Von einem kleinen Land mit großen Talenten

"OnePlan" eine der RockBands, die aufgetreten sind.
„OnePlan“ eine der RockBands, die aufgetreten sind.

Gestern Abend hat Alexandra mich mit zu einer Art „Songcontest“ hier in Črnomelj genommen. Im Kulturzentrum, welches als Kino und Theater dient, waren schon etliche Scheinwerfer auf der Bühne aufgebaut und die Kameraleute standen auch schon bereit als ir ankamen. Richtig, Kameras. Denn die ganze Veranstaltung wird in der nächsten Zeit in einem lokalen Fernsehsender der Region hier übertragen. Aufgetreten sind die Teilnehmer aufgeteilt in drei verschiedenen Kategorien. Sänger bis 14, Sänger von 15 bis 30 und Rock Bands. Jeder der Teilnehmer durfte einen Song performanten und das Publikum (zu 40 %) und die Juri, die aus lauter bekannten slowenischen Sängern bestand, (zu 60%)    haben dann durch das Verteilen einer Stimmer pro Gruppe den Sieger des Wettbewerbes ermittelt. Das war wirklich cool, weil nicht nur Sänger aus unserer Region hier da waren, sondern auch aus anderen Teilen Sloweniens. Und die Moderation war auch wirklich witzig.

Unter den Gewinnern war sogar eine Schülerin unserer Schule, die mit der Meganummer „Something’s Got a Hold On Me“ von Christina Aguilera überzeugen konnte. Und als krönender Abschluss gab es noch zwei Überraschungsacts. Die Gewinnerin des letzen Jahres, die im Halbfinale bei dem Slowenischen Supertalent steht und „The Plut Family“, die in der gleichen Fernsehshow im Finale ist durften noch zeigen was sie können. An sich fand ich es schon mega cool deren Auftritte live zu sehen, wenn sie ja auch groß im Fernsehen auftreten. Was ich, neben der fantastischem Musik –und mal ehrlich, wie kann eine einzige Familie so begabt sein? (zwei Schwestern, die singen, eine die dabei E-Gitarre? spielt und die andere am Keyboard und zwei Brüder, der eine am Schlagzeug und der andere am Bass?)– am meisten gefeiert habe ist, dass einer der Schwestern auch bei uns auf der Schule ist und ich mit ihr sogar schon einen Kaffee getrunken habe.

Was ich damit sagen will ist, dass es einfach etwas total Neues für mich war, „solche Leute“ wirklich zu kennen und live zu sehen. Das ist etwas, was mir in Deutschland nicht so schnell passieren wird. Und es war wirklich cool.

Phase 3: Von melancholischen Momenten bis zu „Winterdepressionen“

Phase 3: Das erste große Heimweh.

Schon wieder ein so negativ klingender Text mit einer nicht ausschließlich als positiv zu bezeichnenden Attitude.

Aber mal ehrlich, wenn sogar Leute zu Hause, mit jeder Menge zu tun und ihren Liebsten um sich herum, zeitweise in eine kleine „Winterdepression“ verfallen, dann, finde ich, steht mir diese Empfindung aber mindestens genauso zu.

Schlechtes Wetter, so dass man nicht vor die Tür gehen möchte. Ein kleines Dorf und eine schlechte Bus- und Bahnverbindungen, so dass man nicht mal eben spontan hier raus kommen kann –jeden Falls nicht ohne Auto-. Ich, die irgendwas zwischen Schüler und Lehrer ist, damit aber weder viel lernen, noch viel vorbereiten muss und deshalb nichts zu tun hat und alleine in der Wohnung hängt –zum Glück mit Netflix-. Klar kann ich einfach runter in die Bar gehen und schauen, was so los ist und wer dort mit Freunden chillt und mich vielleicht dazu setzen. Aber, ich möchte mich nicht immer einfach irgendwem auf gut Glück anschließen oder fragen, ob jemand Zeit hat, dann aber wie die letzten Male zuvor ein „Nein, heute leider nicht, aber vielleicht dann und dann.“ zu hören bekommen.

Resultat: Milena alleine in der Wohnung. Das kann zwar nach einer anstrengenden Woche mal ganz entspannend sein, aber auf Dauer ist das nicht wirklich schön. Vor allem nicht, wenn man ein recht geselliger Mensch ist. Und auch wenn ich weiß, dass das alles nur eine Phase ist, hat mich dann gestern im Supermarkt das erste große Heimweh überfallen. Am Abend habe ich deshalb mit meinen Eltern geskypt und gefragt, ob ich über Silvester nach Hause kommen kann. Natürlich kann ich.

Eigentlich wollte ich das Jahr über, in dem ich hier bin, nicht nach Hause. Ich habe immer gesagt, dass ich ja ein Jahr ins Ausland möchte, mit allem was dann dazu gehört. Aber ich habe schon seit mehreren Wochen mit dieser Idee gespielt. Und ich meine, auch wenn ich nach dem FSJ von zu Hause ausziehe, werde ich ab und an zu Hause vorbei schauen, weder die Feiertage meistens mit der Familie verbringen. Es ist also nicht wirklich ein Zeichen der „Schwäche“, dass ich mein Wort diesbezüglich nicht halte und meine Pläne geändert habe.

Mein Alltag hier ist nur eben anders, als ich ihn mir vorher vorgestellt habe. Etwas schwieriger, weil einsamer. Dementsprechend passe ich meine Pläne an. Besser ich fahre zwischendurch nach Hause, um neue „Kraft zu tanken“, als dass ich das FSJ verkürze, oder gar abbreche. –Vor allem wenn es von der Entfernung möglich ist.– Ich habe zwar nicht wirklich über diese Optionen nachgedacht, aber wenn es andere Freiwillige gibt, die das tun: Ich kann es absolut nachvollziehen.

Es ist klar, dass nicht immer alles einfach sein kann und man mit nem fetten Grinsen im Gesicht durch die Gegen läuft, gerade in den Situationen, in denen wir uns jetzt befinden. Da muss jeder seinen eigene Weg finden um damit umzugehen. Meiner wird sein, mich aufs Zwischenseminar zu freuen und die Zeit dort zu genießen, mich danach auf Weihnachten bei meiner Tante in Maribor und auf Silvester zu Hause zu freuen. Im Anschluss daran werde ich etwas mehr von meiner Freizeit und meinem Geld in die Planung und Umsetzung von irgendwelchen Aktivitäten stecken. Nach Ljubljana fahren, vlt andere Freiwillige besuchen. Einfach etwas hier raus kommen.

Und ja, nachdem das erste Heimweh überwunden ist, geht es mir gut und ich weiß, wie ich meine zukünftige Zeit hier angehen möchte, damit ich weniger alleine bin und dafür etwas mehr erleben.

 

Phase eins und zwei: Von „himmelhoch jauchzend“ zu „zum Tode betrübt“

Zur Erklärung:                                                                                         Ich weiß gar nicht in welchen Zusammenhängen ich schon alles „Die fünf Phasen …. „ gehört habe. Am wohl bekanntesten „Die fünf Phasen der Trauer“. Und wie war das da nochmal? Phase 1: Das Leugnen, Phase 2: Der Zorn, Phase 3: Das Verhandeln, Phase 4: Die Depression, Phase 5: Die Akzeptanz

Aber keine Sorge. Ich habe nicht vor meinen Auslandsaufenthalt mit einer Trauerbewältigung zu vergleichen. Also jeden Falls nicht direkt. Aber auch mir sind verschiedene Zustände meines Empfindens über meine Zeit hier im Einsatzland aufgefallen. Und ich glaube, auch wenn ich noch nicht alle „Zustände“ „überwunden“ habe, kann man es in verschiedene Phasen zusammenfassen. In jeder Phase stehen andere Empfindungen über ähnliche Ereignisse im Vordergrund.  

Phase 1: Die Euphorie des Unbekannten.                                           Am Anfang zum Beispiel war ich total begeistert. Von jeder Kleinigkeit. Davon, dass ich zum Einkaufen immer 15-30 Minuten zum Supermarkt laufen darf. Davon, dass hier bei jeder Gelegenheit Kaffee getrunken wird. Davon, dass mal das Leben hier genießt und alles so unendlich gelassen angeht. Davon, dass ich immer für mich selbst und alleine kochen kann. Davon, dass ich über einer Bar wohne und nur runter gehen brauche, wenn ich einen Kaffee trinken möchte. Davon, dass Črnomelj so dörflich und klein ist und ich den Kontrast zu einer Studentenstadt erleben kann.                                                                                                  Ich glaube, in den ersten drei bis vier Wochen, hat man mich nur euphorisch berichten gehört.

 

Phase 2: Die Melancholie der alltäglichen Realität                        Mittlerweile bin ich an einem Punkt angekommen, an dem ich es mehr als nur nervig finde, die ganzen Lebensmittel so lange nach Hause tragen zu müssen. Und das liegt nur teilweise, an den niedrigen Temperaturen oder dem viel zu lange andauernden Regen. Es nervt mich, dass man hier und da mal eben einen Kaffee trinken geht, anstatt mit der Arbeit weiter zu machen. Es ist anstrengend sich jeden Tag aufs Neue zu überlegen, was man zu Mittag essen möchte und die entsprechenden Sachen einzukaufen. Es ist laut über einer Bar zu wohnen, egal ob abends unter der Woche um 23 Uhr, oder am Sonntagmorgen um sieben Uhr. Es ist etwas einsam, weil Črnomelj so klein ist, die Schüler viel lernen müssen und die Bus- und Bahnverbindungen auch nicht wirklich gut ausgebaut sind.                                                               Als ich dann letztes Wochenende mit meiner Schwester geskypt habe, habe ich gut 30 Minuten gejammert, wie sehr mich die jeweiligen Sachen nerven oder stören. Da ist mir mehr als deutlich geworden, dass ich zu Hause vermisse. Und dass, ist man erstmal über die Euphorie am Anfang hinweg, der Umzug von zu Haus in ein fremdes Land gar nicht so einfach ist. Auch wenn zeitlich begrenz, ist es ein Auszug von zu Hause. Und das bringt sowohl all die Freiheiten, die man mit 19 unbedingt haben will mit sich, aber eben auch all die Verantwortungen und neuen Situationen, denen man mit 19 wahrscheinlich noch nicht genug gewachsen ist. Andererseits, wann bitte ist man diesen gewachsen? Ich glaube da muss man einfach ins kalte Wasser springen.

 

Gar nicht so einfach, die Neue zu sein

Halli Hallo 🙂

Der kommende Blogeintrag wird etwas anderer Art sein.

Bisher habe ich ziemlich viel über erlebte Ereignisse berichtet, so dass ihr alle ein kleines Stück an meinen Erfahrungen teilhaben könnt. Aber natürlich komme ich hier auch nicht um die ein oder andere nicht ausschließlich positive Erfahrung herum. Und weil ich fair und ehrlich berichten möchte, damit das Bild was ich euch vermittle möglichst vielseitig ist und nicht nur eine Seite meines Lebens hier ablichtet, wird es zwischendurch auch Artikel geben, in denen ich meine Bedenken äußere oder Sachen kritisch hinterfrage. Und auch wenn die einzelnen Berichte dann etwas negativ klingen, möchte ich euch bitte, diese im Zusammenhang mit der ganzen Situation und auch den anderen Einträgen zu sehen.

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So wohl ich mich hier auch fühle, es ist einfach nicht das Gleiche wie zu Hause. Und auch die netten Menschen, die ich hier gefunden habe, können nicht viel an der Tatsache ändern, dass es hier nicht immer einfach für mich ist.

Črnomelj ist mit seinen 5.000 Einwohnern doch um einiges kleiner als Bornheim, vor allem weil ich hier nicht die Möglichkeit habe mal eben nach Bonn oder Köln zu fahren. Geschweige denn mich mit Freunden zu treffe. Das fehlt mir wirklich. Einfach nur reden. Über belangloses Zeug. Reden und dabei TV gucken, einen Kaffee trinken oder auf dem Weg zu XY in der Bahn sitzen. Diese ganz nebensächlichen Konversationen, in denen man sich über alles und gleichzeitig über nichts unterhält. Dass ich Dinge wie diese vermissen werde, war mir nicht wirklich klar. Auf der anderen Seite ist es aber auch nicht sonderlich überraschend. Schwieriger wird es allerdings dadurch, dass ihn dem Dorf hier jeder jeden kennt. Und das meine ich wirklich ernst, ausnahmslos. Sogar mich „kennen“ die Leute, ob wohl ich ihnen noch nie im Leben begegnet bin, geschweige denn schon mal ein Wort mit ihnen gewechselt habe. Und damit kommen wir auch schon zum nächsten Problem. Hier wird viel geredet. Zu viel meiner Meinung nach. Selbst wenn es gar nichts Erwähnenswertes ist, weiß es am nächsten Tag die ganze Schule. Und das durfte ich auch schon am eigenen Leib erfahren: Vor zwei Wochen etwa war im Piccolo (eine Bar hier in Črnomelj) eine Party, zu der ich auch gegangen bin. Und weil Party gleich viele Leute bedeutet, und viele Leute, die alles zusammen sind und alle slowenisch reden für Milena bedeutet, dass sie ahnungslos daneben steht, bin ich immer froh, jemanden zu finden, der sich mit mir aus englisch unterhält. Ob dieser Jemand dabei weiblich oder männlich ist, ist nebensächlich. Scheinbar aber nur für mich. Denn kaum habe ich mich versehen, geht das Gerede los. Nicht gerade toll. Aber okay, ich habe aus der Situation gelernt und werde in der Zukunft darauf achten, dass ich „nicht mit jedem rede“. –Mal ehrlich, wie bescheuert ist das denn?!- Aber nun ja. Was soll ich machen *Kopfschütteln* Ich denke, dass sich das ganze vielleicht auch noch etwas einpendeln wird. Wenn ich die Leute etwas näher kenne und besser einschätzen kann. Aber auf der Halloween Party am Montag war es auch schon wieder ganz anders und besser. Denn ich hatte ein paar mir wirklich sympathische Mädels um mich herum, mit denen ich dann die Zeit verbracht habe. So war ich auch nicht auf irgendwelche „Fremden die mit mir sprechen“ angewiesen. Man sieht also, alles braucht seine Zeit. Auch wenn ich denke, dass das mit dem Gerede weiterhin ein Störfaktor für mich sein wird, habe ich die Möglichkeit damit umgehen zu lernen.

Naja auf jeden Fall bin ich jetzt schon seit mehr als sieben Wochen hier und habe mich in meinem Alltag zu Recht gefunden, und wirklich nette Menschen um mich herum. Trotzdem läuft nicht immer alles nach Plan und ohne Probleme ab. Aber das ist eigentlich auch gut so. Ich möchte ja schließlich etwas mitnehmen von dem Jahr und mehr über mich lernen. Das wird denke ich mal kein Problem werden.