Fischpicknick und Baikalrobbenzirkus

Heute war ein weitere toller Sonnentag, den ich unbeding draußen genießen wollte.Erst hieß es für mich heute Mittag :“ Lina, Zimmer aufräumen! „.  Doch dann, endlich, so gegen drei Uhr frage mich Eva , ob ich mit der Familie nach Listvyanka ( диствянка) an den Baikalsee fahren wolle. Natürlich! Genau darauf hatte ich gewartet!

Ungefähr eine Stunde führen wir eine einzige grade Straße entlang, ohne ein einziges Mal abzubiegen nach dem wir Irkutsk verlassen hatten , durch einen endlosen Wald. Mein Gastbruder fragte mich auch : “ Did you see so many trees in your life?“ Naja, bestimmt. Ich habe schon viele Bäume gesehen. Alle zusammen gezählt ergeben sie bestimmt so einen tollen Wald wie hier. Da kann man sich  nicht einfach für eine Richtung entscheiden, um irgendwo wieder raus zu kommen. Vorher verhungert man. Ich habe beschlossen die Baikalregion oder ganz Sibirien “ Der große kalte Bruder vom Schwarzwald“ zu taufen. Viele Nadelbäume, Berge was das Zeug hält.

Lina, wie groß ist der Baikalsee

Lina, wie groß ist der Baikalsee

Der Baikalsee ist einfach überwältigend groß! Würde man nicht die Schatten der Berge der anderen Seite am Horizont sehen, könnte man denken es sei das Meer. Mein Gastvater meinte die Straße die wir gefahren sind, geht dort noch 300km weiter am See, bis zur anderen Seite.

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Bald geht’s wieder raus auf die See. Baikalfische fangen.

Diese Fische gibt es nämlich nur hier, in diesem einzigartigen Biotop. Ein Meer mitten im Festland.

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Nein, das ist nicht das Meer. Auch wenn es so aussieht wie der Atlantik.

Nach dem wir ein bisschen in die Ferne geguckt haben, geht es zur Robbenshow. Zwei kleine,dicke, schwarze Baikalrobben zeigen was sie können: Fußball, Basketball, Malen. Saxophon, Tanzen, Springen, Leute nass machen. Ganz schön talentiert. Es war eine Show. Ich bin von so etwas immer begeistert, auch wenn ich manchmal nicht weiß was ich davon halten soll, Tieren menschliche Attituden bei zu bringen.

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Das Foto kostet 10 Rubel ( 20 Cent)

Ja, so viel Russisch kann ich schon ! Und morgen kommt noch mehr dazu.

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So, hier ihr Baikalfisch. Er ist noch warm.

Die gefangenen Fische werden hier auch direkt verkauft. Getrocknet, mit Zahnstochern drin oder als Räucherfisch, so wie wir ihn gekauft haben. Wenn man durch das Dorf geht, kann man überall auch kleinere Straßenstände mit diesem Fisch entdecken. Die kleinen Räucheröfen stehen direkt neben dem Stand. Hier muss ich auf  jeden Fall noch einmal hin, um mir auch das Dorf genauer an zu schauen. Hier gibt es eine Menge der traditionellen Holzhäuser, welche beweiten besser in Schuss sind als jene in Irkutsk.

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Das könnte auch Skandinavien sein!

Das beste an Sibirien bis jetzt ist, dass der viele Wald und die kleinen bunten Häuschen mich etwas an Schweden und auch an Pettersons kleine Muklasse ( wie schreibt man die denn ? ) erinnern. Ein Land was ganz oben auf meiner Liste steht und dran gewesen wäre, wenn Kulturweit mich nicht genommen hätte.

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Guten Apetit !

Das zweite Mal in meinem Leben Fisch mit Haut und Augen. Das erste mal Geräucherten. Und das aller erste Mal aus dem Baikalsee. Wir haben ihn als Fingerfood mit Gurken und Brot gegessen. Fischpicknick  mit Seeblick.

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Lecker, Lecker!

So, fertig. Der Fisch war wirklich lecker. Richtig würzig. Ich hoffe ich bekomme ihn noch ein paar Mal mehr. Der Reporter auf der Zeitung hat jetzt leider Fettflecken in der Kleidung und ich rieche auch danach. Die anderen wohl auch, auf der Rückfahrt riecht es im ganzen Auto.

Kaffeeklatsch im Lehrerzimmer

Für Donnerstag stand nichts weiteres für mich an, als um 18:30 im Raum 9 des Lyzeums No.3 zu erscheinen. Lena , meine Mentorin und die stellvertretende Schulleiterin, hatte mich dorther zu einer Deutschkollegiumssitzung bestellt. So ganz genau wusste ich nicht, was ich mir darunter vorstellen sollte. Da ich die Stadt auch endlich einmal alleine besichtigen wollte, sagte ich meiner Gastschwester das ich schon um vier los wolle zum Lyzeum. Da ich bis dato noch kein mal alleine den Bus genommen hatten und meine Mutter und ich  bei einem vorabendlichen Stadtspaziergang für 20 Minuten nicht zu orten waren, wollte meine Gastmutter mit mir fahren. Erst im zweiten Kommunikationsanlauf geling es mir verständlich zu machen, dass ich das alleine machen will. Eva, meine Gastschwester, sagte mir also wo die nächste Station ist und ich machte mich auf. Es klappte reibungslos, obwohl das Irkutsker Bus- und Bahnnetz scheinbar keinerlei Plan folgt. Aber dazu in einem eigenen Beitrag bald mehr.

Nach einem schönen Stadtbummel kam ich dann 10 Minuten zu früh am Lyzeum an. Ohne es zu wollen, hatte ich so das Klischee, der deutschen Pünktlichkeit erfüllt. Einige, die das nun lesen, werden bestimmt lachen, aber ich war wirklich zu früh! Erst habe ich mich nicht in das Gebäude getraut. Denn hier sind die Schüler alle sehr fein gekleidet. Für die Jungs heißt es : Bundfaltenhose und Hemd oder gleich einen ganzen Anzug. Die Mädels sieht man aufgetakelt in Bleistiftrock und Bluse. Dies gilt auch schon für die Fünftklässler. Vorne im Eingangsbereich steht deshalb immer Jemand, der überprüft, ob die Kleidung formgemäß ist. Ich, mit meiner neuen, für mich ungewöhnlichen Funktionsjacke und knallrotem Skaterrock, passe da so garnicht ins Bild. Nach ein paar Minuten Rumgedömel vor dem Gebäude, nahm ich meinen Mut zusammen und ging schnellen Schrittes hinein. Doch auch meine Hektik konnte nicht verhindern, dass der große Mann mich anhielt und auf russisch auf mich einredete. Er wollte mich nicht durchlassen. So wie ich befürchtet hatte. Verzweifelt versuchte ich : “ Minja savut Lina Horstmann. Germani. “ Kein Durch kommen. Zeige ihm meinen Kulturweitausweis. Irritierter Blick. Naja  das Logo sollte er wenigstens erkennen. Ist doch vorne an der Tür dran… Letzter Versuch: “ Lena Nikola ? “  Das versteht er – Weißt mich an ihm zu folgen. Schnurstraks geht er zu Zimmer 9. Ich fühle mich wie ein Strolch der zum Direktor muss. Man, ich weiß doch wo ich hin muss! Er denkt bestimmt einfach ich sei ein Schüler.

Nach kurzer Zeit trudeln ein paar Damen an. Eine kenne ich schon Vera Ju.  die hat am ersten Tag eine tolle Stadtführung für uns gehalten. Wir sitzen nun um einen Tisch herum, der zu meiner Überraschung schon mit Schokolade und Tee , hier einfach „Tschai“  gedeckt ist. Meine Kolleginnen: Lena, Olga, Vera Ju. und noch mal Vera. Die Nachnamen lassen wir weg haben wir uns gesagt , die sind zu lang. Wir trinken also gemütlich Tee, knuspern Raffaellos und quatschen über dies und das. Ich soll mich kurz vorstellen, mal verraten wer und ich bin und wie ich auf die verrückte Idee gekommen bin in Sibirien Lehrerin zu sein. Dann fang ich also an zu erzählen, von Kulturweit und wie das dort abläuft. Alle finden das sehr spannend. Entspannter könnte ein erster Arbeitstag kaum sein. Damit ich nun aber auch richtig anfangen kann, stellen wir nun auch kurzerhand einen provisorischen Stundenplan auf. Mitten in unserem Treiben streckt der Schulleiter seinen Kopf durch die Tür. Ein knurriger alter Mann in Anzug, der zunächst grimmig erscheint, aber laut meiner jüngsten Kollegin Vassilina ein herzensguter Mensch ist. Der Direktor schmunzelt als er die Kekse sieht. Schaut uns an und mein belustigt : “ Rabotj, rabotj. Arrbeiten. Arbeiten. „Passender hätte man unser Schaffen nicht kommentieren können.

Achtung Baustelle !

Der Reisebericht zur Eisenbahnfahrt ist in Arbeit. Noch gleicht er einer großen Baustelle und hält den Verkehr auf.
Daher wird seine Bearbeitung verschoben und den Tagesaktualitäten Vorfahrt gewährt.
Also bis dahin: Viel Spaß beim zurecht finden im ausländischen Verkehr
Liebe Grüße aus Irkutsk

In 86 Stunden nach Irkutsk

Tag 1 : Berlin Tegel -> Moskova Vnukova -> Orange Hostel Bett

Um halb sieben hieß es raus aus den Federn. Genächtigt hatten wir bei einer von Mamas Freundinnen aus ihren Studententagen. Das Bett war kuschelig weich, die Bettdecke flauschig und warm. Eine Wohltat nach dem immer etwas klamm gewesenen Werbelinseebett.

Nach dem sich in aller Ruhe fertiggemacht wurde und gefrühstückt war, begleitete die nette Freundin uns durch die vollen Berliner U-Bahnen bis zum Flughafen Tegel. Da meine Mama stets etwas nervös beim Fliegen ist , waren wir natürlich viel zu früh dran. So hatten wir noch etwas Zeit zum Entspannen am Flughafen. Die Freundin leistete uns noch etwas Gesellschaft. Statt pünktlich bei der Arbeit auf zu kreuzen, erzählte sie uns was zukünftig mit dem Tegel geplant sei, wenn der neue Flughafen eines Tages mal fertig würde.

Durch die Sicherheitskontrolle kamen wir ohne weitere Komplikationen. Zum aller Ersten mal hat bei mir nichts gepiept ! Vor uns hatte jedoch eine junge Frau Probleme mit der Flüssigkeitskontrolle. Aber die Kontrolleurin drückte ein Auge zu und ließ sie trotz fehlender Plastiktüte durch. Sehr menschlich!

Eben dieses Mädchen saß im Flugzeug neben mir und meiner Mutter. Ein Riesenglück wie sich herausstellte. Denn die junge Russin Olga studiert IT in Berlin. So konnte sie fließend Deutsch und hat uns freundlicherweise  von der Passkontrolle bis zum Jaroslaw ( dem Bahnhof von dem die Transib abfährt) begleitet. Souverän führte sie uns durch die Moskauer U-bahn und ersparte uns damit einiges an Stress und Verzweiflung. Denn um 18:00 Moskauer Zeit war diese  klaustrophobisch überfüllt. So viele Menschen. Gefühlt doppelt soviele wie in der Londoner Picadillyline zu Stoßzeiten. Unsere großen Koffer waren ein weiteres Hindernis. Mit diesen auf eine überfüllte Rolltreppe zugelangen auf der keiner Rücksicht oder Hilfbereitschaft zeigt, war ein Kunststück, das mir nicht immer gelung. Einmal drängte sich eine ungeduldige Frau zwischen mich und einen meiner Trollis. Just in dem Moment in dem ich diesen mit Schwung auf die Rolltreppe hieven wollte. Mit voller Wucht rammte der Koffer ihre Waden und sie schrie mich wütend an. Ich war nur froh heile auf der Treppe angekommen zu sein.  Gut dass wir Olga hatten. Zwei oder dreimal diese Treppen zu nehmen wäre ein Graus geworden. Gegen den Strom schwimmen ist hier nicht möglich.

Eine der prächtigen Moskauer U - Bahnstationen

Eine der prächtigen Moskauer U – Bahnstationen

Vom Jaroslaw aus die Hausnummer des Hostels zufinden war einfach und ein kurzer Fußmarsch. Aber das eigentliche Gebäude zufinden gestaltete sich als komplizierter als erwartet. Fast eine halbe Stunden tigerten wir um den Block. Fragten viele Leute, die meisten kriegten die Panik bei englischen Wörtern. Schließlich zeigten zwei junge Russinen uns den Weg. Nonverbal. So geht das ja auch.

Irgendwo hier muss doch das Hotel sein ?

Irgendwo hier muss doch das Hotel sein ?

„Und wie kommen wir jetzt darein ?“ – Das Hostel entpuppte sich als ein normaler Wohnblock mit allerlei bunten Schildern von Hostels an der Fassade. Auch das Smile Hostel, welches uns kurz vor knapp die Registrierung aufgrund eines Wasserschadens stoniert hatte, befand sich hier. Wir standen also vor einer braunen Metalltür, abgekämpft vom Koffer schleppen und vom Gehen müde und wussten nicht weiter. Die Tür wollte nicht aufgehen. Dann entdeckte meine Mama ein paar Klingeln. Nachdem wir alle ein mal ausprobierten, öffnete der Sesam seine Pforten.

Unglücklicherweise befand sich unser Hotel im 5. Stock.  Wir nahmen also erst nur das leichte Gepäck mit hoch. Dort erwartete uns eine  frisch renovierte, in orange gehaltene Rezeption und ein junger Russe. Welch ein Glück, dass Russen noch was von alten Tugenden halten. Ohne uns Zeit zum Prostest zulassen, stampfte der Rezeptionist in seinen Puschen nach unten und schleppte unsere beiden großen Koffer ohne ein einziges mal abzusetzen in den 5. Stock. Glücklich und außer Atem schaute er uns an und keuchte : “ Hard Work “ .