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Put a Little Love in Your Heart

Hallo Freunde.

ich hoffe, dass ihr alle ein schönes Weihnachten verbracht habt; ob ihr euch jetzt zu Hause im Kreis der Familie befandet, oder aber in Argentinien, Vietnam, Australien oder sonst wo auf der Welt… Ich selbst habe über die letzten Tage realisiert, dass Weihnachten an keinen festen Ort gebunden ist – vielmehr ist es ein Fest, dass von den Menschen um einen herum lebt! Hier also der Bericht von meiner letzten Woche:

Am Donnerstag vor Weihnachten fand die mündliche DSD2-Prüfung bei uns an der Schule statt, welche für die Schüler von einer enormen Bedeutung ist. Dementsprechend bereiteten sie sich die ganzer Woche mit Nachdruck darauf vor, sodass alle meine Stunden bei den 11ern erstmal wegfielen. Das war an sich auch gar nicht so tragisch, nach den stressigen letzten Wochen freute ich mich etwas über die Verschnaufpause und nutzte die freie Zeit, um Karten und EMails mit Weihnachtsgrüßen an die Lieben in Deutschland zu verfassen. Am Donnerstag durfte ich dann als offiziell angemeldeter Beobachter mit in den Prüfungsraum, was mir die Möglichkeit gab, mich an meine eigene  mündliche Abiprüfung zu erinnern.  Diese liegt jetzt schon mehr als 6 Monate zurück – nur saß ich diesmal in der Prüfungskommission und musste zum Glück nicht noch einmal die Achterbahn aus Angst, Nervosität und Anspannung durchfahren – um so mehr Empathie zeigte ich mit den Schülern. Die kamen teilweise mit Tränen in den Augen in den Prüfungsraum, was mir beinahe das Herz brach – nur zu gut konnte ich sie in diesem Moment verstehen! Ich machte es mir also zur Aufgabe, meinen Schützlingen so gut es ging zu helfen (nicht inhaltlich, versteht sich). Ich drückte so fest es ging die Daumen, suchte Augenkontakt und schenkte zahlreiche aufmunternde Lächeln an der vor mir sitzenden strengen Prüfungskommission vorbei. Nach der eigentlichen Prüfungsphase galt es dann, jeweils 10 Minuten im Gang zu fristen, während im Raum das alles entscheidende Urteil gefällt wurde – ich habe umarmt und getröstet, beschwichtigt und beruhigt, was das Zeug hielt. So gelang es mir, alle Prüflinge vor dem nahenden Nervenzusammenbruch erfolgreich zu bewahren…und siehe da – alle bestanden erfolgreich das C1-Niveau! Mein Stolz hatte keine Grenzen! Es ist einfach zu tiefst rührend, einem Schüler bei der Verkündung des Ergebnisses in die Augen zu blicken, seine überschwängliche Freude zu teilen und im Hinterkopf zu wissen, dass man selbst einen kleinen Teil zu dieser Erfolgsleistung beigetragen hat 🙂

Glücklicherweise waren nach Abschluss der Prüfung auch die einsamen Tage fürs erste vorbei – am Abend ging es mit einem Kumpel endlich in den langerwarteten StarWars-Film (ich habe mir im Voraus extra die Vorgänger auf russisch angesehen, um mich schon mal an die andere Aussprache der Namen zu gewöhnen :)).

Am Freitag kamen in der großen Pause ein paar meiner 7.-Klässler zu mir in den Raum, um mir für meine Hilfe zu danken und frohe Weihnachten zu wünschen; dazu überreichten sie ein Büchlein über Pinsk sowie Schokolade als Geschenk. Ich war so gerührt, dass ich sie nicht eher gehen ließ, bevor wir nicht ein gemeinsames Foto gemacht hatten:

Abends schmiss ich eine Party für meine Freunde aus der 11., um gemeinsam die bestandene Prüfung zu feiern. Bei deutschen Partyspielen wurde viel gelacht, geweint, getanzt und sich umarmt. Der Abend war einfach wunderschön; schade, dass es oft so schwer ist, all diese tollen Menschen hier auf einmal zusammenzubekommen!

Am Samstag fand in der Schule am frühen Abend eine Weihnachtsfeier für die oberen Klassen statt. Erst etwas unentschlossen, ging ich auf vermehrtes Drängen einiger Schüler dennoch hin, um mir die Sache einmal anzusehen. Der Veranstaltungssaal der Schule war Weihnachtlich geschmückt, in der Mitte des Raumes stand ein wunderschöner großer Weihnachtsbaum, drumherum war viel freier Platz. Um 5 Uhr Begann das Fest mit einem kleinen Theaterstück, in welchem Sherlock Holmes und Doktor Watson das Väterchen Frost („дед мороз“, der russische Weihnachtsmann) auf Bitten seiner wunderschönen Enkelin Snegurotschka („снегурочка“, Schneeflöckchen) finden müssen. Das Stück hatten die Schüler selbst adaptiert, es war musikalisch untermalt und insgesamt einfach sehr niedlich. Als Väterchen Frost zum Schluss dann endlich auftauchte, rief man nach Tradition im Chor „Раз, два, три – ёлочка гори!“ (Eins, zwei drei – Tannenbaum leuchte!), und beim dritten Mal ging wie von Zauberhand die Weihnachtsbeleuchtung an und der Tannenbaum erstrahlte in all seiner Pracht. Hiermit war das Stück zu Ende, alle fassten sich an den Händen und tanzten im großen Kreis um den Baum – dabei schien es absolut niemand zu stören, dass dieser Brauch eigentlich kleineren Kindern vorbehalten ist, stattdessen wurde einfach die festliche Atmosphäre eingesogen und in allen Zügen genossen! Dann übernahmen die Schüler das Mischpult , die Musik wurde aufgedreht und die Weihnachtsdisko begann. Ich fühlte mich anfangs etwas unwohl und fehl am Platz, immerhin war das die Party der älteren Jahrgänge und alle kannten sich untereinander, während ich nur ein paar bekannte Gesichter sah. Dies änderte sich jedoch schnell, ich wurde förmlich hineingezogen in die ausgelassen tanzende Menge, wobei jegliches Gefühl der Fremde und Schüchternheit verloren ging – hier tanzen alle als Einheit, und niemand wird ausgeschlossen. Da liegt meiner Meinung nach ein riesiger Unterschied zu dem, was ich aus Parties bei uns zu Hause gewohnt bin – es zählt nicht wie du tanzt, was du tanzt oder mit wem du tanzt – Hauptsache du tanzt, und stehst nicht am Rand. Dabei werden viel weniger Gedanken an Coolness, Aussehen und an Das was andere denken, verschwendet – allein der Spaß an der Musik und gemeinsamen Bewegung steht im Vordergrund! Klar handelte es sich bei dieser Feier um eine strikte Schulveranstaltung weshalb die Party einen anderen Maßstab innehatte als bei uns: Es gab keinen Alkohol, an den Seiten standen aufpassende Lehrer mit strengem Blick, vor der Tür patroullierte der Direktor und pünktlich gegen 8 Uhr abends wurde die Musik ausgemacht und alle nach Hause geschickt. Und dennoch möchte ich hier sagen, dass ich eine solche Party einer bei uns gängigen Abiparty jederzeit vorziehen würde, da eine Party in erster Linie von den Menschen und ihrer Atmosphäre lebt; und die hiesigen Zusammenhalt und Herzlichkeit suchen ihresgleichen!                                  Anschließend wurde natürlich noch nicht nach Hause gegangen, stattdessen liefen wir  durch die Stadt und ließen uns schließlich in großer Runde wetterbedingt im Treppenhaus eines Plattenbaus nieder – thats Belarus, baby 😉 Ich lernte viele neue Leute kennen, hatte mächtig viel Fun und bereute mit keiner Sekunde, heute das Haus verlassen zu haben!

Dann war es soweit – Heilig Abend stand an. Das wurde mir bewusst, als ich das letze Türchen meines importierten Tee-Adventskalenders öffnete, und dennoch fühlte es sich so unwirklich an… Wo war es, dieses Weihnachten? Zum ersten Mal saß ich am 24 allein in einer Wohnung, niemand weckte mich und rief mich zum Frühstück, in der Ecke des Wohnzimmers funkelte kein Weihnachtsbaum… An die, die es noch nicht wussten – im russischsprachigem Raum gehört die überwiegende Mehrheit der Menschen der orthodoxen Religionsgemeinschaft an. Hier findet das eigentliche Weihnachtsfest erst am 07. Januar statt, da die russisch-orthodoxe Kirche die Feiertage nach dem alten julianischen Kalender festlegt. Weihnachtsmann und Bescherung gibt es dagegen an Silvester.                              Doch ich hatte nicht vor, UNSER Weihnachten alleine in der Wohnung zu fristen. Stattdessen kam Tabea aus Molodechno zu mir nach Pinsk gefahren, die als Einzige von allen Belarusfreiwilligen auch den Mut hatte, sich über die Feiertage nicht ins heimelige Deutschland abzusetzen 🙂 Gegen 16 Uhr holte ich sie also von der Haltestelle ab, zusammen ging es einkaufen und dann zu mir nach Hause. Um am Heilig Abend nicht kochen zu müssen, hatte ich uns für den Abend einen Tisch im Stammlokal unseres DSD-Lehrers reserviert, dem seinen Worten nach „Europäischsten Ort in ganz Pinsk“. Bei schmuckvollem Glanz, englischem Christmas-Radio und super Essen ließ die weihnachtliche Stimmung auch nicht lange auf sich warten!

Anschließend ging es zurück zu mir, der lange aufgehobene Original-Dresdner Christstollen wurde angeschnitten, Tabea steuerte Plätzchen bei, und so ließen wir nach einer kleinen Bescherung Heilig Abend mit Filmen wie dem kleinen Lord und Eine schöne Bescherung  schön kitschig und gemütlich ausklingen.

 

Den 1. Weihnachtsfeiertag verbrachten wir unaufgeregt und entspannt – Pfannkuchen zum Frühstück (Danke Tabea!), ein langer Spaziergang durch das leider nicht mehr weiße Pinsk, gemeinsames Kochen, selbstgemachter Glühwein sowie erneut viele Weihnachtsfilme – da hatte das aufkeimende Heimweh so gut wie keine Chance. Trotzdem war es auch schön, die Flut an herzlichen Weihnachtsgrüßen aus der ganzen Welt zu beantworten sowie mit Gedanken für kurze Zeit hinüber in das heimatliche Wohnzimmer zu schwelgen und so vielleicht wie in StarWars Episode VI als blasser Geist auf den Kreis der Familie zu blicken… Ich habe euch alle furchtbar lieb; danke an die, die an Weihnachten mit den Gedanken kurz bei mir waren und mir ein Stückchen von ihren Herzen da gelassen haben!

Am 27. brachte ich dann Tabea zurück zu ihrer Marschrutka nach Minsk, schlenderte selbst noch etwas durch die Stadt und rief nachmittags mittels Skype bei meinen Liebsten durch, sonst ist eigentlich nicht viel passiert… Die restlichen drei Wochentage gehe ich wieder zur Schule, um mit den 11ern in verschiedenen Konstellationen für die nahende Olympiade zu üben, eventuell bekomme ich an den Nachmittagen auch wieder Besuch 😉 Am Samstag geht es dann nach Minsk, um dort mit den frisch aus Deutschland kommenden Mitfreiwilligen gemeinsam ausgelassen ins Neue Jahr zu starten, doch das wird eine andere Geschichte…

Ich wünsche euch allen einen guten Rutsch ins Jahr 2018, das Jahr, in dem ich die Meisten von euch endlich wiedersehen werde!

Machts gut und habt euch lieb,

Euer Mister Romantic

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