Eigentlich ist hier Alles gleich.
Bei Auslandsaufenthalten ist man stehts bemüht Unterschiede aufzuzeigen, um zu beweisen wie anders, toll und spektakulär denn Alles sei, hier in der Fremde. Aber de facto fällt auf jede Besonderheit eine Unzahl von Gemeinsamkeiten, die zeigen wie nah sich fremde Kulturen eigentlich sind.
Die Menschen denken das Selbe, wollen das Selbe, fühlen das Selbe und wenn man durch die Stadt läuft sieht man nichts was es in Berlin nicht auch gäbe: blutige Bänke (vgl. Svenjas Blog: No Ketchup), Schnapsleichen, Schmutzige Treppenhäuser, Leuchtreklame, Grafitti, kleine Parks, süße Geschäftchen, ganz viel Mode und vegane Restaurants. Mir als Karlsruher helfen darüber hinaus die zahlreichen Baustellen über mein Heimweh hinweg.
Das Alles heißt keineswegs, dass es hier langweilig und keine Reise wert ist, es ist eben einfach nicht der Kulturschock der erwartet wird. Diese Fehleinschätzung kam jetzt schon häufiger vor und liegt nicht zuletzt daran, dass das Wort Kulturschock sehr unglücklich gewählt ist: Eigentlich bezeichnet es eine Phase in der man die eigene Kultur vermisst und alles negative der fremden – zuordnet. Sie tritt gewöhnlich erst deutlich nach der Ankunft ein und wäre mit Kulturfrustration sicherlich besser umschrieben. Der erwartete Kulturschock existiert somit in den meisten Fällen nicht.
So hat ein anderer Freiwilliger beispielsweise seinen Blog »China: Ein Abenteuer« in »Eine Katze in der Welt. Heute: China.« umbenannt. ( empfehlenswert: wunderschöne Bilder )
Ein Beispiel zur Ähnlichkeit unserer Kulturen: Unterricht, siebte Klasse, Englisch, nachdem wir Happy Family gespielt hatten war noch eine Viertelstunde übrig.
Ein Junge, der mir vorher erzählt hatte er sei Gamer, bat mich die Zeit selbständig überbrücken zu dürfen.
»what do you wanna do?«
fragte ich skeptisch, woraufhin er auf seinen Ruksack schielte.
»play a game.«
Nachdem ich verneinte, flog er auf die Knie und bettelte, was ihm die restlichen Jungen der Klasse gleich taten. Unter ihren Gestammel hörte ich das Wort card game herraus, und wurde stutzig. Als einer der Jungs eine Yu-Gi-Oh! Karte zog, griff ich – in verständlicher Begeisterung – sofort danach. Erst als ich die Karte in der Hand hielt und den Jubel der Klasse hörte, begriff ich, dass ich gerade jegliche Autorität verspielt hatte.
Die Mädchen stöhnten genervt und eines bat mich, wenn die Jungs schon ihre Karten hätten, ihre Bilder auspacken zu dürfen.
»of course you can take out your pictures.«
sagte ich verwundert. Sie, sichtlich erfreut, brachte sofort einen Stapel postkartengroßer Bildchen zu Tage, auf denen ein blondierter Koreaner posierte.
Der Junge heisst Kai und ist aus der Boyband Exo, die aus 12 Mitgliedern besteht ( 6 Exo-K(orean) und 6 Exo-M(andarin)). K-Pop Boybands sind auf jeden Fall einer kurzen musikalischen Abstecher wert; vor meinen Augen entfalltet sich gerade ein völlig neues Feld der Trash Musik.
Zurück zum Thema: Jungs sind hier genauso aufgedreht, spielen die selben Spiele und Mädchen himmeln die gleichen Boybands an, nur eben manchmal mit kleinen Unterschieden. Und gerade diese kleinen Unterschied sind es, die hier alles anders, toll und spektakulär machen und von denen ich berichten werde. Bitte behaltet im Hinterkopf, dass alles was ich hier erzähle nur die herausragenden Dinge sind, die auch mal ein wenig aufgebauscht werden, und dass die Gemeinsamkeiten massiv überwiegen.
So das reicht dann aber auch. Nächstes Mal gibts ein wieder weniger transkulturelle Zeigefinger und mehr Faber, Bis Dann.
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Ja, genaus so erlebe ich es auch. Außer der Holzhäusersiedlung und dem Fakt das ich nichts in der Stadt lesen kann, läuft alles sehr ähnlich ab. Normales Städtisches Leben halt. Besonders meine Familie , mit ihrem Standard, trägt dazu bei, dass ich hier noch nicht so viel riesig anderes erlebt habe. Nur von außen gesehehn. Nähmlich kleine Holzhüttendörfer am Baikal, wo die Leute wirklich noch mit der Hand Wasser holen und jeder sein eingenes Gemüse anbaut. Ich möchte unbedingt mal so ein Dorf von innen erleben. Bei mir machen die Kinder genauso Selfies mit Smartphones, wie die Geschwister meines kleinen Bruders.