Kaffeeklatsch im Lehrerzimmer

Für Donnerstag stand nichts weiteres für mich an, als um 18:30 im Raum 9 des Lyzeums No.3 zu erscheinen. Lena , meine Mentorin und die stellvertretende Schulleiterin, hatte mich dorther zu einer Deutschkollegiumssitzung bestellt. So ganz genau wusste ich nicht, was ich mir darunter vorstellen sollte. Da ich die Stadt auch endlich einmal alleine besichtigen wollte, sagte ich meiner Gastschwester das ich schon um vier los wolle zum Lyzeum. Da ich bis dato noch kein mal alleine den Bus genommen hatten und meine Mutter und ich  bei einem vorabendlichen Stadtspaziergang für 20 Minuten nicht zu orten waren, wollte meine Gastmutter mit mir fahren. Erst im zweiten Kommunikationsanlauf geling es mir verständlich zu machen, dass ich das alleine machen will. Eva, meine Gastschwester, sagte mir also wo die nächste Station ist und ich machte mich auf. Es klappte reibungslos, obwohl das Irkutsker Bus- und Bahnnetz scheinbar keinerlei Plan folgt. Aber dazu in einem eigenen Beitrag bald mehr.

Nach einem schönen Stadtbummel kam ich dann 10 Minuten zu früh am Lyzeum an. Ohne es zu wollen, hatte ich so das Klischee, der deutschen Pünktlichkeit erfüllt. Einige, die das nun lesen, werden bestimmt lachen, aber ich war wirklich zu früh! Erst habe ich mich nicht in das Gebäude getraut. Denn hier sind die Schüler alle sehr fein gekleidet. Für die Jungs heißt es : Bundfaltenhose und Hemd oder gleich einen ganzen Anzug. Die Mädels sieht man aufgetakelt in Bleistiftrock und Bluse. Dies gilt auch schon für die Fünftklässler. Vorne im Eingangsbereich steht deshalb immer Jemand, der überprüft, ob die Kleidung formgemäß ist. Ich, mit meiner neuen, für mich ungewöhnlichen Funktionsjacke und knallrotem Skaterrock, passe da so garnicht ins Bild. Nach ein paar Minuten Rumgedömel vor dem Gebäude, nahm ich meinen Mut zusammen und ging schnellen Schrittes hinein. Doch auch meine Hektik konnte nicht verhindern, dass der große Mann mich anhielt und auf russisch auf mich einredete. Er wollte mich nicht durchlassen. So wie ich befürchtet hatte. Verzweifelt versuchte ich : “ Minja savut Lina Horstmann. Germani. “ Kein Durch kommen. Zeige ihm meinen Kulturweitausweis. Irritierter Blick. Naja  das Logo sollte er wenigstens erkennen. Ist doch vorne an der Tür dran… Letzter Versuch: “ Lena Nikola ? “  Das versteht er – Weißt mich an ihm zu folgen. Schnurstraks geht er zu Zimmer 9. Ich fühle mich wie ein Strolch der zum Direktor muss. Man, ich weiß doch wo ich hin muss! Er denkt bestimmt einfach ich sei ein Schüler.

Nach kurzer Zeit trudeln ein paar Damen an. Eine kenne ich schon Vera Ju.  die hat am ersten Tag eine tolle Stadtführung für uns gehalten. Wir sitzen nun um einen Tisch herum, der zu meiner Überraschung schon mit Schokolade und Tee , hier einfach „Tschai“  gedeckt ist. Meine Kolleginnen: Lena, Olga, Vera Ju. und noch mal Vera. Die Nachnamen lassen wir weg haben wir uns gesagt , die sind zu lang. Wir trinken also gemütlich Tee, knuspern Raffaellos und quatschen über dies und das. Ich soll mich kurz vorstellen, mal verraten wer und ich bin und wie ich auf die verrückte Idee gekommen bin in Sibirien Lehrerin zu sein. Dann fang ich also an zu erzählen, von Kulturweit und wie das dort abläuft. Alle finden das sehr spannend. Entspannter könnte ein erster Arbeitstag kaum sein. Damit ich nun aber auch richtig anfangen kann, stellen wir nun auch kurzerhand einen provisorischen Stundenplan auf. Mitten in unserem Treiben streckt der Schulleiter seinen Kopf durch die Tür. Ein knurriger alter Mann in Anzug, der zunächst grimmig erscheint, aber laut meiner jüngsten Kollegin Vassilina ein herzensguter Mensch ist. Der Direktor schmunzelt als er die Kekse sieht. Schaut uns an und mein belustigt : “ Rabotj, rabotj. Arrbeiten. Arbeiten. „Passender hätte man unser Schaffen nicht kommentieren können.