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Balkanroute: Wir erreichen den Kulturhafen Cetate

Tag 6 – von Drobeta Turnu Severin nach Cetate

Heute ging es nach unserem Ruhetag (wir berichteten) wieder zurück auf die Fahrräder. Endlich wieder Frühstück um fünf Uhr morgens! Wegen des starken morgendlichen Berufsverkehrs rund um das Ballungsgebiet Drobeta Turnu Severin ließen wir uns erst einmal von einem Minibus einige Kilometer aus der Stadt heraus bringen. An einer stillen Landstraße stiegen wir um sieben Uhr bei frischen 25 Grad auf den Sattel.

Die lange Pause hatte unseren Rädern nicht gut getan. Aus unersichtlichen Gründen machten innerhalb weniger Minuten gleich drei Reifen schlapp. Die defekten Schläuche wurden an Ort und Stelle von unseren fachkundigen Mechanikern Henriette, Ruben und Benedikt ausgetauscht, unser Transporter mit den Ersatzrädern war gerade auf einen Kaffee bei Penny und somit leider akut verhindert. Während die Fahrräder repariert wurden, hatten wir anderen genug Zeit, die südrumänische Fauna ein wenig näher zu untersuchen. Wilder Hanf am Wegesrand? Wir sind uns noch nicht ganz einig, eindeutige Erkenntnisse werden aber spätestens bei der nächsten Grenzkontrolle erwartet.

Unser Weg versetzte uns heute in längst vergangen geglaubte Zeiten. Je höher die Sonne am Himmel steigt, desto mehr prägen Pferdegespanne und Fußgänger das Landstraßenbild. Autos haben wir schon lange keine mehr gesehen, alleine die wenigen Mähdrescher halten unseren Glauben an die Überlegenheit des Verbrennungsmotors aufrecht. Auf den Feldern arbeiten die Menschen mit Harken, Sensen oder auch mit bloßen Händen. Metertiefe Brunnen gewährleisten eine ausreichende Wasserversorgung. Bei unseren Essenspausen – der Transporter ist inzwischen vom Brunch zurück („Boah, ihr seid ja echt schnell heute!“) – werden wir aus sicherer Entfernung von einigen Einheimischen kritisch beäugt. Ob die hier schon mal was von der Deutschen Unesco-Kommission gehört haben? So staunen wir nicht schlecht, als wir bei unseren Ortsdurchfahrten tatsächlich einige Male auf Deutsch begrüßt werden.

Wichtige Erkenntnis des heutigen Tages: EU ist schon cool. Während bei uns in der Heimat über die Abschaffung des Euros diskutiert wird, ist man in Rumänien immer noch sehr froh, dazugehören zu dürfen. Jede Brücke, jede Hauptstraße wurde offenbar mit Geldern aus Brüssel finanziert. An Schulen, Ortseingängen, Rathäusern und sogar Kirchen hängt neben der rumänischen immer auch mindestens eine europäische Fahne. Funkelnagelneue, gähnend leere Umgehungsstraßen werden von aufmerksamen Polizeibataillonen überwacht. Könnte ja mal jemand drauf fahren. Mein persönlicher Höhepunkt des Tages: Ein High Five aus voller Fahrt mit einem schwer beschäftigten rumänischen Verkehrspolizist.

Uns hat der Ruhetag offensichtlich gut getan, inzwischen sind wir recht gut in Form. Die knapp achtzig Kilometer der heutigen Etappe sind schon mittags geschafft, um ein Uhr treffen wir in Cetate ein. Unsere Unterkunft: Eine Künstlerstätte direkt an der Donau, an dem vor zwei Wochen gar die EU-Außenminister einen Tag verbrachten. Auf den Spuren unseres weisen Mentors und Mäzen, Dr. Guido Westerwelle, nehmen wir nach einer kleinen Stärkung ein schönes, kühlendes Schlammbad an den Stränden der Donau.

Jonathan, Pinsk/Belarus

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