29.September – Sarajevo – Konjic – Mostar
1992.
Deutschland ist wiedervereint. Helmut Kohl ist Bundeskanzler. Die Medien sind voll von Nachrichten über den jugoslawischen Bürgerkrieg in Bosnien- Herzegowina. Währen das sozialistisch geprägte Jugoslawien auseinander zu brechen drohte, wuchsen die Spannungen zwischen den verschiedenen Ethnien innerhalb Bosnien- Herzegowina. Der serbische Bevölkerungsteil fühlte sich eher Serbien zugehörig und war gegen eine Unabhängigkeit Bosnien- Herzegowinas von Jugoslawien. Das war aber genau das, was von Bosniaken und Kroaten, aus verschiedenen Beweggründen, gefordert wurde. Nachdem Bosnien und Herzegowina, durch ein Referendum, was Kroaten und Muslime für sich entscheiden werden konnten, für unabhängig erklärt wurden, kam es zu einer militärischen Eskalation. Bosnische Serben wurden von Jugoslawien, sowohl mit Waffen, als auch mit dem Militär unterstützt. Auch Kroatien unterstützte seine Leute mit militärischen Gruppen. Zwar erhielten auch die Bosniaken internationale militärische Unterstützung, vor allem von muslimischen Staaten, diese beschränkte sich jedoch nur auf Lieferungen von Kleinwaffen.
Was die meisten also nur durch die Zeitung und das Fernsehen mitverfolgen konnten, habe ich, fast 25 Jahre später live gesehen. Zumindest ein paar der Folgen des Krieges sowie einen der Orte, die eine ganz entscheidende Rolle gespielt haben.
Der Tunnel von Sarajevo9, 10.
Die Berge rund um die Hauptstadt wurden von 1992 an von serbischen Kämpfern besetzt11. Nur durch einen 800 Meter langen Tunnel ist es den Bewohnern gelungen der Belagerung standzuhalten.
Notwendig war dieser Tunnel, da es keinen anderen Weg in die Stadt rein oder aus ihr raus gegeben hat. Es gab nur einen kleinen Landstreifen, eine Flugbahn der UN, der nicht von den Serben kontrolliert wurde. Beziehungsweise dessen Kontrolle sie, unter bestimmten Bedingungen, der UN übergaben. Zu diesen Bedingungen gehörten sowohl 50% der Lebensmittelversorgung, als auch die Sicherheit, dass keiner die Flugbahn überquert. Denn dahinter befand sich bosnisches Territorium. Unter unglaublichen Belastungen wurde der Tunnel mühsam und alleine durch Muskelkraft und die Hilfe ein paar weniger einfacher Werkzeuge gegraben. Dabei wurde so vorgegangen, dass gleichzeitig von beiden Seiten gegraben wurde. Und obwohl sich die beiden beteiligten Bauingenieure vorher nicht einmal gesehen haben, ist es ihnen gelungen den Tunnel zu bauen. Mit einer Höhe von etwa 1,50 Metern und einem Meter Breite ist seine Nutzung allerdings keine Spaziergang.
Zitate über die Belagerung Sarajevos aus dem Film „Der Tunnel von Sarajevo“12:
„Ich persönlich versuche diese Zeit zu vergessen. Aber wenn ich mich mit meinen Freunden treffe, dann werden die Erinnerungen wieder wach. Oft weinen wir.“ – Rašid Zorlak
„Wenn sie auf das Auto geschossen haben, dann habe ich das Radio lauter gemacht […]“ – Mirko Majdandšič
„Ich habe mit meinem Wagen auch Tote geborgen. Ich habe sie im Auto transportiert. „ – Mirko Majdandšič
„Diese Szene, diese Hölle, kann man sich nicht vorstellen.“ – Rašid Zorlak
12 Film „Der Tunnel von Sarajevo“: https://www.youtube.com/watch?v=GapZ15ZqT1k
Etwas weniger emotional, aber dafür genauso interessant, ging es weiter zu einer Besichtigung von einem Bunker. Und weil die gesamt Exkursion unter dem Motto ehemaliges Jugoslawien zusammengestellt wurde, haben wir uns nicht irgendeinen x-beliebigen Bunker angesehen, sondern den Geheimbunker von Tito.
Josip Broz Tito
wurde am 07. Mai 1892 in Kroatien geboren. Als er 1910 Gewerkschaftsmitglied der Sozialdemokratischen Partei Kroatiens wurde, beginnt sein politischer Werdegang. Auf der Suche nach Arbeit kam er nach Slowenien, fand aber nur wenig später kurzfristige Arbeiten in Deutschland und Österreich. 1913 wurde er in die österreich-ungarische Armee einberufen und in Zagreb stationiert. 1915 geriet er in russische Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Entlassung 1917 trat er in St. Petersburg in die Rote Garde ein. Als er drei Jahre später nach Kroatien zurückkehrte, wurde er Mitglied der neu gegründeten Kommunistischen Partei Jugoslawiens. Nachdem er eine fünfjährige Haftstrafe, wegen illegaler kommunistischer Tätigkeiten als Provinzialkomitees der KPJ in Kroatien, abgesessen hatte, geht er in den Untergrund und beteiligt sich an Machenschaften des Zentralkomitees (ZK) der Exil-KPJ in Wien, in welches er dann auch aufgenommen wurde. 1934 nimmt er seinen Decknamen „Tito“ an. 1936 wurde er zum Organisationssekretär der KPJ gewählt. In dieser Position war er sowohl für den Wiederstand, als auch für Aufstand in Jugoslawien 1941 verantwortlich. In seiner 1943 erworbenen Position als Marschall von Jugoslawien trat Tito sowohl zu Gesprächen mit Winston Churchill, als auch zu Verhandlungen mit Josef W. Stalin an. Im März 1945 wurde eine neue Regierung Jugoslawiens gegründet, an dessen Spitze Tito steht. Am 29.November desselben Jahres wurde Jugoslawien zur Föderativen Republik und Tito zum Ministerpräsidenten erklärt. Obwohl er sich einst der Sowjetunion nahe gefühlt hat, versuchte er sich 1950 von Stalinismus zu entfernen und einen Weg zwischen Kapitalismus und sozialistischer Planwirtschaft zu finden. 1963 wurde er zum Staatspräsidenten auf Lebenszeit ernannt. Nach einem viermonatigem Krankenhausaufenthalt und dem ständigen Kampf ums Überleben wurde Tito am 04. Mail in Ljubljana für tot erklärt.
Informationsquelle: https://www.dhm.de/lemo/biografie/josip-broz-tito
Titos geheimer Bunker
wurde erst 1979 entdeckt. Mit über 6500m2 und einer Zentralheizung, die für eine konstante Temperatur von 21°C sorgt, hat Tito sich wohl einen der modernsten Bunker seiner Zeit bauen lassen. Vor einer Eskalation des kalten Krieges, die ihn und sein Machtimperium zerstört hätten, musste er sich also nicht sorgen.
Mostar.
Unser nächster Halt war Mostar in Herzegowina. Den Namen verdankt die Stadt ihren vielen Brücken und deren Brückenwächtern (= Mostar) aus ehemaligen Zeiten. Ich persönlich habe wirklich selten eine so schöne Stadt mit so viel Charme gesehen. Besonders geprägt wird die einzigartige Atmosphäre durch die verschiedensten kulturellen Einflüsse, die ihre Bewohner mitbringen. Kroaten, Bosniaken, Jugoslawen, Serben aber auch Türken und Albaner geben der Stadt einen außergewöhnlichen Touch. Die Altstadt ist geprägt von überzähligen kleinen Ständen mit Tüchern, Porzellan, Schmuck und Tabakwaren. Und von den Cafés möchte ich erst gar nicht anfangen. Ich hatte wirklich Schwierigkeiten mich zu entscheiden, wo ich denn nun den türkischen Tee trinken möchte. Denn jedes der Geschäfte hatte etwas an sich. Eins zum Beispiel war unheimlich verzaubernd mit seiner Lage direkt am Fluss, mit Blick auf die Brücke und den schwarzen, verzierten Metalltischen und –Stühlen.