Vom ewigen zum westlichen Frieden

Zugegeben, der Name ist noch immer schön: Xi An (西安) – westlicher Friede. So heißt die Stadt heute (die chinesische Sprache hat es wirklich mit poetischen Namen- wie sollen da unsere Städte mithalten?), aber der alte Name Chang An (长安), ewiger Friede, ist noch ein bisschen schöner. Aber meiner Meinung nach ist der Name zu Recht nicht mehr ganz so pompös, denn so ungern ich es zugebe, war ich ein bisschen enttäuscht von der ehemaligen Kaiserstadt.
Wenn man sich vorstellt, dass die Stadt einst das Zentrum der Macht des chinesischen Reiches war, mit Kaiserfamilie und Adeligen, Anfangspunkt der berühmten Seidenstraße und damit Treffpunkt von Menschen aus aller Welt, die mit exotischen Waren handeln – nun ja, da können die Erwartungen schon mal steigen. Smog in XianUnd dann erreicht man eine Stadt, die genauso smogbelastet ist wie Peking, überall Hochhäuser stehen hat und sich die Autos in chaotischer Weise durch die Stadt bewegen. Halt eine ganz normale, moderne Großstadt. Aber wünscht ihr euch nicht auch manchmal man könnte in eine Zeitmaschine steigen und die Stadt vor ein paar hundert Jahren sehen? So toll Autos sind als Fortbewegungsmittel, aber irgendwie machen Straßen und Autos den Flair von Städten kaputt. Aber egal, ich möchte keine Abhandlung über moderne Städte halten oder behaupten, dass früher alles besser war. Und nach meiner ersten Enttäuschung war es trotzdem eine sehr interessante Stadt.

Am ersten Tag ging es natürlich zu der berühmten Terrakotta-Armee. Sehr eindrucksvoll, was die Menschen vor 2200 Jahren dort geschaffen haben. Auch hier hätte ich die Armee gerne in „frischem“ Zustand gesehen, aber Berichten zufolge hat der Qin-Kaiser alle Handwerker, die an seinem Grab gearbeitet haben getötet/lebendig begraben lassen, damit keiner von dem Gesehenen berichtet. Also vielleicht doch lieber kein Augenzeug sein ;-).
Terrakotta-ArmeeTerrakotta-Krieger
Die restliche Zeit bin ich ziellos durch die Stadt gewandert und habe mir das berühmte muslimische Viertel angeschaut. Ich hatte vorher ein bisschen Bedenken, da ich durch eifriges kulturweit-blog lesen erfahren hatte, dass Ramadan ist. Dabei sind doch gerade die muslimischen Spezialitäten so bekannt! Aber China wäre nicht China, wenn es kein Essen gäbe. Ich weiß natürlich nicht, wie es außerhalb der Ramadan-Zeit ist, aber es gab auf jeden Fall sehr viele Stände und es herrschte ziemlich viel Betrieb. Entweder sehen die Hui (der chinesische Name für die muslimische Minderheit) das Fasten nicht so eng, oder sie machen einfach weiter Essen für die Touris. Ich war auf jeden Fall froh 🙂 Hier war ich auch zum ersten Mal in einer Moschee, die aber sehr wie ein normaler chinesischer Tempel aussah.

chinesische Moschee

Leider hatte ich am dritten Tag das erste Mal einen Punkt, an dem ich einfach nur nach Hause (wahlweise Peking oder Deutschland) wollte. Denn obwohl in Xi An 5 Mio. Einwohner leben und es dort wirklich einen Haufen Touristen gibt, wird man als Ausländer so oft angestarrt und nach Fotos gefragt und von Taxifahrern angesprochen, daran kann ich mich leider einfach nicht gewöhnen. Und an diesem Tag war das für mich einfach zu viel. Ich freue mich auf Deutschland, wo ich wieder in der Masse untergehe!
Am nächsten Tag hat mich die Reiselust aber glücklicherweise doch wieder gepackt und es ging noch für einen Tag nach Pingyao. Die Stadt wird im lonely planet sehr gelobt (obwohl sie mit schnuckeligen 450.000 Einwohnern nach chinesischen Maßstäben ja kaum Stadt zu nennen ist), deswegen wollte ich einen Besuch unbedingt noch reinquetschen. Es waren uuuuunglaublich viele chinesische Reisegruppen dort, aber es hat sich trotzdem gelohnt.

Pingyao-Straße
Touristen
Dächermeer
Porzellan-Tisch
Innenhof