Fahrt nach Erdenet (9. – 11.06.)

Als wichtigen beruflichen Aufenthalt getarnt, ging es am Sonntag für mich und zwei andere deutsche Mädels mit dem Zfa Berater und seiner Frau nach Erdenet, eine kleine Stadt nordwestlich von Ulaanbaatar. Und zwar mit dem Zug!! Abends um 19.30Uhr versammelten wir uns auf dem Bahnhof und machten es uns (die drei deutschen Mädels) eine Stunde später in unserem vierer Coupé gemütlich. Es war zwar etwas eng mit den vier Betten und dem Tisch, aber kuschlig. Da wir anscheinend alle dachten wir würden während der 12h Zugfahrt verhungern, hatten wir alle riesige Fresspakete mitgebracht, die dann sogar noch die Rückfahrt überlebten.. So waren wir also die meiste Zeit der Zugfahrt mit Essen und aus dem Fenster schauen beschäftigt. Die Landschaft war wunderschön. Überall kleine Hügel, Schaf- und Ziegenherden und alles war mit einem satten Grün getränkt.

Wie zu erwarten, bekamen wir Gesellschaft von einem aufgeschlossenen Mongolen. Er bekam das vierte Bett in unserem Abteil. Bepackt mit einem kleinen Rucksack und einer Einkaufstüte setzte er sich zu uns. Der Inhalt seines Gepäcks bestand gefühlt nur aus Alkohol und Keksen. Kurz nachdem sich der Zug in Bewegung setzte, hatter er auch schon die Vodkaflasche geöffnet und seinen Plastikbecher halb gefüllt. Wir kamen nicht drum herum auch mitzutrinken, denn solch eine Einladung abzulehnen, ist in der Mongolei sehr unhöflich. Unsere Ausrede, dass wir alle schwanger seien, brachten wir dann aus mangelnder Glaubwürdigkeit doch nicht an. Aber zu viert war die Flasche schnell geleert, vor allem weil wir dem Mongolen heimlich Vodka von den eigenen Bechern einschenkten. Mit ihm danach die Flasche Whiskey zu trinken, lehnten wir dann aber doch höflich ab.

So tuckelte der Zug also gemächlich vor sich hin und machte uns das Einschlafen leicht. Jedoch nur bis sich der Mongole später auch hinlegte und mit dem Schnarchen begann..

Am nächsten Morgen um 6.00Uhr wurden wir von den Zugbegleitern geweckt um uns für die Ankunft in Erdenet bereit zu machen. Am Bahnhof wartete ein Lehrer der Schule, die wir heute besuchen sollten, um uns zur Schule zu bringen. Denn der Grund unseres Besuchs war die Auswahl von zwei Deutschlehrern, die ab nächstem Schuljahr dort mit dem Deutschunterricht beginnen werden. Ursprünglich sollten wir auch schon Schüler auswählen, die sich dafür eignen, aber da diese sich weigerten im Juni noch zum Unterricht zu erscheinen, wurde das Auswahlverfahren auf den August verlegt. Nachdem die erste Bewerbungsrunde vorbei war, wurde unsere Hilfe nicht mehr gebraucht und wir verbrachten die restliche Zeit unseres Aufenthalts um die Stadt zu erkunden. Im Gegensatz zu Ulaanbaatar sieht es in Erdenet viel grüner aus. Die Straßen sind von Bäumen geziert und es gibt sogar einen winzigen Park mit einem Springbrunnen. Außerdem ist das Leben dort etwas entspannter. Ich hatte nicht den Eindruck, dass die Leute ständig nur von einem Ort zum anderen hetzen. Die Luft ist nicht so staub- und smogbelastet und die Autos hielten sogar, als wir die Straße überquerten!! Erdenet ist mit 100.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt der Mongolei. Sie wurde erst in den 1970er Jahren für die Mitarbeiter der nahe gelegenen Kupfermine (laut Wikipedia die viertgrößte Kupfermine der Welt!) gegründet. Aufgrund der Arbeit in der Mine zog es auch viele Russen nach Erdenet, wodurch das Stadtbild dementsprechend geprägt wurde.

Da die Stadt schnell besichtigt ist, wanderten wir auch auf zwei der Hügel herum, die die Stadt umgeben. Die Aussicht und das Wetter waren toll, es duftete nach Blumen und ich hatte das erste mal das Gefühl ein Stück der „wirklichen“ Mongolei kennenzulernen.

Mit einem Sonnenbrand der sich sehen lassen kann, verließen wir am nächsten Abend wieder diese Idylle. Aber natürlich nicht ohne Komplikationen.

1. Leichtsinnig ließen wir unser Gepäck nach dem Auschecken im Hotel in einem Partyraum. Die Mitarbeiterin, die gerade Dienst hatte, schloss den Raum für uns sogar ab. Leider war sie – als wir später zurückkehrten, um die Sachen zu holen – nicht mehr im Hotel. Den einzigen Schlüssel hatte sie mitgenommen und wir standen ohne Gepäck da. Nach einigem Hin und Her und ein paar Telefonaten kam sie dann zum Glück kurz reingeschneit, schloss den Raum auf und verschwand wieder.

2. Dann baten wir die netten und zuvorkommenden (haha) Empfangsdamen uns ein Taxi zum Bahnhof zu bestellen. Diese witterten da anscheinend ein gutes Geschäft und vermittelten uns an einen Kumpel, der uns wohl für lau zum Bahnhof fahren würde. Am Bahnhof angekommen, verlangte er zu unserer Überraschung dann doch ziemlich viel Geld von uns. Klar, dass wir ihm das nicht geben wollten, weil es nicht abgesprochen war. Darauf reagierte er aber nicht so nett und wir diskutierten nicht lang mit ihm.

3. Endlich im Zug, sogar mit einem recht zurückhaltenden Mongolen als Abteilnachbarn, gerieten wir erneut in die Klemme. Wir bekamen die Tür unseres Abteils nicht mehr auf. Natürlich war unser männlicher Begleiter in diesem Moment nicht in der Nähe, also hämmerten wir wie wild gegen die Tür um aus dieser misslichen Lage befreit zu werden. Es dauerte eine ganze Weile bis jemand unser Klopfen und die Hilferufe ernst nahm. Zwei Mongolen halfen uns schlussendlich, verstehen konnten sie das Problem aber nicht. Bei ihnen ließ sich die Tür ganz einfach öffnen. Auch nach mehrmaligem Üben schafften wir es nicht allein die Tür aufzumachen und schlossen sie die restliche Zugfahrt einfach nicht mehr zu. Sicher ist sicher.

Ohne weitere Zwischenfälle kamen wir am nächsten Morgen wieder in Ulaanbaatar an.

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