Rooftop Thoughts

25 03 2010

Jetzt bin ich über zwei Wochen hier.  17 Tage. Während ich das aufschreibe, versuche ich zu erfahren, wie das alles auf mich wirkt…? Wie mir diese 17 Tage vorkommen. Rasend schnell, oder kriechend langsam? Und ob ich das  als angenehm und aufregend oder als anstrengend und fordernd empfinde. Ich weiß es nicht:

Manchmal

Missing my Müsli

wache ich auf, bin total k.o. Gefrustet von den Blicken der Einheimischen, gefrustet von der foreigner-Sonderbehandlung, gefrustet von den materiellen Einschränkungen, gefrustet von der Sehnsucht und dem Verzicht.

Die hohe Luftfeuchtigkeit nervt mich schon am frühen Morgen, überfordert mit dem Staub, dem Lärm, dem Dreck, der Enge und den vielen Menschen auf so kleinem Raum. Das Reisen ist anders hier. Vorerfahrungen in der Fremde sind zwar hilfreich aber im Endeffekt kein Garant für eine gelunge Eingliederung  in die neue Welt. Alles ist anders hier. Die Entfernung wirkt unlenkbarer, schwerfälliger als zuvor. Südostasien ist so unbeschreiblich unvergleichbar mit unserer Kultur. Mir fehlen die passenden Worte dafür.

Traffic - not even Rush Hour

h

Hanoi - exhaust gas city

Und dann liege ich im Bett und muss mal alle Kräfte zusammentrommeln und rufen, um aufzustehen…In diesen Momenten kriecht die Zeit und ich mit ihr.

Manchmal aber…

da radel ich durch die warme Nacht Hanois nach Hause, radel durch diese aufregende Stadt in diesem Land, fern ab von allem was ich vorher gekannt habe, fern ab von allem, was ich dachte zu kennen.

Pomelos im Goethe Institut

Wanna join me?

Oona

Und ich strampele durch die Straßen und mache mir bewusst, wie gut ich es angetroffen habe,wie toll und angenehm mein Arbeitsplatz ist, was für super kulturelle Projekte ich in die Hand bekommen habe, oder um mich herum stattfinden und ich wahrnehmen darf. Was für liebe Menschen ich kennengelernt habe und kennenlerne, was für eine exotische Kultur ich nicht als Tourist, sondern als Expat erleben werde.

hmmm...

Anna (l.) with some artists

– Dann das Essen, der Sommer, die zahlreich bevorstehenden Trips und Reisen, die Projekte und Aufgaben, die Künstler, die kommenden Highlights, alleine oder in Gesellschaft.

Fern ab von jeglichen Verpflichtungen, Unikram, Sorgen, Termine und Aufgaben. Und dann stehe ich da, grinsend, an meinem großen Lieblingsee, genieße die warme Nacht, höre das entfernte Hupen der Sechs-Millionen Stadt hinter mir, schlecke an meinem Eis und frage mich ernsthaft, ob es mir jemals wieder so gut gehen wird, wie jetzt im Moment?

Artist von Cracking Bamboo

Diese beiden extrem unterschiedlichen Empfindungen, die ich grade beschrieben habe, besuchen mich täglich mehrmals, immer unangekündigt und abwechselnd geistern sie in meinem Kopf herum. Zum Glück bestimmen sie nicht meine Laune oder Emotionen. Ich bin dabei mehr der stille Beobachter, der sich dieses Wechselspiel anguckt, wie vorbeiziehende Wolken, – ohne irgendeine Wertung, ohne irgendeine Beeinflussung bade ich im täglichen Wechselbad der Gefühle. Ich nehme das in Kauf. So ist das nun mal, wenn man hinausläuft in die weite Welt.

Ruhe vor den Ansturm: Innenhof umfunktioniert als Welcome-Location für die 60 Mann Musikergruppe "Cracking Bamboo"

Letztes Wochenende war ich auf meiner ersten WG-Party in Hanoi: Reisende aus aller Welt, versammelt auf einer rooftop terrace. Alkohol,  Musik internationale Lebensgier und ein lauwarmer Sommerwind über den Dächern Hanois. Es war so schön mit all diesen Menschen ins Gespräch zu kommen, am Liebsten hätte ich sie alle mit mir oben auf der Terrasse eingesperrt, weil ich nicht genug kriegen konnte von ihnen und ihren Erzählungen. Menschen, die alle aus anderen Gründen hier sind, alle was anderes erleben, sich alle fremd sind und doch teilen wir dieselbe Leidenschaft: Das Reisen. Ich habe wieder viel gelernt in dieser Nacht. Ich habe auch gelernt, dass meine emotionale Achterbahnfahrt ganz normal ist und jedem hier so ergeht:

An einem Tag liebst du Hanoi und fühlst dich wie im Rausch, am anderen Tag ist jede Kleinigkeit zu viel für dich und du fühlst dich erdrückt“,

hat mir ein Freiwilliger erzählt, der schon länger hier ist. Und  ich setzte dem hinzu:

„Wichtig ist nur, sich nicht in der Ferne zu verlieren. Wir müssen lernen den Augenblick zu ergreifen. Denn der gehört uns, egal wo wir sind.“


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Eine Antwort

28 03 2010
Michael

Hey Pippi,

alles Gute zum Geburtstag wünsche ich Dir. Ich freue mich auf jeden neuen Eintrag von Dir. Ich wünsche Dir auf jeden Fall tausend weitere Eindrücke und finde es schön, wenn Du soviele wie möglich mit mir/uns teilen könntest.

LG aus Münster,

Micha




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