Noch vor weniger als einer Woche saß ich mit ein paar Mädchen der Folkloregruppe „Talaka“ aus Gomel und sang Frühlingslieder auf belarussisch. Mir wurden die Lieder aus dem Belarussischen ins Russische übersetzt und die Geschichten zu den Liedern erzählt. UND HEUTE war ich beim Herbeisingen des Frühlings dabei 
Iryna
(erinnert ihr euch an das „y“ aus dem ersten Blogeintrag? Es wird etwa wie das „i“ in „mit“ ausgesprochen oder wie das Geräusch, wenn ihr etwas Schweres hochhebt
Ihr werdet sagen, aber den Namen habe ich doch schonmal gehört! Irina, klar! Naja, FAST, das ist die belarussische Aussprache und da ist das „r“ hart, deswegen auch dieser tolle Buchstabe „ы“.)
wollte ich gestern schreiben und schon fragen, ob ich mit zum „Gukanne“ kommen darf, da kam sie mir zuvor und wir verabredeten uns im Bus zu treffen und gemeinsam zum Museum, in dem wir uns alle versammelten und von wo es dann auch losging, zu fahren.

Gemeinsamer Spaziergang durch den Wald und auf dem Weg, wo alles von statten lief.

Dann wurde ein „nackter“ Baum mit Bändern geschmückt, damit die Bäume im Frühling schön blühen.
Zu Besuch kamen nach Gomel eine Gruppe aus dem Dorf „Stolbun“ (belar.: Стаўбун [Staubun]), sie haben Volkslieder gesungen und die Mädchen aus der Gruppe „Talaka“ haben sie dabei unterstützt.

Gukanne (ein Video zum reinhören. Diese hervorstehenden Wörter leiten euch auf youtube und ihr könnt euch das Video dazu ansehen.)
Bei „Gukanne“ singen nur die Frauen, Männer sind anwesend, aber beteiligen sich nicht an dem Gesang. Diese Lieder werden meistens von einer Person angestimmt und der Rest steigt dann ein. Dieses „uuuuUj“ wird ans Ende jedes Verses gehängt und nur bei „Gukanne“ gesungen, um den Frühling herbeizusingen.
Interessant ist noch: Dass Frauen, die ein Tuch tragen, verheiratet sind und unverheiratete Mädchen dürfen die Haare nicht offen tragen, weil das als vulgär gilt. Die Haare wurden immer geflochten und es wurde viel Kopfschmuck getragen.
Karachod (Video vom Fernsehen, entdeckt ihr mich? 
Der Reigen ist ein Spiel. Wir hatten außerdem noch geschlechtergemischte Reigen getanzt. Früher halfen sie den jungen Menschen dabei einander kennen zu lernen. Deswegen auch dieses Spiel:

Hier muss die vornestehende Person, die eine riesige Kette an Menschen an sich hängen hat, versuchen das andere Geschlecht (Mädchen/Junge läuft frei rum) zu fangen, bevor er/sie an das Ende der Kette gelangt und sich der Kette anschließt. Wenn die vornestehende Person die freilaufende fängt, dann darf er/sie sie/ihn küssen!

Dann wurde der Winter und die bösen Geister in der Form einer Vogelscheuche gekleidet.

Hübsch gemacht. Hier holt Peter (belar.: Petro) ein Stück Holzkohle malt dem Winter ein hübsches Gesicht, das die Menschen vielleicht täuschen könnte und sie dazu bewegen könnte die Scheuche nicht zu verbrennen. Die Menschen fragt Petro nocheinmal, ob sie sicher wären, dass man den Winter und die bösen Geister verscheuchen möchte. Die Antwort ist eintönig: hingweg mit ihnen! 

Die Scheuche brennt, der Winter geht. Der Frühling kommt.

Wenn das Feuer einmal brennt, dann sollte man die Gelegenheit nutzen und etwas zu essen zubereiten. Es gab Rührei nach alter Tradition.
Igra (Video: ein Spiel)

Ein Vögelchen. Seeeehr leckeres Gebäck!
Nach dem offiziellen Teil, an dem Besucher teilgenommen hatten und das Fernsehen ihre Aufnahmen gemacht hatte, gingen wir gemeinsam zurück ins Museum und dort gab es einen Tisch voller Leckereien. Jeder hatte etwas mitgebracht (auch ich, dank Iryna, wusste ich davon). Wir aßen gemeinsam, unterhielten uns und die Frauen aus Stolbun sangen noch ein wenig. Dieses Gefühl dazusitzen und den Frauen zuzuhören ist einfach unbeschreiblich. Ich war zu Tränen gerührt und fühlte mich wieder in meine Kindheit zurückversetzt. Als meine Großmutter mütterlicherseits an Festen am Tisch saß und sang. Diese Kindheitserinnerung wurde wieder lebendig und ich merke wie sehr ich mit dieser Kultur doch verbunden bin, obwohl sie mir so fremd erscheint. Mich fasziniert es wie die Frauen mehrstimmig singen und das alles ohne Noten. Woooow!
Toller Gesang von den Frauen aus Stolbun (Video)

Als Erinnerung an die schöne Zeit, die heute war und mir noch bevorsteht, hier in Belarus, bekam ich von Marusja, einem Mädchen aus der Gruppe „Talaka“, dieses schöne Armband mit traditionellen Mustern geschenkt.
Es war ein herrlicher Tag, voller neuer, toller Eindrücke! Außerdem habe ich den Chef der „Talaka“ kennenlernen dürfen und er spricht hervorragend Deutsch, ohne Akzent! Er lebte einst für vier Jahre in Deutschland in Heilbronn und seine Mutter ist Dolmetscherin. Die Welt ist doch klein!
Prrrywet aus Gomel,
eure Maryna
Und denkt dran: immer schön das „r“ rrrrollen! 