Ich warne euch lieber schon mal vorher: der Blogartikel hat eher mit meiner persönlichen Einstellung gegenüber dem Auslandsaufenthalt zu tun. Solltet ihr wirklich was überLettland erfahren wollen, empfehle ich euch den Blog meiner Mitbewohner oder ihr wartet noch ein wenig.
Woran ich merke, dass ich im Ausland bin? Tja das ist eine Frage, die für andere Freiwillige sicherlich offensichtlich ist. Ich glaube, dass die Antwort für viele lang ist. So ist für jemanden, der nach China, nach Südamerika und natürlich nach Samoa geht, alles klar. Die- oder derjenige stellt sich vielleicht die Frage, gibt es hier auch irgendetwas, was ich von zu Hause kenne, das berühmte Glas Nutella oder ein deutsches Bier zum Beispiel.
Aber Freunde ich bin Riga also nach Lettland gegangen und das bei vollem Bewusstsein und mit voller Begeisterung. Ich habe nicht die Klimazone gewechselt, nur die Zeitzone um eine gewaltige Stunde! Ich sehe den meisten Menschen hier schon ähnlich. Natürlich drehen sich alle Frauen nach mir um und fragen sich, wer dieser attraktive Kerl gerade war und alle Männer wünschen sich so zu sein wie ich. Natürlich… Aber dennoch ist mein ‚grober Phänotyp’ den anderen hier schon ähnlich. Mit den oben gemachten Einschränkungen selbstverständlich.
Nehmen wir das Essen. Essen??? Da war doch was, na klar Karums und Dipi. Aber ich möchte das jetzt nicht wieder aufwärmen (DIE SIND DER HAMMER!!!). Aber nein, auch das Essen ist doch relativ ähnlich.
Die Sprache? Ja, die Sprache ist so eine Sache. Lettisch ist halt nicht so einfach und die Motivation leidet etwas aufgrund der vermeintlich geringen Nutzbarkeit nach meinem Aufenthalt (Aber man weiß ja, nie was kommt). Aber gut sind wir ehrlich, wenn man als Norddeutscher in das tiefste Bayern fährt oder nach Sachsen, versteht man auch so gut wie nichts, sicher können die ja dann umschalten auf dialektfreies Deutsch aber trotzdem, wenn sie wollen, versteht man auch nichts. Die Sprache ist es irgendwie auch nicht.
Die Feiertage? Hatten wir ja auch schon aber gut, dass Deutschland keine großen Nationalfeiertage hat, könnte an unsere jüngere Geschichte liegen. Wer nicht weiß, was ich meine, kann ja einfach wikipedia aufmachen und mal nach ‚Geschichte Deutschlands’ schauen, ich empfehle dazu das Kapitel zum 20. Jahrhundert (und so schlecht ist wikipedia nun auch wieder nicht). Aber die sind es auch nicht so richtig.
Meine persönlichen Kontakte? Na ja irgendwie auch nicht, ich wohne mit anderen Deutschen zusammen, arbeite in einer deutschen Organisation und mit internationalen StipendiatInnen (oder Personen, die genau das werden wollen) hatte ich vorher aufgrund meiner ehrenamtlichen Tätigkeit schon zu tun.
Die Preise? Da muss ich – und ich wiederhole – muss ich leider sagen, dass es das auch nicht ist. Es hält sich ja stur das Gerücht, dass in Osteuropa alles so viel billiger ist, als in Deutschland aber das ist schlicht und ergreifend Humbug. Die Preise liegen auf gleichen Niveau für bestimmte Sachen eher einen Tick drüber. Sicher ich habe mir sagen lassen, dass der Preis für ein bestimmtes Getränk, das aus Wasser, Malz und Hopfen gewonnen wird, stabil ist aber was interessiert mich das? Also richtig günstig ist hier so gut wie gar nichts. Schlagt euch das aus dem Kopf. Nach Lettland muss der Großteil der Waren importiert werden, d.h. es muss erst gekauft werden und dann auch erst mal hier her kommen und wenn ihr glaubt, Benzin und Diesel sind hier unglaublich günstig, ist das leider auch falsch, obwohl die Preise noch nicht so hoch sind wie in Good Old Germany.
Ist es die Musik? Nee… Modern Talking läuft auch noch in deutschen Radios…
Also was ist es nun? Für mich persönlich gibt es mehrere Sachen: zuerst natürlich fehlt das gewohnte Umfeld. Seid ihr überrascht, wa?! Aber das ist auch zu offensichtlich, deswegen irgendwie zu einfach nach so einer schönen Einleitung. Es sind auch noch andere Dinge: meine persönliche Einstellung gegenüber social networks. Ihr fragt euch jetzt sicher, was das mit meinem Aufenthalt in Riga zu tun hat aber für jemanden, der dafür bekannt ist, nicht mal sein Handy dabei zu haben, bin ich verdammt oft auf den allseits bekannten Internetseiten. Und warum? Ich hab kein Heimweh, es ist einfach nur der Gedanke, man könnte was verpassen.
Ein weiteres Merkmal, dass ich im Ausland bin, sind die hochkulturellen Events, die ich besuche. Ok, in der Oper war ich auch schon zweimal in Deutschland und ich bin auch ab und zu mal in ein Museum gestolpert. Manchmal auch in mehrere am Tag, dank einer Alles-Inklusive-Karte in Dresden… Aber eine Fotoausstellung von Gebäuden in Berlin? Eine Lesung über Schopenhauer? (höchstens, wenn damit ein Teilnahmeschein an der Uni zu machen war!) Eine Lesung von einem deutschen Krimiautor? Eine Lesung der Nobelpreisträgerin Herta Müller? (Ohne auch nur ein Buch von ihr in der Hand gehalten zu haben?) Eine Vorlesung über das Wissensmanagement in Unternehmen? Irgendwie nicht… Ok, Herta Müller hätte ich mir wahrscheinlich auch in Kiel angeschaut, wenn ich rechtzeitig davon erfahren hätte. Aber der Rest? Nach dem Feierabend? Ohne besonderen offensichtlichen Nutzen? Komisch, oder? Wieso mach ich das alles? Ganz einfach: Weil ich gerade im Ausland bin. Kein Witz! So unglaublich dämlich, wie das klingt aber wenn man hier von so etwas hört, dann ist man dabei. Wo der Kopf in Deutschland sagen würde: „Na was geht mich das an?“ oder „Schlafen kann ich auch zu Hause!“ Sagt er hier: „Oh, das klingt aber interessant!“ Und das Verrückte daran ist, man nimmt immer was mit, selbst beim Wissensmanagement. Ich weiß nicht, was mich dazu bringt. Vielleicht sind es die Karums. Aber nein, die können es nicht sein. Vielleicht sind es die Snacks und die Getränke, die nach solchen Veranstaltungen gereicht werden? Möglich, aber das trifft es nicht ganz. Ich versteh wirklich nicht wieso…
Das letzte, vielleicht offensichtlichste und entscheidende Merkmal: ich schreibe Blog. Ich lasse andere an meinen Gedanken teilhaben. Wenn ich auf meine bisherigen Blogartikel schaue, bin ich mir nicht sicher, ob das so eine gute Idee war. Aber was soll’s?
Vielleicht gibt es das nächste Mal ja was wirklich Interessantes zu lesen von Lettland oder so, Mal sehen. Ich hoffe, liebe Eltern, oder auch ihr (falls das noch jemand liest) hattet ein wenig Spaß beim Lesen. Visu labu!
PS: Für alle, die nicht zwischen den Zeilen lesen könnt, ich warte auf Nachrichten aus Deutschland! Haut in die Tasten!