So. Hier bin ich nun. In Tadschikistan. Dem Land, von dem 90 % aller Otto-Normalverbraucher in Deutschland noch niemals etwas gehört haben. Ich muss gestehen, dass auch ich nicht zu den Vielwissenden gehörte, als mich im August die Mail von kulturweit über mein Einsatzland erreichte – aber gerade dass macht ja vielleicht eine Situation so spannend.
Vor etwas mehr als einer Woche kam ich um halb fünf Uhr morgens (Ortszeit), völlig verschlafen mit meiner Freiwilligen-Kollegin Christin am Flughafen in Duschanbe an. Duschanbe ist Hauptstadt, größte Stadt und gleichzeitig unser Arbeitsplatz für die nächsten fünf Monate. Schon der erste Eindruck, den wir bekamen, nachdem wir durch die Passkontrolle traten, schrie buchstäblich nach Kulturschock. Männer in großen schwarzen Mänteln und mit langen weißen Bärten, umringten uns und boten an, uns in ihrem Taxi in die Stadt zu bringen. Glücklicherweise hatte aber schon Munawara, die Leiterin der Deutschlehrer an meiner Schule, angekündigt uns abzuholen.
Der erste Eindruck der Stadt war allerdings ganz anders als ich mir es vorgestellt hatte. Im Gegensatz zu Lateinamerika sind die Straßen hier extrem groß, genauso wie die Häuser. Außerdem sieht auf den ersten Blick alles sehr sauber und aufgeräumt aus (Kein Vergleich zu Portoviejo, wo ohne genaue Planung ein Stockwerk über das andere gebaut wird und die Hauptstraße täglich vor lauter Marktbuden nicht mehr auszumachen ist). Auch die Menschen sind ganz anders, als alle die ich vorher kennengelernt habe. Das heißt eigentlich haben sie viel gemein mit den Latinos. Es sind fast alle super freundlich, aber niemals so offen wie in Südamerika. Vielleicht liegt das aber aber auch noch an der Sprachbarriere – mein Tadschikisch beläuft sich leider bisher ausschließlich auf die Phrasen „Salam Aleikum“ (Guten Tag), „chajr“ (Tschüss), „Rahmat“ (danke) und „man kuned“ (Was dem Marschrutkafahrer signalisieren soll anzuhalten – mal mit/mal ohne Erfolg). Die Verbreitungsquote von Englisch liegt meiner Erfahrung nach noch unter der von Deutsch. Dafür sprechen diejenigen, die Deutsch können wirklich extrem gut, zum Teil wirklich fast fließend, obwohl sie meist noch nie einen Fuß auf deutschen Boden gesetzt haben.
Aber ich schweife ab. Eigentlich wollte ich ja über die Begebenheiten der ersten Woche schreiben. Allerdings gestaltet sich das auch irgendwie als relativ schwierig. Mein Tagesablauf ist bisher noch nicht besonders gefestigt. Am Dienstag (meinem ersten Arbeitstag) musste ich erst um 10 Uhr in der Schule erscheinen und meine Aufgabe bestand hauptsächlich darin, mich den Schülern der Deutschkurse vorzustellen. Am Mittwoch die gleiche Prozedur, Donnerstag und Freitag waren schon Projekte organisiert. Als da wären, ein Theater-Workshop und Ostereier anmalen mit den Jungschülern. Zur Zeit ist eine ehemalige kulturweit-Freiwillige vom DAAD in Duschanbe, die sich den Urlaub komplett durchpowert und die Schüler auch voll unter Kontrolle hat. Sehr engagiert. Zum Glück unterstützt mich Christin auch bei solchen Projekten, also bin ich nicht der einzige Neue, der keine Ahnung hat wie der Hase läuft.
Am Samstag lud uns dann ein Schüler der Abschlussklasse ein, uns ein bisschen in der Stadt herumzuführen. Das passte sich gut – am 21. März feiert ganz Tadschikistan (und Usbekistan und Afghanistan und ganz Zentralasien) das Navruz-Fest. Es gibt viele Feiern und spezielles Essen – sieben Speisen mit dem Anfangsbuchstaben „Sch“ und sieben mit „S“, wenn ich mich recht entsinne. Außerdem ziehen alle Tadschikinnen ihre traditionellen Kleider aus Atlas an und die ganze Bevölkerung flaniert durch die vielen Parks von Duschanbe – echt farbenfroh und sehr schön anzusehen!
Das Navruz-Fest begleiten regelmäßig mehrere Tage Ferien. Ich habe im Moment also noch bis Donnerstag frei und Zeit die Stadt und die Gegend drumrum zu erkunden. Gestern nutzten wir diese Gelegenheit schon mal um meine neuen Wanderschuhe zu testen und fuhren mit Christins Kollegen Faridun vom DAAD und seinem Freund Sherali (arbeitet bei der deutschen Botschaft) in die Berge. Auf dem Weg wurden wir bereits das dritte Mal von sehr eifrigen Verkehrspolizisten angehalten – ein Umstand, der wohl noch aus Sowjetzeiten übrig geblieben ist und den Faridun gerne mit dem allgemein bekannten tadschikischen Toursimuslogo in Verbindung bringt („Tajikistan – Feel the Friendship“).
Ich bin zwar noch nicht vollständig hier angekommen, aber ich habe das Gefühl dass der Aufenthalt in diesem Land noch eine echte Erfahrung werden kann. Mal sehen was die nächsten Tage mit sich bringen.
Liebe Grüße an alle aus Zentralasien und „Chajr“.














Sehr interessanter Bericht! 🙂
Ich gehe ab Herbst vermutlich auch für 10 Monate nach Tadschikistan und wusste erstmal ähnlich wenig wie du darüber. 😀
Besonders die Sprachbarriere bereitet mir ein wenig Bauchschmerzen… Aber es ist cool, mal von jemandem zu hören, der tatsächlich grade da ist! Ich hoffe, du berichtest weiter, wie es sich dort so lebt. 🙂
Liebe Grüße, Marie
Hallo ihr beiden!
Schöner Blog! Ich gehe auch im Herbst. Vielleicht sehen wir uns ja 🙂
Viele Grüße