kulturweit

Balkanroute: Abseits der Donau

Tag 7: Von Cetate nach Craiova

Freitagmorgen. Irgendwo im Nirgendwo. Der Kindergeburtstag ist eindeutig vorbei. Der Asphalt brennt. Die Sonnenstrahlen prasseln unerbittlich auf uns nieder. Die Sicht verschwimmt unter den heißen Luftschwaden über der Straße. Geier umkreisen unser Nachtquartier, wohl ahnend, dass das Ende unserer Tour nah ist. Unendliche Weiten soweit das Auge reicht, erstrecken sich am Wegesrand. Schweiß ist zum alltäglichen Begleiter geworden und mischt sich mit Sonnenmilch und Insektenspray zu einer öligen Filmschicht, die uns wie eine zweite Haut überzieht. Schweiß ist es auch, der uns weckt, wenn wir mit ihm durchtränkt von langgezogenen „Auto“ Rufen aus dem Schlaf gerissen werden. Nur gelegentlich erscheinen am Firmament die Konturen eines Autos. Die Wasserflaschen sind betankt, die Taschen sind gesattelt. Stimmung und Motivation sind hoch, bereit für den erneuten Zweikampf. Hier zählt nur: wir gegen die Straße. Noch wissen wir nicht, welche Prüfungen uns noch bevor stehen würden…

7:30 Uhr Ortszeit. Wir starten den Tag, sehr zur Unterhaltung der Einheimischen eines noch recht verschlafend dreinblickenden rumänischen Dorfes mit Dehnübungen. Die Landschaft der ersten Kilometer rast an uns vorbei während wir tagtraumartig, tranceähnlich unsere Drahtesel über Stock und Stein peitschen. Doch dieser hypnotische Zustand fordert seinen Tribut. Ein erster, kleiner Unfall ist zu verzeichnen. Ansonsten katapultieren uns lediglich die Pausen zurück in die Realität. Doch Pause ist nicht gleich Pause. Der gemeine Fahrradkarawanenkulturweitfreiwillige(FKKF) hat ein ausgeklügeltes System zur Katalogisierung der Pausen entwickelt, welche es zu unterscheiden gilt:

Trinkpause (rund 3 Minuten)

Trinkpause+ Toilette (rund 5 Minuten)

Pause vor dem Berg (je nach Bedarf)

Pause auf dem Berg (bis alle da sind)

Mittagspause (all inclusive 40-45 Minuten)

So erklimmen wir spielerisch Berge, retten Schildkröten von der Straße, machen Gruppenfotos im Sonnenblumenfeld, geben unseren Fahrrädern Kampfnamen (Hello Kitty, Wotans Zorn MX Ultra), die das Duell Asphalt- FKKF erleichtern sollen.

Erschöpft, müde aber überglücklich erreichen wir unser Nachtlager, die Sporthalle der DSD – Schule Colegiul National Elena Cuza. Hier werden wir ganz herzlich von Holger Hack, dem Deutschlehrer der Schule, und seinen Schülern empfangen. Gemeinsam haben sie sich ein tolles Programm für uns überlegt – eine Schülerin führt uns durch die Stadt und am Abend gibt es einen bunten Kulturabend mit Musik, Tanz und mit typisch rumänischen Essen, zubereitet von einer Gruppe Schülerinnen. Außerdem tauschen wir uns über unsere Auslandserfahungen aus, denn die Schüler kommen selbst gerade von einem Schüleraustausch in Gütersloh in Deutschland.

Ein unvergesslicher Abend geht zu Ende und voraussichtlich wird niemand heute Probleme haben, einzuschlafen. Eine großes Rätsel begleitet die Karawane jedoch noch wie ein Schatten: Wo ist eigentlich Jonathan?

Benedikt, Belgrad/Serbien

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