Nach ein paar mega stressigen Tagen ging es dann am 1. September zum Werberllinsee für unser Vorbereitungsseminar. Aber weil die Zeit so unheimlich intensiv und schön war, kann ich nicht versprechen, dass ich nicht doch irgendetwas vergesse. Aber ich gebe mir Mühe!
Also, 10 Tage Vorbereitungsseminar.
10 Tage, in denen ich unheimlich viel über mich und meine Umwelt gelernt habe.
Wie angekündigt war, haben wir uns in unterschiedlichen Workshops mit verschiedenen Themen beschäftigt. Unter mit Rassismus, PostKolonialismus und Sexismus. In den Workshops, in denen ich war, haben die Trainer_innen das ganze auf eine relativ emotionale Ebene gebracht. Das war zwar teilweise wirklich extrem, so dass die verschiedensten Emotionen bei mir aufgekommen sind – Wut, Bedrücktheit, Trauer, noch mehr Wut, Schmerz, das Gefühl, nicht fair behandelt worden zu sein- hat mich aber im Gegenzug auch zum Nachdenken angeregt. Dadurch habe ich viele Sachen für mich mitnehmen können. Zum Beispiel auf das Thema Rassismus bezogen: Nur weil ich ihn in meinem Alltag nicht wahrnehme, heißt es nicht, dass er nicht existiert. Denn ich sehe nur meine Realität. Um die von anderen, vielleicht Betroffenen, sehen zu können, muss ich Ihnen zuhöre. Wenn ich einfach nur zuhören, ohne zu bewerten, ohne es klein zu reden -weil ich es anders erlebe-, kann ich auch ihre Realität sehen und sie vor allem verstehen.
10 Tage, in denen ich jeden Tag neue Menschen getroffen habe.
Als eine von über 250 Freiwilligen bin ich zum Vorbereitungsseminar gefahren. Und auch wenn man in den Workshops, beim Essen, dem Baden oder dem allabendlichen Genießen von Pils – Pfui!!!- immer wieder neue Gesichter gesehen hat, so glaube ich, dass ich immer noch nicht allen Freiwilligen über den Weg gelaufen bin. Ich persönlich find das ja toll! Immer wieder neue Menschen treffen, voll meins.
10 Tage, die mich auf die nächsten 365 Tage vorbereitet haben.
Das glaube ich, ist in soweit gelungen, wie es denn gelingen kann. Ich meine es wird nie alles nach Plan laufen und es werden auch Situationen kommen, in denen ich maßlos überfordert sein werde. Aber das ist vollkommen okay. Und ja irgendwo auch normal. Man erinnere sich nur daran zurück, wie überfordert man während seiner ersten Fahrstunden war. Alles das, was aber im Voraus hilfreich und notwendig gewesen ist, hat das Kulturweitteam geleistet.
10 Tage, in denen ich jeden Tag schwimmen gegangen bin.
Ob morgens nach dem Joggen -ich gebe zu, dass ist tatsächlich nur an den ersten 2 Tagen vorgekommen-, Mittags um sich bei 30 Grad eine Abkühlung zu gönnen, am Abend beim Sonnenuntergang -die untergehende Sonne hat das Wasser in einen Spiegel des Himmels verwandelt. (War das jetzt nicht mal ein poetischer Satz?!) Ich hatte das Gefühl direkt in den Sonnenuntergang zu springen. Das relativ kalte Wasser hat mich dann allerdings schnell wieder in die nasse Realität geholt -oder Nachts und ohne Badesachen.
10 Tage, in denen ich immer tolle Menschen um mich herum hatte.
Es ist ein unbeschreiblich wunderschönes Gefühl, wenn man Menschen um sich herum hat, die derart offen, tolerant, entspannt und nett sind, wie es hier der Fall war. Wenn ich mich von unserem Zimmer alleine auf den Weg zum Essen gemacht habe, dann konnte ich mich überall hinsetzten. Zu Leuten die ich schon etwas kannte. Zu Leuten, denen ich vorher nur ein paar Mal Hallo gesagt habe. Zu Leuten, die ich vorher noch gar nicht gesehen habe. Und egal für welchen Tisch, für welche Menschen ich mich entschieden habe, mit allen konnte man super reden. Alle waren freundlich. Alle waren interessiert. Ich glaube, dass es wenig Gefühle gibt, die schöner sind als das, was ich in dieser Atmosphäre empfunden habe.
10 Tage, in denen ich jeden Abend bis zum Morgen wach geblieben bin.
Es gab einen Abend, an dem ich tatsächlich schon um 12 Uhr im Bett lag und geschlafen habe. An den restlichen Tagen wurde bis halb drei am Steg gekuschelt- einfach weil es soooooo kalt war-, bis zwei Uhr Schach oder Karten gespielt- ich habe Schachspielen gelernt!! Ist das nicht mega cool? (Dankeschön an dieser Stelle an Tim, David und Johannes)- oder bis halb fünf gefeiert.
10 Tage, in denen ich übermüdet durch meine Umwelt gewandelt bin.
Weil ich wirklich nichts verpassen wollte, habe ich es einfach nicht eingesehen früh schlafen zu gehen- weil Abends immer irgendwo irgendetwas los war- oder Nachmittags zu schlafen -weil man muss ja auf seine Linie achten und Sport machen. Nein Spaß, aber irgendwo wurde dann doch immer Fußball, Basketball oder Volleyball gespielt. Und dem könnte ich mich dann leider doch nicht entziehen- was dann zwangsläufig darauf hinausgelaufen ist, dass ich jetzt völlig übermüdet in Zug nach München sitze. Am Wochenende wird also ausgeschlafen.
10 Tage, in denen ich neue und wunderbare Freunde gefunden habe.
Obwohl zehn Tage wirklich kein langer Zeitraum ist, habe ich das Gefühl, dass ich ein paar Leute schon Jahre kennen würde. Das nennt man dann wohl auf einer Wellenlänge sein.
Wir haben schon Überlegungen angestellt, wann wir uns gegenseitig besuchen können und wo wir nach dem Zwischenseminar in Zagreb feiern gehen sollen. Ich hoffe ganz ehrlich, dass man sich auch nach dem FSJ nicht aus den Augen verliert. Und wer weiß, vielleicht gefällt es einem ja so gut, dass der/die dort bleibt und dann kann man ihn/ sie besuchen kommen. Überall auf der Welt Freunde zu haben ist auf jeden Fall gut!
10 Tage, in denen ich im Mikrokosmos gelebt habe.
Neben den Workshops haben wir uns auch immer wieder in sogenannten „Mikrogruppen“ getroffen. Das war wirklich angenehm, weil es bekannte Gesichter waren und wir in der kleineren Gruppen auch teilen konnte, was uns gerade beschäftigt. Unsere Mikrogruppen hat sich „Mikrokosmos“ genannt. Und wir alle sind Kosmonauten in unserem Mikrokosmos gewesen. Dazu gehört haben: Fabian, Vincent, Pia, Amira, Mirjam, Laura, Antonia, Lara, Nadja, Enken ,Maria (Trainerin) und ich, natürlich *Kopfschütteln*. Und um es mit Pias Worten zu sagen: „Es war mir ein inneres Blumenpflücken mit euch!“ DANKESCHÖN
10 Tage, die ich so schnell nicht mehr vergessen werde.
Wie sollte ich denn auch nach dem was ich schon alles erzählt habe?
Und selbst wo ich jetzt so viel geschrieben habe, gibt es immer noch genauso viel, was ich noch nicht erzählt habe.
Zum Beispiel wie schön das abendliche Jammen war, wie viele inspirierende Menschen ich getroffen habe -Lina, an der Stelle darfst du dich gerne angesprochen fühlen- und viel ich ich in den zehn Tagen geschrieben habe -vielleicht stelle ich das Eine oder Andere auch noch online.
Aber neben diesen ganzen schönen Erfahrungen habe ich mich auch mit einem Text beschäftigt, der Kulturweit in seiner Entwicklungsarbeit kritisch hinterfragt. Ich muss ehrlich sagen, dass mir dieser Text ziemlich zugesetzt hat und ich ein paar Tage gebraucht habe, um für mich klarzustellen, in wie weit ich mit den an mich gestellten Aufgaben und Erwartungen als Kulturweitfreiwillige übereinstimme und in wie weit ich diesen nachgehen möchte.
Auch hierzu habe ich einen Text geschrieben, bei dem ich mir aber noch nicht sicher bin, ob, oder in welcher Form ich in online stellen werde.
Jetzt gerade sitze ich noch in Zug nach München. Mein Plan ist es, mir dort am Bahnhof ein Lokal zu suchen, in dem ich Wifi habe und diesen Eintrag online stellen kann. Von München geht es dann für mich weiter nach Ljubljana, wo ich abgeholt werde. Langsam bin ich auch ein bisschen aufgeregt, aber ich freue mich vieeeeel zu sehr, als das die Nervosität überwiegen könnte. Ich bezweifle allerdings, dass das morgen, wenn ich in der Schule vorgestellt werde, immer noch der Fall ist. Ich bin aber auf jeden Fall gespannt und halte euch auf dem Laufenden.
Hallo, ans andere Ende der Welt!
Ich sitze hier im Lehrerzimmer in Kolumbien und lese deinen Blog. Bin froh, dass dein Seminar auch so toll war und wünsche dir einen super Start in die Arbeit und gutes Ankommen 🙂
Hasta luego, Franzi