht, dass die nächsten Tage mich für mein Leben prägen würden. Denn seit dieser Reise leide ich an einer „Flughafenphobie“.
Ich war aufgeregt, weil die erste lange Reise vor mir lag, aber aufgrund des Abschieds auch ein wenig betrübt. Trotzdem lief vorerst alles nach Plan und ich saß um circa 21:30 Uhr im Flieger. Als er dann um kurz nach zehn auf die Startbahn rollte und beschleunigte, musste der Pilot abrupt bremsen und wieder zum Gate zurückkehren. Beim Start hatte sich eine Gepäckklappe geöffnet und am Gate musste alles noch einmal durchgecheckt werden. Während der Untersuchungen hat sich herausgestellt, dass ein Rad ungleichmässig abgenutzt war und gewechselt werden musste. So startete der Pilot die Maschine erst gegen 00:30 Uhr und wir erreichten den Flughafen von Sao Paulo mit 2 1/2 Stunden Verspätung. Dort wurde ich dann zum falschen Gate geschickt. Als ich den Fehler bemerkte, war es bereits zu spät…
Am richtigen Gate hatten die Damen am Schalter mich bereits einige Mal ausgerufen; da ich nicht aufgetaucht war, wurde ich aus dem System gelöscht und durfte nicht mehr mitfliegen. Nach einiger Zeit bekam ich dann den nächsten Flug nach Santiago de Chile am 18.09. um 18:30 Uhr zugeteilt. Der Flug von Santiago nach Osorno wurde auf den 19.09. um 11:30 Uhr gesetzt. Ich musste mich nun also auch noch um einen Schlafplatz in Santiago kümmern (Ankunft Santiago: 22:30 Uhr). So saß ich also völlig hilflos, ohne Handy und ohne Internet in Brasilien fest und musste irgendwie dem Schulleiter vom Colegio Alemán in La Unión Bescheid geben, der mich gegen 17:00 Uhr in Osorno am Flughafen abgeholt hätte. Irgendwann wurde ich dann daraufhingewiesen, dass es einen TAM (Airline)-Aufenthaltsraum gibt. Ich begab mich also zu dem besagten Raum und bekam eine Karte, mit der ich das Internet für eine Stunde nutzen konnte (es war ca. 9:00 Uhr; ich musste also noch 9 Stunden bis zum naechsten Flug warten). Doch natürlich klappte das mit dem Internet auch nicht sofort; ich musste erst eine Service-Nummer mit einem mir zur Verfügung gestellten Telefon anrufen. Als es dann endlich funktionierte schaffte ich es tatsächlich (mithilfe meines Nachbarn Diego), den Schulleiter über die aktuelle Lage aufzuklären. Ich erreichte auch meine Eltern und sogar Mona, eine andere Freiwillige, die sich noch eine Woche in Santiago aufhielt. Sie schlug mir vor, mich vom Flughafen in Santiago abzuholen und mich zu dem Hostel zu bringen, in dem sie sich aufhielt.
Später erfuhr ich zu meiner Freude, dass in dem Raum, in dem ich mich befand, ein Buffet für Tam-Kunden angerichtet war. So wurde die Wartezeit, trotz meines Schlafmangels (ich kann sowohl in einem Bus als auch in einem Flugzeug nicht schlafen) doch noch recht angenehm.
Der Flug von Sau Paulo nach Santiago de Chile verlief reibungslos und so stand ich gegen 22:30 Uhr endlich auf chilenischem Boden. In Santiago erreichte mich ein weiterer Schicksalsschlag, ich musste mit Entsetzen feststellen, dass mein Gepäck dort nicht angekommen war. Das Einzige, was ich in dem Moment tun konnte, war, zum TAM-Schalter zu gehen und meinen Verlust zu melden. Inzwischen war es 23:30 Uhr , doch als ich, völlig deprimiert und auch physisch „im Eimer“, aus den Kontrollen kam, stand Mona mit einer Cola am Eingang und hatte schon seit einer Stunde auf mich gewartet. Nochmal ein dickes DANKE! Wir fuhren mit dem Taxi zum Hostel und Mona machte uns noch etwas zu essen, bevor ich mich schlafen legte.
Am nächsten Morgen wachte ich nach 5 Stunden Schlaf ein wenig ausgeruhter auf. Es ging mir den Umständen entsprechend, aber schon besser; soweit ich das sagen kann, denn für mein Gepäck gab es auch am nächsten Tag in Santiago noch nichts Neues. Ich flog um 11:30 Uhr also nach Osorno und bekam, als wir die Wolkendecke durchbrachen, das erste mal die Anden zu sehen. Ein traumhafter Anblick:
Als ich in Osorno ankam, wartete die Sekretärin der Schule bereits auf mich. Sie sprach sowohl Spanisch als auch Deutsch und erklärte den Mitarbeitern der TAM-Airline meine Situation. Sie erklärten mir, dass meine Taschen höchstwahrscheinlich in Brasilien hängen geblieben waren und es bis zu 15 Tage dauern kann, bis sie in Osorno ankämen. Für mich hieß es also erstmal: Warten…! Naja, an schlechte Nachrichten hatte ich mich ja so langsam gewöhnt, ICH war wenigstens endlich angekommen (Montag, 19.09., 13:30 Uhr).
Über 50 Stunden hatte die Anreise nun gedauert und psychisch hatte ich sie immer noch nicht hinter mir gelassen. Ich stand nun schließlich nur mit meinem Handgepäck in meiner neuen Wohnung und musste mich, wohl oder übel, damit abfinden; kein zweites Paar Socken, keine zweite Boxershort, geschweige denn Shampoo oder Handtuch (ich hatte im Flugzeug zumindest eine kleine Reisezahnbürste erhalten).
Doch die Sekretärin am Colegio Alemán und meine Mentorin blieben hartnäckig und kümmerten sich mit viel Ehrgeiz um mein Gepäck. Sie riefen sehr oft bei TAM an, um „Druck zu machen“. „Hier in Chile ist das notwendig“, wurde mir gesagt, „andernfalls wird sich sehr viel Zeit gelassen“. Und zu meiner Überraschung erreichte uns am Mittwoch schon der erlösende Anruf, mein Gepäck sei in Osorno angekommen. Wir fuhren noch am gleichen Tag hin, um es abzuholen. Aber wirklich mit der Reise abgeschlossen hatte ich erst, als ich die Taschen in der Hand hatte und meine Habseligkeiten in meiner neuen Wohnung, für die nächsten 12 Monate, ausräumen konnte.

