„Alles andre ist von hier aus so weit weg“…

Wszystkich Świętych/ All Saints Day/ Allerheiligen
In Deutschland ist Allerheiligen in folgenden Bundesländern ein gesetzlicher Feiertag:
In Baden- Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfahlen, Rheinland-Pfalz und im Saarland.

Hier ist der katholische Glaube also auch stärker verbreitet, als beispielsweise bei uns in Hessen. Was also passiert an diesem Feiertag, welcher stets am 1.November begangen wird?

Die Menschen schmücken die Gräber Verstorbener liebevoll mit Blumen, grünen Zweigen und zünden Grablichter in unterschiedlichsten Ausführungen an. Sie beten und halten Fürbitten.

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Wie entstand dieser Brauch?
Es gibt Hinweise, dass es bereits seit dem 4. Jahrhundert einen Gedenktag für Märtyrer gab. Papst Gregor III. legte diesen Feiertag dann auf den 1.November, um ihn nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Der Tag markierte zu dieser Zeit (Mitte des 8.Jahrhunderts) gleichzeit Winteranfang und den Anfang eines neuen Wirtschaftsjahres, war also sehr bedeutend (Winteranfang? Deswegen ist’s so kalt!).

Mittlerweile gedenkt man nicht mehr nur Märtyrern, sondern „allen Menschen, die Gott einen Platz in ihrem Leben einräumen“, die nach ihrem Tod zu Gott finden sollen.

Halloween wird hier nicht so sehr gefeiert. Ursprünglich war es eine Mischung aus „Jahresendbrauchtum vorchristlicher Zeit, verbunden mit Bräuchen zum Gedenken der Märtyrer und Heiligen sowie Ritualen zur Feier der Vereinigung von Lebenden und Toten“.
Den „Hallows“/ Heiligen wurde an diesen Tagen gedacht und mit Kürbissen und Süßigkeiten hatte das Ganze noch wenig zu tun (wenn mit Steckrüben). Von Irland aus gelangte Halloween durch Auswanderer in die USA, was dort daraus gemacht wurde, wisst ihr ja sicherlich alle (wer von euch schaltet in dieser Nacht alle Lichter aus, verschanzt sich in seiner Wohnung und tut so, als sei er nicht zuhause? Wer geht – grausig verkleidet – feiern?)…AllSaints2

 

Was fasziniert mich so an Allerheiligen?
Klar, auch ich habe als Kind gerne Halloween gefeiert und bin mit meinen Freunden um die Häuser gezogen, habe Sprüche aufgesagt, um an möglichst viel Süßes zu kommen. Davor haben wir gruselige Dinge wie Wurstfinger oder „Gehirn“ gegessen. Das war super!

Doch Allerheiligen hat mich noch viel mehr beeindruckt. Die Atmosphäre ist einfach unglaublich. Friedhöfe sind als traurige, oft trostlose Orte in den Köpfen vieler Menschen abgespeichert. Menschen, welche regelmäßig auf den Friedhof gehen – die sind entweder alt, oder zählen zu einer alternativen Szene, deren Anhänger sich gerne ganz in schwarz kleiden und seltsame Praktiken begehen…
Oder auch nicht. Zugegeben, in einem Hostel nach einer Empfehlung für einen Friedhof zu fragen ist ein komisches Gefühl. Doch es lohnt sich auf jeden Fall. An der Friedhofsmauer vorbeilaufend ahnt man kaum etwas von dem, was einen dahinter erwartet.
Die Nacht des ersten Novembers ist mitnichten schwarz und kalt, denn die Dunkelheit wird von tausenden von Grablichtern – die Bezeichnung Seelenlichter gefällt mir besser – erhellt.
Das Anzünden dieser hat verschiedene Gründe:

Die Lichter sollen die Seelen der Verstorbenen anlocken und ihnen den Weg zum „Ruheplatz des Körpers“ weisen. Außerdem spenden sie Wärme und vertreiben böse Geister und Dämonen. Das Licht bildet eine Schranke zwischen Lebenden und Toten.

Doch auch auf lebende Menschen (wie mich) hat das Licht einen besonderen Einfluss – es wärmt und schenkt Hoffnung. Ich finde es schön zu sehen, dass so viele Menschen an ihre Vorfahren denken, obwohl diese teilweise schon lange nicht mehr auf der Erde sind.
Kaum ein Grab war ohne Kerze, so weit die Jahreszahlen auch zurückliegen mochten.
Einen Schritt durch das Friedhofstor und ein paar weitere, weg von den Hauptwegen, und auf einmal war man irgendwo ganz anders, umgeben von lauter Lichtern und dem Duft nach Wachs. Aber was rede ich, so etwas muss man selbst erlebt haben.
Das ist ein offizieller Aufruf für nächstes Jahr – geht auf den Friedhof!!

Doch seit gewarnt: Früher glaubte man, es sei lebensgefährlich, sich in der Nacht von Allerheiligen auf Allerseelen nach draußen zu wagen. Dämonen und Geister treiben ihr Unwesen!!! Wir scheinen gerade noch einmal glücklich davongekommen zu sein, vielleicht haben uns aber auch die Geister der Verstorbenen beschützt, auf deren Gräbern wir eine Kerze angezündet haben – jetzt kommen die Bilder : )

Kerzenmeer AllSaintsExperiment

2 Gedanken zu “„Alles andre ist von hier aus so weit weg“…

  1. Oh, das klingt ja auch richtig spannend, was du berichtest!:)
    Erstaunlich, wie unterschiedlich in verschiedenen Kulturen mit diesem Thema umgegangen wird. Obwohl hier nicht laut und bunt gefeiert wurde wie in Mexiko, habe ich die Stimmung keinesfalls als negativ oder traurig empfunden..

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