Ja, da sitz ich nun… in Tomsk! Aber ich muss gleich zu Anfang sagen es ist mal wieder alles wunderbar gelaufen! Aber von Anfang an:
Freitag, den 30. August bin ich mit meinen Eltern von Kemmern nach München zum Flughafen gefahren und wir kamen doch tatsächlich 4 Stunden vor dem Abflug an! Naja, sie meinen es ja nur gut… Nachdem wir uns im möchtegern bayrischen Biergarten im Terminal 1 eingerichtet und entspannt haben, kam meine große Schwester Frauke auch noch mit Sekt bewaffnet und so wurde noch ein kleines sektberauschendes Abschiedsfestchen gefeiert, das ich aber gar nicht so genießen konnte, weil ich mal wieder so angespannt und aufgeregt war. Ist auch keiner meiner 2 Koffer à 23 kg zu schwer? Ist mein Handgepäck zu groß? Naja, so ein 60 Liter Tramperrucksack mit 10 kg kann sehr imposant aussehen. Aber alles hatte gepasst und schwupps musste ich auch schon Tschüss und bis in einem Jahr sagen… Ja, Esther ich weiß, wir werden sehen, ob ich im Dezember nach Deutschland komme 😉 Und schon saß ich im Flieger nach Moskau, na so einfach war es doch nicht, denn wir durften ewig nicht in den Flieger, weil ein russischer Passagier 2 antike Kunstwaffen bei irgendeiner Versteigerung gekauft hatte und die einfach so in seinem Koffer rumlagen. Ja da musste erst die Bundespolizei und dann auch noch die schicke bayrische Landespolizei ihren SenfT dazu geben und dann ging es aber wirklich los. Der Flug war eigentlich amüsant. Neben mir saßen 2 Russinnen im mittleren Alter und hatten mächtig Spaß. Irina becherte einen Weißwein nach dem nächsten und bestellte bei dem armen Stuart dann schon 2 Becher gleichzeitg, damit er nicht die ganze Zeit vorbeikommen musste und Ekaterina hörte sich geduldig alle Geschichten an. Ich verstand nicht viel, bekam aber immer die Zusammenfassungen auf Deutsch… Die Zeit verging wie im Flug – höhö – und schon waren 2,5 Stunden um und ab ging es in den Moskauer Flughafen, nachdem mir noch gute Tipps für den Start in Russland und das Überleben in Sibirien gegeben wurden. Übrigens haben wir 3 uns für den gleichen Flug in 20 Jahren verabredet… München-Moskau, 17.35 Uhr, Plätze 11 A,B,C… na ich bin ja mal gespannt!
Nach einer kleinen verwirrten Etappe in Moskau, da ich nicht wusste wo ich denn nun diese Migrationskarte herbekommen sollte und meinem wehementen Versuch, dem Grenzbeamten zu erklären, dass ich kein Diplomat bin, sondern nur wissen will wo ich dieses Blatt herbekomme, er es aber einfach ignorierte und meinen Pass haben wollte, kam ich in den Transitbereich. Also nochmal ganz kurz, ich wollte den jungen Mann nur fragen wo ich das Ding bekomme, das ich letztes Jahr noch handschriftlich in St. Petersburg ausfüllen musste. Er wollte meinen Pass und ich wedelte nur mit den Händen und sagte beständig „Njet, njet, ja njet diplomat!“, weil ich am Schalter für Diplomaten ja nur nach einer Auskunft fragen wollte, nahm er einfach meinen Pass, legte ihn in irgendeinen Scanner ein und druckte total modern… meine Migrationskarte einfach so aus… woooow, Fortschritt und ich war total baff und dann auch gleich eine Minute später irritiert, weil ich einfach dem Gang folgte und jetzt nicht mehr wusste, ob ich noch im Transitbereich war oder schnurstracks auf den Ausgang zusteuerte… habt ihr schon mal versucht in Russland falschrum durch ne Passkontrolle zu gehen??? Wenn man Aufmerksamkeit möchte und viele Augenpaare auf sich spüren möchte… gerne, guter Weg! Ja es war der Transitbereich…
Also flott, quasi aeroflott zum nächsten Gate und nur 15 Minuten warten bis der nächste Check-in auf mich wartete, eigentlich, hätte Aeroflot nicht den Tag der verspäteten Abflüge ausgerufen, aber hey, 40 Minuten is ja nix, da kann man ja quasi nochmal durchatmen… Da passierte mir aber sozusagen das nächste russische No-go, weil ich mich einfach auf den Boden setzte, da es keinen freien Stuhl mehr gab und ich pragmatisches Kind eben dachte, na gut bevor ich stehen muss… fanden die Russen aber eher nicht so praktisch und starrten mich ungläubig an. Ein Mädchen… auf dem Boden… sitzend… führt das nicht auch zu Unfruchtbarkeit? Ok nach 5 Minuten fühlte auch ich mich unwohl und gab nach. Ich durfte dann auch schon relativ schnell weiter in den nächsten Flieger.
Diesmal hatte ich müde und noch verpeiltere Chinesen um mich sitzen oder besser hängen, weil die armen die ganze Zeit von rechts nach links mit ihren Köpfchen fielen und beinah nix zu essen bekommen hätten, hätte sich Tante Mara nicht liebevoll um sie gekümmert… Superboschi auf Mission! Man kann doch kein Essen ausfallen lassen, vor allem nicht, wenn man dafür ja schon bezahlt hat… Also einmal Rindfleisch mit Bulgur auf dem Flug nach Moskau und dann nochmal Hähnchen mit Reis zum Frühstück… also ich kann nichts gegen Aeroflot sagen. Ich kam gesund und naja mehr order weniger munter an und meine 2 Koffer mit mir. Das ist in Tiflis mit Turkish airlines eher die Ausnahme! Und die Russen klatschen auch wenn das Flugzeug landet! Hab ich noch nie live miterlebt! Aber ja, vielleicht ist es bei Aeroflot auch nicht so gewöhnlich, dass man sicher und lebendig am Ziel ankommt… who knows!
Ich wurde von meinem Institutsleiter Oleg Alexandrov und meiner Kollegin Anja aus dem Regionalzentrum für deutsche Sprache abgeholt. Bei Regen und vielen grauen Wolken packten mich die 2 in ihr Auto und fuhren an vielen Birken vorbei nach Tomsk rein. Ja so wirklich viel Landschaft konnte ich vom Flugzeug aus vor lauter Wolken nicht erblicken, aber Wälder und Felder bestimmten das Bild. Dann ging es direkt ins Studentenwohnheim, wo schon die erste Überraschung auf mich wartete, ich wohne in einem Einzelzimmer, ok und teile meine Dusche und Toilette mit 2 … Jungs, olala, na der ist der Administration aber ein Fehler unterlaufen. Die Wohnheimsmutter, ähm ich meine natürlich Verwalterin sagte auch ganz fürsorglich zu mir, dass ich am Montag einfach vorbeikommen sollte, um ein Mädchenzimmer zu beziehen und sah schon nicht mehr ganz so fürsorglich aus, als ich meinte, dass ich mit den Jungs einfach wohnen bleibe, weil ich damit kein Problem habe und ich dann keine langen Haare in der Dusche habe 🙂 das fand sie nicht so witzig, naja der russische Weg war dann mir einfach gestern zu sagen, dass die Jungs zu schüchtern mit mir wären und ich jetzt wohl doch in ein Mädchenzimmer umziehen müsste… na toll. Also nochmal alle Postkarten, Poster von einem bestimmten halbnackten Mann und Erinnerungen von den besten aller Freunden abgenommen und den ganzen Schmodder in den 7. Stock hiefen und nochmal einrichten. Jetzt wohne ich mit 2 deutschen Mädels zusammen, eine davon aus der Nähe von Burgebrach… halleluja! Franken ahoi!
Die Arbeit ist sehr gut. Zumindest das was ich von ihr bis jetzt gesehen und miterlebt habe. Ich sitze in einem kleinen und von Büchern vollgestellten Büro zusammen mit Dana, der DAAD Lektorin. Stephanie, die DAAD-Sprachassistentin wird wohl auch noch ein Plätzchen bekommen. Stephis Freund Christian hat die Stelle als Goethe-Instituts-Sprachassistent bekommen. Wir 4 sind ein illustres Ründchen, das sich gerne bei Kaffee und sehr leckerem Kuchen Gedanken über bevorstehende Aktionen, Projekte und Veranstaltungen macht. Unser erster Streich wird wohl am 22. September eine Wahl-Info-und-selbstwähl-Veranstaltung mit dem netten Titel „Deine Wahl für Deutschland!“ Tja, wer in Kreisau beim Vorbereitungsseminar dabei war, weiß von wem dieser glorreiche Name herstammt 😀 Wir werden uns nächste Woche noch weiter in die Planung vertiefen und Info-Plakate basteln, eine Wahlurne entwerfen, Stimmzettel und einen russischen Mini-Wahlomat erstellen und am Ende unsere eigene kleine Deutschlandwahl durchführen. Und natürlich werde ich davon hier berichten.
Ja es gibt noch keinen Schnee, es sind angenehme 20-24 Grad und noch kann man sein Bier nach der Arbeit draußen genießen, wobei das wohl auch nur noch diese Woche möglich ist. Bären hab ich leider auch noch nicht gesehen… weder in der Uni, noch im Wohnheim, im Restaurant oder im Stadtzentrum, aber … ich warte noch. Ein gesatteltes Rentiert hab ich entdeckt… ja das Ding, das vor Santas schlitten hängt… Dana meinte, es gibt Pony- und dann wohl auch Rentierreiten für Kinder im Stadtpark. Aaahja!
Ja, die russischen Mädels auf ihren Highheels sind ein interessantes und manchmal auch imposantes Schauspiel. Die dies können bekommen von Dana und mir sehr viel Verwunderung und Respekt, die die es lieber lassen sollten, können froh sein, dass sie der deutschen Sprach nicht mächtig sind… sorry, aber Lästern ist ein guter Ausgleich und das kann man sehr gut mit dem genießen der letzten warmen Sonnenstrahlen kombinieren.
Die Zeitumstellung machte mir anfangs etwas zu schaffen. Im Moment hat es sich aber wohl schon ganz gut eingependelt. In den ersten Nächten konnte ich immer nur bis 1 oder 5 Uhr morgens schlafen und verbrachte meine Zeit dann mit Planungen meines Lektorats, dem Lernen von Russischvokabeln oder dem Anstarren der Wand… Nächste Woche werde ich wissen, wann ich denn nun 5 mal die Woche meinen Russischkurs habe und an welchen Tagen ich selbst Deutsch unterrichte. Danach werde ich nach und nach meine Zusatzprojekte wie Umwelt-Workshop, Impro-Theatergruppe und Kinoabende planen… Hachja, ich glaube wirklich, dass das hier gut wird! Und durch Dana lerne ich sowohl das Umland als auch und vor allem das kulturelle Angebot der Stadt kennen. Das Wochenende wird wohl sehr konzertreich; heute werden wir in ein Kosakenkonzert gehen und jeden Tag des Wochenendes gibt es ein open air Konzert der Tomsker Symphoniker.
So Fotos werden folgen und ich hoffe ich habe euch nicht mit zu vielen Details genervt! Mir geht es gut und die Arbeit wird spitze! Das Kennenlernen von Leuten wird sich auf das Wochenende verlagern. Morgen gibt es vom Internationalen Studentenprogramm Buddy-Building ein gemeinsames Grillfest und das Theodor Heuss Kolleg veranstaltet im Moment eine Seminarwoche und präsentiert morgen seinen aktuellen Projekte. Das möchte ich mir auch mal ansehen, auch wenn es auf Russisch stattfindet.
So jetzt wünsche ich euch einen schönen Freitag und ein wunderbares Wochenende!
Macht es gut und meldet euch mal! Entweder hier bei den Kommentaren oder unter m.kuhlau@gmx.de.
Ich war gerade noch mit Stephi, Christian und Dana bei einem Kosakenkonzert. War schön, aber auch sehr anstrengend. Sehr laute Musik und zum Schluss sind alle aufgesprungen im Publikum, weil ein Lied über die orthodoxe Kirche gesungen wurde und jeder der diese vereehre solle aufstehen… ja irgendwie komisch und sehr sowjetisch, aber nagut… Russland halt 😉
Fotogallerie:
Stephie und ich vor der TPU beim Mädels und Schuhe guckn









