Ein Tag auf dem Land

Passend zum ersten Frühlingswetter trieb es die Stadtbürger heraus aufs Land, um etwas über die armenische Einöde, ökologische Probleme und einzigartige Gotteshäuser zu lernen.

Nachdem in Yerevan erstmalig die 15 Grad Marke geknackt wurde, ging es auf eine Wandertour in entlegene Regionen Armeniens, die mit einem einzigartigen Charme zu überzeugen wussten. Natürlich ist die touristische Absicht dieser Reise unleugbar, doch auch einige Armenier wagten neben US-Amerikanern, Deutschen und einem Inder die Erkundung ihrer Umgebung im Kleinbus.

Sewansee bei Sonnenschein

Ziel der Tour waren verschiedene armenische Kulturgüter, darunter mehrere Kirchen und die so genannte „Altstadt“ Dilijans. Ein kurzer Stopp am Sewansee und der auf Grund der Straßenverhältnisse gescheiterte Versuch, den Pazsee zu besichtigen, vervollständigten den Tag.

Typisches Gotteshaus

Typisches Gotteshaus

Bemerkenswert war dabei schon der Start der Tour. Kaum war die Vorstellungsrunde „gemäß der hiesigen Traditionen“ beendet, streckten sich schon die ersten Ausläufer des Südkaukasus wie Berge aus Zucker gen Himmel. Das Antlitz Yerevans noch im Rücken, zeugen die Berge in all ihrer Pracht von der natürlichen Schönheit des Landes. Getrübt wird diese Stimmung einzig von der Vielzahl an verlassenen Baugerippen, die wie Skelette die Landschaft durchziehen und damit die Erinnerung an den versiegten Bauboom der letzten Jahre wach halten. Nun verenden sie als Ruinen des vorrangig russischen Investitionskapitals. Doch auch der wunderschöne Sewansee hält versteckte Geheimnisse bereit; wie uns vom Reiseführer offenbart wurde.

Nachdem zu Sojwetzeiten horrende Bewässerungs- und Energiepläne den Pegel des Sees um 22 Meter sinken ließen, drohte er Anfang der Achtziger umzukippen. Um diese ökologische Katastrophe des einzigen Wasserreservoir Armeniens zu verhindern, begann man bereits 1961 den Bau eines ersten künstlichen Zulaufs. Nach 1981 sollte ein Zweiter folgen. Auf Grund politischer Probleme, die hier nicht weiter ausgeführt werden möchten, verzögerte sich die Inbetriebnahme beider. Seit 2004 steigt der Wasserspiegel wieder.

Nachhaltigkeit ist hier sowieso nicht mehr als ein gut gemeintes Fremdwort. Die Sammlung an Plastiktüten wächst täglich, weil eine Ablehnung derer einer Beleidigung der Verkäufer gleich kommt. Recycling und Mülltrennung sind im armenischen Wortschatz vermeintlich nicht zu finden. Die Taxis aus russischer Fertigung leiden ebenso wie die landestypischen Marschrutki unter gravierender Öl-Inkontinenz.

Quelle: http://www.chernobylee.com/blog/2008/12/eu-wants-armenian-metsamor-npp.php

Kühltürme des AKW Metsamor

Gleichzeitig tickt  auch hier eine nukleare Bedrohung. Bei den aktuellen Geschehen in Japan sorgt das nur 30 Kilometer von der 1,2 Millionen-Einwohner-Stadt Yerevan entfernte Kernkraftwerk „Metsamor“ für große Beunruhigung: Die Reaktoren vom Typ „Tschernobyl“ liegen in einem akuten Erdbebengebiet. Nicht umsonst fordert die internationale Gemeinschaft seit langem eine sofortige Stilllegung des AKW. In Europa ist eine Abschaltung der Reaktoren gleicher Bauart eine Bedingung für den EU-Beitritt. Nach der Übernahme durch einen russischen Energiekonzern verlängerte die armenische Regierung die Laufzeit 2006 um weitere 10 Jahre.

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