Ich habe mir beim Erstellen dieses Blogs öfters mal vorgestellt, wie das sein wird, wenn ich den ersten Eintrag aus Vietnam schreiben werde. Und nun sitz ich tatsächlich hier, in meiner Wohnung und schreibe in meinen Blog von Vietnam aus Vietnam. Ist das komisch…Mein Flug war der Horror. 3 schreiende Babys, ca. 11 Stunden am Stück und die letzte Köln-Nacht davor quasi durschgemacht. Da hatte es auch keinen persönlichen Nutzen für mich, die ganze Sitzreihe für mich zu haben. Ich habe mir kurz vor der Landung um 7:30, 3 Asperin geschmissen und schreckliche Angst gehabt, wie ich diesen Tag überstehen soll, ohne umzukippen. Zum Glück verschont mich Vietnam noch mit den super heißen Temperaturen. Es sind so 15-20 Grad. Die Woche mit 34 Grad ist grade vorbei, die nächste Hitzewelle aber wieder im Anflug. Als Kind aus dem 100 Tage Schnee-Winter- Deutschlands kann ich in diesem Fall nur sagen: Heiß? Sonne? – Immer nur her damit.
Gelandet und tatsächlich abgeholt worden von einem netten vietnamesischen Fahrer der mit „Pia feyh – Goethe Institut Hanoi“ auf mich wartete. Wie im Film. Auf der Fahrt nach Hanoi rein (ca. 30 Minuten) haben wir kaum geredet. Ich musste erstmal mein Asperin im Körper verstreuen und der Fahrer war wahrscheinlich überfordert. Ich habs dann irgendwann auf Englisch versucht, Wetter, Landschaft und Small Talk. Aber er hat nur doof geguckt und mit den Schulter gezuckt. Irgendwann hab ichs erneut probiert mit einem 08/15 englsichen Satz und er hat wieder nur ratlos den Kopf geschüttelt und am ende war es mir als hätte er „was?“ gefragt. Ich sah mich um. Mhm..wir saßen in einem Sprinter vom Goethe Institut. Nagelneu mit Logo und Vollausstattung. Hmm…vielleicht kann der ja…?Als wir ausgestiegen sind kame eine aus dem Institut rausgerannt um mir zu helfen. Sie unterschrieb ein Blatt für den Fahrer, guckte ihn an und sagte: „Und gut durchgekommen?“ und der vietnamesische Fahrer sagte auf gutem Deutsch: „Alles bestens geklappt“. Später habe ich erfahren, dass alle in diesem Institut, auch die Techniker und Wächter oder Autoparker mindestens ein bisschen Deutsch sprechen!!!
Oh mann. Ich hätte mir gern meinen Koffer geschnappt und wäre losgerannt. War das peinlich. Egal. Ich habe mich amüsiert.
Im Goethe Institut wurde ich mit einem süßen Kaffee (so stark, so lecker, so ein Kaffeegeschmack!) begrüßt und frischen Früchten (ich höre lieber auf das im Detail zu beschreiben) und war danach eigentlich wieder ganz „fit“.
Mein Chef und Person in charge Roland Stumpf ist genauso nett, cool und sympathisch, wie er bei den E-mails und Skype Telefonaten rüberkam. Er hat mir GI (Goethe Institut) Leute organisiert, die mich zu dem Viertel bringen würden, wo ich mir eine Wohnung ausgesucht hatte. Überhaupt reißen die sich hier für mich und meinen Start in Hanoi alle 10 Finger raus, dabei wird von „kulturweit“ nicht verlangt, dass die Organisation dem Frewilligen bei der Wohnungssuche hilft. Minh Trang Vu stand mir eigentlich den ganzen Tag zur Seite. Sie unterrichtet als Vietnamesen deutsch an den PASCH-Schulen und ich werde ihr viel helfen in nächster Zeit. Sie ist jung und total aufmerksam und cool. Als klar war, dass mein deutschsprechender GI Fahrer nicht mehr da war, wurde uns auch klar, dass wir kein Auto mehr hatten. Wie also den 32kg Koffer auf ein Moped kriegen?
Der Fahrer mit dem Koffer und ich mit Mingh Trang sind dann zu der Wohnung gefahren. Die beide haben sich zum Glück verfahren und so saß ich hinten drauf, für ca. 1 Stunde und habe eine komplette Hanoi Tour erleben dürfen. Vorbei an Garküchen, toten Tieren, hinein in Gassen mit Menschen auf den Straßen, hockend, barfuß, die leckere Sachen verkaufen, und die Kunden quasi alle auf ihren Mofas anhalten und verhandeln, während sich hinten alles staut. 4 Hühner in einem kleinen runden Käfig, schwimmende Fische in kleinen Tonnen, drehende Schweine, Reis, Reis, Reis, Gemüse, Obst, und der Geruch von Essen und Abgasen. In diesen Gassen geht es nur ums Geschäft. Für mich als Laien sieht es aber so aus, als ginge es nur ums Essen. Und das fand ich toll. Diese Eindrücke 100000 alle auf einem Motorrad. Quasi als Zeitraffer. Das war so schön, so aufregend. So unwirklich. Aber auch viel zu viel für mich. Ich kann immer noch nicht verarbeiten, was ich da alles gesehen habe. Auch viel Armut, viel Elend. Wenn man raus aus diesen Gassen in die Altstadt fährt, sieht man KFC Fastfood und Vodaphone „Shops“ (Bretterbuden) und man sieht auch einige Weiße.
Diese Vermieterin hat viele Häuser. Alle hochgebaut (typisch in Hanoi) und meist teilen sich zwei Menschen eine komplette Etage. Da hat dann jeder seinen Raum und ein man teilt sich ein Bad. Unten gibt es für alle Küche und Wohnzimmer. So ist das bei mir auch. Wichtig ist mir mein Zimmer gewesen. Hatte dunkle Kämmerchen gesehen oder zu klein oder kein Schreibtisch. Jetzt voll möbiliert, Schreibtisch, Kühlschrank, großes Bett, zwei Fenster mit Blick auf die Dächer der Stadt, riesiger Kleiderschrank und Nachttisch. Die Gegend ist super ruhig und in meiner Gasse wohnen auch eher gutbetuchte oder Ausländer, aber das Viertel an sich ist Ghetto. Nichts mit Tourismus oder so. Wirklich, man zeigt mit dem Finger auf mich, wenn ich aus dem Haus raus auf die Straßen gehe, wo sich mir wieder das voll vietnamesische Leben offenbart…
Nach dieser super langen Aktion war ich dann mit der Vermieterin alleine. Sie nennt sich Nancy und spricht ganz gut Englisch. Sie ist bestimt schon ende 30 oder 40, aber ich konnte ihren Erzählungen raushören, dass sie mit ihren Mietern ne Nummer schiebt. Zur zeit wohnen jedenfalls 2 amerikanische und 2 französische Jungs bei ihr zu hause, In meinem Alter und ich solle doch auch mal abends vorbeikommen….und halli galli machen…Auf dem Markt hat sie mir Obst geschenkt und irgendwas anderes mit Reis. Keine Ahnung, selbst ich hab davon noch nie gehört oder sowas gesehen. Ich kann es auch nicht beschreiben. Und empfehlen kann ich es auch nicht, aber ich hab es ihr zu liebe gegessen…*würg* Danach hat sie mir alles aufgeschrieben und erklärt. Wo ich hier bin, wieviel ich bezahlen muss usw. Für Putzfrau, Wasch- und Bügelservice, (2 mal die Woche) 25 qm Zimmer und Küche, Bad, Wohnzimmer, Kühlschrank, Wasser, Klimaanlage, Internet muss ich jetzt ca. 275 oder 290 Dollar im Monat zahlen. (Kommt auf Strom an)
Eigentlich wollte ich danach schlafen. Ich fühlte mich immer noch wie im Film. Und ich war auch nur so halb da. Es war einfach so viel. Wie soll ich euch das erklären? Vielleicht so, als wenn ihr nen neuen Job habt und eingearbeitet werdet. So hochkonzentriert und angestrengt und nichts falsch machen wollen und alles verstehen wollen und noch tausend unbeantwortete Fragen im Kopf. Tja, und genau wie bei nem neuen Job, bei neuen Sachen die der Mensch lernt, ist es bei mir hier nicht anders: Learning by doing.
Ich bin hier zur zeit noch ziemlich aufgeschmissen. Ohne Hilfe kann ich hier NOCH nicht weit kommen. Noch nicht. Die GI leute sagen, ich will zu viel, dafür dass ich erst nen halben Tag (bzw. seit heute einen Tag) hier bin. Das entwickelt sich und man bekommt nen feeling für die Leute, für die bekloppte Währung ( 1 Euro sind 25.000 Dong) und für den Alltag. Aber ich jetzt so – kann nicht einfach mal raus auf die Straße und nen Brötchen holen. Oder Kaugummis. Oder Obst. Oder Klopapier. Das geht nicht. Du muss raus und am Besten weißt du dann schon genau, wo du was kaufst. Und weißt im Kopf wieviel das kosten sollte, damit du die „hohen“ ^^ Touristenpreise runterhandeln kannst, wenn die Verkäuferin zu hoch anfängt. Und wenn du einfach nur rausgehst und dich umguckst, wirkst du unsicher und wirst angesprochen. Dabei will ich eigentlich die ganze Zeit so gucken. Unsicher und nach Hilfe suchend. Du musst hier schnell gehen und dein Ding machen. Nicht so viel den anderen ins Gesicht gucken. Das machen und mögen die hier (leider) nicht.
Um 15 Uhr gestern bin ich dann zum GI gefahren und mit einer 11. Klasse zusammen zur Botschaft. Auf Cyclos, der vietnamesischen Variante der Fahrradrischka. Cyclos gibt es in Vietnam schon über 100 Jahre und sind den Franzosen zu verdanken, die sie damals für französische Privatleute aus der Kolonialherrschaft importiert haben. Heute sind Cyclos verboten und nur mit Sondergenehmigung erlaubt.
Roland Stumpf war sehr begeistert, dass ich trotz des Jetlags noch gekommen bin. Und ich habe es nicht bereut. Dieser Horror Straßenverkehr in Hanoi, dieses gehupe, die fehlenden Regeln, dieses Chaos mal aus der Sicht eines ganz ganz langsam fahrendes Mobil zu erfahren, das war cool. Hab auch nen Video gedreht. Der Verkehr ist wirklich schlimm hier. Aber ich habe keine Angst. Ich find es eher witzig. Viele Ausländer die hier leben, kommen nicht darauf klar. Vielen macht der Verkehr hier am meisten zu schaffen. Teil davon zu sein bzw. einfach mal ne Straße zu überqueren oder sich auf Straßen aufhalten, so wie wir das tun. Das gibts ja hier nicht. Hier geht keiner zu Fuß irgendwo hin. Hier sieht man auch keinen am Straßenrand.
Ich habe gestern und heute bereits eine Straße überquert und ich fands ganz toll und glaube das jetzt auch schon einschätzen zu können. Die weichen ja eh immer aus. Wenn man sich das sagt, hat man auch keine Angst. Und Teil davon zu sein, hinten drauf fahren oder im Auto als Beifahrer – das war auch toll. Ich kann es kaum erwarten selber zu fahren. Mofa oder Bike. Ich fange wahrscheinlich mit dem Bike an. Das ist genau die Fahrweise hier, die meinen Vorstellungen entsprechen. So wie früher, beim GTA zocken. In den Sommermonaten wird das wohl nicht gehen. Zu Heiß. Die sprechen von diesem Sommer als würde er nur Unheil mit sich bringen und kaum zu überstehen für Menschen.
In der Botschaft und später, beim nächten Trip zum DAAD, waren dann die ganzen Freiwilligen von „weltwärts“. Viele viele Deutsche arbeiten hier. Alle sehr nett und irgendwie nur Jungs. War ganz hilfreich, sich mal mit denen auszutauschen. Drei von ihnen sind schon 6 Monate hier und bleiben noch 6.
Abends bin ich um halb neun ins Bett gegangen. Ich!!!um halb neun!!! Könnt ihr das glauben? Ich nicht!
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