So, der tschornej Chai ist eingeschenkt, draußen regnet es … das heißt, perfekte Situation, um euch von meiner 2. Woche in Tomsk zu berichten.
Der letzte Eintrag endete ja mit Freitag und dem Kosakenkonzert. Also schließe ich gleich mit Samstag an 🙂 Am Wochenende musste ich erstmal ziemlich lange ausschlafen, deshalb konnte ich morgens eigentlich nie etwas machen und so fingen meine Tage immer erst Mittags an.
Samstag gab es um 15 Uhr eine Veranstaltung des Theodor-Heuss-Kollegs. Das ist eine Organisation, die von Bosch Lektoren gegründet wurde.
„Das Theodor-Heuss-Kolleg stärkt junge Menschen aus über dreißig Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropas sowie des Kaukasus und Zentralasiens, sich aktiv auf der Grundlage demokratischer Werte in ihre Gesellschaft einzubringen.“ Wer mehr darüber erfahren möchte, kann sich gerne auf der Homepage informieren.
Das Heuss-Kolleg hatte zuvor ein 4-tägiges Seminar organisiert, bei dem sich junge Russen trafen, um Projekte zu entwerfen und Ideen weiter zu spinnen, um gesellschaftliches und bürgerlichen Engagement zu stärken. Dana und ich sahen uns am Samstag die Poster-Ausstellung der Projekte an und informierten uns über die aktuellen Ideen, wie Säuberungsaktionen für Waldstücke, Einbeziehung von Kindern mit Behinderung in den Alltag und Spielenachmittage in einem Jugendclub…
Nach dieser Veranstaltung gingen Dana und ich erstmal im Cmail City einkaufen. Mir wurden die besten Suppenmischungen und Käsesorten vorgestellt und ich stattete mich mit einem „So-überlebe-ich-die erste-Woche“-Paket aus. Danach tranken wir erstmal Tee im Sonnenschein und erfreuten und an Süßspeisen wie Belgischen Waffeln mit Eis und Blaubeeren und Innen-noch-warmer-und-flüssiger-Schokokuchen, der einem zwar den absoluten Zuckerschock zuführt, aber dafür wirklich köstlich ist 😀 Bei diesen Leckereien überlegten wir uns, dass es doch viel zu schönes Wetter ist, um einfach wieder nach Hause zu gehen. So brachten wir unsere Einkäufe nach Hause und Dana schleppte mich anschließend in den Stadtpark, wo sie mich, zu ihrer vollen Freude (ja und ich geb ja zu ich bin da auch irgendwie freiwillig reingegangen), in die Mini-Achterbahn und das Kotz-Schleuder-Muschel-Karussel schleppte. So wie man das, laut Dana, eben zum Anfang des Winter-Semesters traditionell machen muss. Aber nicht ohne mir natürlich noch zu sagen, dass die Geräte bestimmt nicht TÜV-geprüft sind! Genial!
Nachdem wir diese Freuden überstanden hatten, gingen wir mit weichen Knien nach Hause und aßen Suppe und spielten bis nachts um 2 Uhr Karten. Wizard, gutes Spiel, da trainiert man seine hellseherischen Fähigkeiten und muss vorher tippen wie viele Trümpfe man gewinnen wird… ich werde immer besser 😛
Sonntag gingen Dana, Steffi, Chris und ich zum Abschlusskonzerts „Ethno-Mix“ des Ethnoforums, das in Tomsk veranstaltet wurde. Viele Frauen mit Blumenkleidern und Kopftüchern und Männer mit Hosenträger-Hosen und Filzhüten sangen und tanzten. Aber die Veranstaltung fing ein wenig später an, weil noch nicht alle Teilnehmer im Zentrum anwesend waren. Und so wurde ein kleines Alternativprogramm im Vorraum gezeigt… Reihentanz… und 3 mal dürft ihr jetzt raten, wen der junge Mann als erstes an der Hand schnappte und nicht mehr los ließ… warum glauben die Menschen immer das ich hier schreie? Ich konnte mich auf jeden Fall nicht erwehren und wurde gleich mal in die Mitte des großen Raumes gezogen, aber nicht ohne Steffi auch noch schnell zu krallen, die sich an Chris hing und so mussten wir eben alle 3 mittanzen. War eigentlich ne witzige Sache und man musste auch nix verstehen oder sprechen… ich ließ es mir trotzdem nicht nehmen der nächstbesten Person erstmal zu sagen… ne panimaju i ne gavarju nitschewo pa-russki ( Ich versteh nix und sagen kann ich auch nüscht!) was aber nur zu lächeln, beschwichtigen kopfschütteln und weiteren Tanzaktionen führte 🙂 Das Konzert im Anschluss war dennoch interessant und sehr abwechslungsreich, da das „Mix“ sehr wörtlich genommen wurde und bekopftuchte Ethnofrauen zu elektronischen Beats ihre Gesänge präsentierten. Und nicht zu vergessen, der Mann mit einem Holzzupf-Instrument, der gefühlt 55 Strophen eines Kosaken vorsang, der irgendwo auf dem Schwarzen Meer segelte… da schlief Steffi ein und bei jeder weiteren Strophe hörte ich nur Seufzen aus Danas Richtung.
Und schon war es wieder Montag, Dienstag, Mittwoch… die Zeit vergeht im Moment wirklich wie im Flug! Ich habe jeden Tag Russischkurs und fühle mich sehr strebig in der ersten Reihe., aber ich möchte auch wirklich was lernen. Der Rest meines Kurses besteht aus Deutschen, einem amerikanischen Chilenen, einem Tschechen, einer Serbin und einem Pakistani. Aber ich bemerke wirklich stark den Unterschied zwischen Austauschstudenten und mir, die ich zur arbeitenden Bevölkerung hier gehöre. In meinem Studentenwohnheim habe ich keine große Lust auf soziale Kontakte, ich bin mit meinen Arbeitskollegen voll und ganz zufrieden. Parties in Küchen und Alkoholexzesse auf Zimmern meide ich… oh Gott bin ich alt und klinge langweilig??? Na irgendwann muss man ja auch Russisch lernen, mit dem Freund skypen, Filme schauen und vor allem Essen gehen!
Dana kennt sich hier wirklich sehr gut aus und ich habe herausgefunden, dass ich mit der Aussage „Ich esse das was du isst“ eigentlich nie falsch liege 🙂 Einen Moment… ich muss mir einen zweiten Tee machen…
Das beeindruckenste was ich letzte Woche gegessen habe waren tatschikische Manti. Ich habe noch nie Manti gegessen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass das die Besten waren, die es überhaupt gibt. Manti sind Teigtaschen mit Hackfleischfüllung und diese hatten noch Kukuma oder irgendein, für mich indisch schmeckendes Gewürz dran, drin, drum… es war wunderbar. Nachdem wir am Donnerstag die Oberoberchefin Petrovskaya (Institutsleiterin) und die Oberchefin Hmelidze (Regionalzentrumskoordinatorin) kennenlernten, gingen wir im Anschluss in eine Art Konzert, bei der sich die Studentenorganisationen vorstellen, um neue Teilnehmer zu werben. Es wurde also gesungen, getanzt, Theater gespielt, Skatche vorgeführt und Musicals gesungen, und hab ich schon gesagt, dass gesungen wurde? Ja… war aber mal ganz nett die unterschiedlichen Angebote zu sehen und die russischen Funkemariechen find ich echt nicht schlecht! Würden sie nicht 3 mal die Woche trainieren. Naja… Danach gingen wir zu diesem schnuckeligen kleinen Tatschikischen Cafe mit überaus freundlichen Bedienungen und sehr leckerem Essen. Wir saßen so lange, dass wir zum Schluss alleine waren und sogar noch ein frisch gebackenes Brot aufs Haus bekamen und beim 3. mal Teewasser auffüllen, sogar noch neuen Tee umsonst bekamen, weil der Mann meinte, das könne doch garnicht mehr schmecken. Wir wurden für Franzosen gehalten… keine Ahnung warum und ganz stolz stellte man für uns auch noch den Wasserfall an der Deko-Wand an, als wir interessiert schauten was denn der Dschungel da an der Wand so alles könne. 🙂 Wer mich hier besucht, den nehm ich auf jeden Fall mit zu diesem kulinarischen Tempel!
Freitag fand dann die Folgeveranstaltung des Uni-Konzerts statt. Diesmal durften sich die Erstsemester auf der Bühne präsentieren. Es hatte was von „Die TPU sucht den Super-Erstsemester“. Das Standart-outfit der Mädels: Kleider, die viel zu kurz und eng waren und hohe Hacken auf den man jetzt nicht unbedingt so laufen kann… und die Männer hatten gerne glänzende Hemden oder sogar ganze Anzüge an und der Abschuss waren Cremfarbene Lackschuhe… ja, ich rede immer noch von einem Mann 😀 Aber er sang herzallerliebst Frank Senatra, sollte aber noch stark an seiner englischen Aussprache feilen oder eher… hobeln (räusper). Nicht, dass ich mich trauen würde im ersten Semester auf einer Bühne alleine zu singen, oder mich halb auszuziehen und wild wackelnd zu Shakira die Hüften zu schwingen… es war also für Unterhaltung gesorgt. Der letzte Betrag war „Because the night“ von Patti Smith und so gingen Steffi, Dana und ich singend auf die Suche nach einem erneuten Abendessenlieferanten und fanden das Pamidor. Einen Italiener mit überforderter Bedienung, die uns warmen Sekt brachte und dann meinte „die kalten waren schon alle weg…“, woraufhin Dana ihr erklärte, dass man auch neue Flaschen zum kühlen in den Kühlschrank stellen könnte, wenn man eine kalte herausnimmt… immer diese Deutschen mit dem erhobenen Lehrerfinger, aber wo sie recht hat… naja, wir tranken, dann eben 2 Flaschen, aber nicht ohne dem nächsten Kellner „choladna“ (kalt) entgegen zu brüllen, damit dieses Ungeschick nicht noch einmal passierte. Naja, der Sekt führte auf jeden Fall dazu, dass wir singend im Restaurant saßen, oder besser Dana, um uns ungebildeten jungen Menschen, Klassiker aus Ostdeutschland vorzusingen… ich glaube das wird hier noch ne seeeeehr lustige (Weihnachts-)Zeit 😉
Ja und dieses Wochenende? Na, ich sitze viel in meinem Zimmer. Hab schon einen Antrag für unser geplantes Wahl-Event gestellt und war heute schon bei Steffi und Christian Info-Poster weiterbasteln. Wir haben eigentlich versucht ein Boot für ne Flussfahrt zu bekommen, aber das Wetter war zu schlecht. 🙁 Und sonst lerne ich Russisch, koche Suppe, schaue Filme, um sie eventuell bei Kinoabenden vorzuführen und lese…
Nächste Woche muss noch viel für die Wahl-Veranstaltung gemacht werden. Poster gedruckt, Handzettel verteilt, Poster fertig gebastelt und Leute eingewiesen werden. Ich bin gespannt! Und Dana ist nicht da, weil sie auf Dienstreise ist und erst am Samstag wiederkommt :S Wir werden sehen! Ich bin ja schon groß und Veranstaltungen hab ich ja ab und zu mal organisiert 😉
So, mein 2. Tee ist auch schon leer. Ich wünsche euch einen schönen Sonntag und bis Freitag! :*
P.S: Das Hauskleid habe ich von Dana bekommen, weil man in Russland unbedingt eines braucht. Das zieht man an wenn man nach Hause kommt. Und dann fühlt man sich gleich viel wohler… ich hoffe noch, dass die Heizung bald angeschaltet wird! 🙂





Mara, ich bin begeistert! und das Kleid 🙂 ich lach mich tot!
Ich fühle mich geehrt!
Dass meine kulinarischen Fähigkeiten, ach nein, Kenntnisse 🙂 so geschätzt werden!