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Meine Liebsten in den Armen

Hallo Freunde,

auch wenn Pinsk bisher vom Schnee verschont geblieben ist, fällt die Temperatur dennoch stetig, nachts zeigt das Thermometer 0 Grad Celsius an. Deshalb bin ich jetzt auch stolzer Besitzer einer Armani-Jacke vom Markt, die bei dem Preis zwar nie im Leben von Armani ist, aber trotzdem ziemlich chick aussieht und vor allem warm hält!

Vor zwei Wochen ging es für mich wieder einmal nach Baranowitschi – das Goetheinstitut hatte zur Siegerehrung des Fotomarathons geladen. Das Wetter war einfach furchtbar – vom nasskalten Regen gepeitscht, machte ich mich nach dem Einchecken im Hotel so schnell es ging auf zu einem Fastfoodladen, wo ich kurze Zeit später bei einem Burger und Pommes auf Chiara traf und mit ihr die verbliebene Zeit bis zum Beginn der Veranstaltung fristete. Im Restaurant wurde übrigens grade Halloween zelebriert – alles war voller Spinnweben und Totenschädel, die Bedienung an der Theke sah aus wie frisch verstorben und durch das angrenzende Einkaufszentrum geisterten Vampire. Da in Belarus Halloween im Gegensatz zu uns so gut wie nicht existent ist, freuten wir uns sehr über den winzigen Hauch dieses gruseligen Festes – da sei es den Managern auch verziehen, dass Halloween erst am 31.Oktober und nicht schon am 28. gefeiert wird:)

Zurück in der Zentralbibliothek hingen an einer Wäscheleine die besten Fotos aller Kategorien, digital aufgehübscht und auf Hochglanzpapier ausgedruckt. Zu unserer großen Freude zählten auch vier unserer Werke zu den Spitzenkandidaten. Zu Beginn der Veranstaltungen wurde Frau Luther, die stellvertretende Botschafterin, willkommengeheißen – war sie doch extra aus Minsk angereist, um die, nun schon einen Monat dauernden, deutschen Wochen feierlich zu beenden. Zuerst gab es eine nette Skypekonferenz mit den Wettbewerbskollegen aus den Städten Brest und Molodechno, bei der sich alle Teilnehmer über den Verlauf des Marathons austauschen und gegenseitig beglückwünschen konnten. Anschließend wurden die Sieger gekürt – Chiara, Alexandra und ich freuten uns sehr über den 2. Platz, der mit Pralinen und einem I Love Belarus – Schaal prämiert wurde 🙂 Danach gab es noch die Möglichkeit, sich alle anderen Bilder anzusehen, für den Publikumspreis abzustimmen sowie sich an einem reichhaltigen und liebevoll angerichteten Buffet zu bedienen. Einen weiteren Höhepunkt stellte eine aufgeführte Szene aus dem Bühnenstück einer einheimischen Kömödiententruppe dar, in der auf herrlich-amüsante Weise die Geschichte der Arche Noah am Beispiel von drei befreundeten Pinguinen nacherzählt wurde.                                                 

Unser Bestes Foto: Stichwort „Kompromiss“                              

Glücklich und zufrieden statteten Chiara und ich im Anschluss daran unserem Lieblingsstammlokal einen Besuch ab; zurück im Hostel gab es dann noch einen unterhaltsamen Filmeabend, bei dem ich versuchte, Chiara den sowjetischen Klassiker Nu Pogodi! (bedeutet soviel wie „Na warte!“) schmackhaft zu machen – sie fragte mich mehrmals, ob der Regisseur high gewesen sei 🙂 Für mich dagegen bedeutet jede einzelne Episode pure Nostalgie- wo andere in ihrer Kindheit Tom und Jerry gesehen haben, lief bei mir dieses antike Meisterwerk in Dauerschleife. Was meint ihr?

Die nächste Woche waren in Belarus Ferien. Trotzdem ging es für mich weiterhin zur Schule – Ferien bedeutet hier nur, dass der reguläre Unterricht pausiert; trotzdem finden in der Schule regelmäßige Zusatzkurse und Nachhilfestunden statt. Montag abends kam außerdem noch Polina zu mir und wir sahen uns „Türkisch für Anfänger“ an – sie fand es zum Totlachen und ließ sich von mir gleich noch „Fack ju Goethe“ empfehlen, den sie noch in der selben Woche schon als „beste Komödie überhaupt“ bezeichnete. Also Kopf hoch, das Deutsche Kino zieht durchaus auch im Ausland!

Am Mittwoch bekam ich endlich langerwarteten Besuch – um 14 Uhr holte ich meine Oma auf dem Nachhauseweg von der Bushaltestelle ab, nachdem sie früh morgens mit dem Zug aus Moskau in Minsk eintraf und ich verzweifelt versucht hatte, sie per Telefon zum richtigen Bus zu geleiten. Als die erste emotionale Wiedersehensfreude langsam abgeklungen war, nutzte ich die Gelegenheit und ging mit Oma einkaufen, wobei ich endlich die Gelegenheit hatte, Regal für Regal durchzugehen und alle Fragen zu äußern, die mir zum postsowjetischen Warensortiment auf der Zunge lagen. Außerdem wurde mein spärliches Kochrepertoire um ein paar nützliche Rezepte erweitert, sodass mir jetzt noch weitere Optionen außer Nudeln, Bratkartoffeln, Pelmeni und Sauerkraut zur Verfügung stehen 😀 Abends ging es dann nochmal zur Haltestelle, um auch noch meine Mutter in die Arme schließen zu können. Somit transformierte sich meine kleine Wohnung im Provinzstädtchen Pinsk endgültig zum Generationen- und Nationentreffpunkt.

Apropos Provinzstädtchen – folgendes Bild schossen meine Oma und ich auf dem Nachhauseweg, es bezeichnet sehr schön den Alltag in einer belarussischen Stadt mit immerhin 100000 Einwohnern:

Am Donnerstag galt es, Mutter und Oma ein möglichst gutes Bild von dem Ort, an dem ich für 6 Monate alleine lebe, zu verschaffen. Deshalb ging es morgens nach dem Aufstehen erstmal zu meinem Arbeitsplatz, dem Gymnasium Nr. 2. Von mir im vornerein informiert, wartete dort schon Galina, die Deutschlehrerin, mit der ich am meisten zu tuen habe, in der Eingangshalle auf uns. Zunächst etwas misstrauisch, freute ich mich schon bald über ihre überschwängliche Hilfsbereitschaft: Meine Gäste bekamen eine erstklassige Führung mit allen Extras; nahezu jeder Raum wurde besichtigt und mit ausführlichen Hintergrundinfos ausgeschmückt. Da meine Mutter und Oma selbst in ihrer Kindheit auf eine (post)sowjetische Schule gegangen sind, traf die Exkursion auf riesiges Interesse und Verständnis; mir blieb nichts anderes übrig, als der Gruppe hinterherzulaufen und ab und zu mal zu nicken 🙂 Besonderes Highlight war dann auch die Besichtigung des schuleigenen Museums für belarussische Kultur, welches ich mir im laufe des vorigen Monats schon drei mal angucken durfte… Aber für die Family war es natürlich einsame spitze. Zum Schluss schnell noch dem Direktor die Hand geschüttelt, dann führte ich sie ins beste Cafe der Stadt aus, um vor dem nächsten Programmpunkt Kräfte zu tanken. Und das war auch bitter nötig, ich hatte nämlich meinen neuen, geschichtsaffinen Bekannten Vadim als professionellen Tourguide angeheuert. Die nächsten 3 Stunden ging es von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten, 1/3 der Zeit war außerdem dem Pinsker Stadtmuseum samt zugehöriger Kunstgalerie gewidmet. Vadim fand schnell einen Draht zu meinen Angehörigen, und so verging die Tour mit ihm wie im Flug. Als wir abends erschöpft in meine Wohnung fielen, hatte ich das Gefühl, mein kleines Gaststädtchen bis auf den kleinsten Point of Interest ausgepresst zu haben, mehr hätte sich wirklich nicht rausholen lassen! Nach ein paar ruhigen Stunden kam dann Mutter Nr. 2 Marina von nebenan vorbei, um beim gemeinsamen Teetrinken meine „Mutter Nr. 1“ kennenzulernen. Gastgeschenke wurden überreicht, Anekdoten und Geschichten erzählt, gemeinsam gefreut und gelacht – es wurde ein sehr schöner Abend!

 

Was lässt man sich als allein lebender deutscher Jugendlicher aus der Heimat mitbringen? Haribo, Haribo und nochmal Haribo! Daneben noch Christstollen, Spekulatius, Adventskalender, einen Waschlappen (ernsthaft, hier weiß niemand, was das ist), einen funktionierenden Föhn und einen Regenschirm 🙂 Außerdem noch deutsche Filme und Spiele, um sie mit meinen neuen einheimischen Freunden zu teilen. Und Fertiggewürzmischungen von Knorr oder Maggi. Jaa, seht mich nicht so vorwurfsvoll an! Ich kann halt nicht anders… Springen wir lieber gleich zum nächsten Punkt 😀

Eine kleine Kollektion der 15 kg schweren Mitbringsel aus der Heimat

Das Wochenende verbrachten wir zu dritt in Minsk. Ich hatte uns in das gewohnte Hostel im Zentrum der Stadt einquartiert, da dies jedoch recht spät erfolgt war, mussten wir mit den verbliebenen drei Plätzen in einem vollen 8er Zimmer vorlieb nehmen – das klappte aber im Endeffekt auch ganz gut. Im Verlauf der kommenden Tage lernten wir die Stadt so gut es ging kennen; hatten eine sehr informative, dreistündige Stadtführung, waren 2 Mal im Kino (beide Filme waren Volltreffer, die ihr in Deutschland leider nicht zu sehen bekommt; Jungle mit Daniel Redcliffe sowie den russischen Weltraumthriller Salut 7) und ließen es uns den Rest der Zeit kulinarisch gutgehen. Zu meiner riesigen Freude entdeckte ich in Minsk ein TGI Fridays, sodass ich endlich einen Burger im Restaurant meiner Träume mampfen konnte 😀  Am Sonntag brachten wir dann morgens erst meine Mutter zu ihrem Airportshuttle, nach einem langen letzten gemeinsamen Spaziergang durchs Zentrum verabschiedete ich mich von meiner Oma und stieg schweren Herzens in die Marschrutka nach Pinsk. Während der vierstündigen Fahrt halfen mir Indiana Jones sowie James Blunt so gutes ging über den Abschiedsschmerz hinweg…

 

Am gestrigen Montag trommelte ich nach einem ereignislosen Tag meine befreundeten Elftklässler Nastja, Nastja, Vitali, Jaroslav und natürlich Polina zusammen und lud sie zu mir ein. Wir unterhielten uns, spielten eine packende Partie Bohnanza sowie eine Teufelsrunde SOLO und verbrachten den Abend in ausgelassener Stimmung. Als sie gegen Mitternacht wieder nach Hause mussten und ich sie zur Tür begleitet hatte, fühlte ich mich wieder glücklich, denn mir wurde auf ein Neues bewusst, dass ich hier nie alleine sein werde…

Die restliche Woche verläuft leider ziemlich ereignislos, die Jugendlichen sind selbst am heutigen Feiertag vollgeladen mit privater Nachhilfe, sodass ich den freien Tag leider alleine in der Wohnung fristen musste. Doch es gibt Licht am Horizont: Am Freitag geht es los zum Zwischenseminar von Kulturweit, welches im fernen Odessa am schwarzen Meer stattfindet – ich bin schon voll und ganz erfüllt mit freudiger Erwartung und werde mich anschließend wieder bei euch melden!

Ich wünsche mir, dass jeder von euch auch wenigstens eine gute Seele um sich hat, die ihn oder sie vor dem Alleinsein bewahrt!

Habt euch lieb!

Euer MisterRomantic

 

 

 

 

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