Ein neues Kapitel

Hallöchen!
In den letzten Jahren ist nicht viel passiert – schließlich war zwischendrin ja auch eine drei Jahre lange Zwangspause durch die Covid-19 Pandemie. Aber jetzt soll ein neues Kapitel gestartet werden. Ich bin nun im Master und habe das Gefühl, nicht viel weiter gekommen zu sein seit dem Abitur. Einem großem Teil ist es mit Sicherheit Corona zu verschulden, vieles beruht aber auch auf anderen Dingen.
Nachdem die Pandemie sich verbessert hat und wieder mehr möglich war wusste ich, dass ich eine Pause von Göttingen und vor allem von dem Studium brauche. Ich habe mich also zum einen auf Erasmusplätze in Wien, Bern und Budapest beworben. Für die beiden letzteren habe ich sogar ein Angebot bekommen, welche ich aber beide aus unterschiedlichen Gründen abgesagt habe. Entweder war es zu teuer oder mir hat die Universität nicht zugesagt. Zeitgleich habe ich ich mich auf einen Freiwilligendienst über kulturweit beworben. Ich habe schon wieder komplett vergessen gehabt, dass ich mich dort beworben habe, als die Mail kam, dass meine Bewerbung für die Platzvergabe in frage kommt. Anschließend gab es Interviews und es folgte ein Platzierungsangebot.
Dadurch, dass ich schon sehr viel in meinem Leben gemacht habe und dadurch die Möglichkeit hatte zu begründen, warum ich da und dort gerne hin würde und was ich spezifisch gerne machen möchte, hatte ich Glück und bin in ein spanischsprachiges Land, innerhalb Europa gekommen. Gleichzeitig arbeite sogar noch an einer Schule, wodurch ich mir einen Teil der Zeit als Fachpraktikum in meinem Master anrechnen lassen kann. Besser geht es eigentlich gar nicht.
Ich habe den Platz dann also angenommen und mich um die ganzen organisatorischen Sachen gekümmert. Dadurch, dass ich in Europa bleibe, fielen viele Dinge weg, die mir sonst mein Leben erschwert hätten. Ich hatte zusätzlich das Glück schon relativ schnell ein Zimmer in einer WG gefunden zu haben. Ich werde mir drei anderen deutschen Zusammenwohnen, welche auch an der Schule von mir einen Freiwilligendienst machen. Die Wohnung hat meerblick, ist nah an der Schule und ist wirklich schön – dazu sogar noch bezahlbar. Meine Mitbewohner:innen sind zwar einige Jahre jünger als ich, jedoch denke ich, dass es trotzdem gut klappen wird.
Eigentlich ist also alles perfekt. Die Flüge sind gebucht, meine beste Freundin kommt mich dort besuchen, im Sommer bin ich mit Freunden auf einem Festival und ich habe auch einen Nachmieter für mein WG-Zimmer in Göttingen. Abgesehen davon, dass ich im Studium in zeitliche Schwierigkeiten geraten bin, da ich alle Prüfungen auf dem Ersttermin bestehen musste und die schriftlichen Arbeiten im Semester verfassen musste, da ich ab morgen nicht mehr dazu kommen würde sie zu schreiben, ist alles optimal. Ich habe auch nur einen kleinen Burnout gehabt, um das alles irgendwie zu schaffen.
Trotzdem habe ich Bedenken. Wobei es das nicht richtig beschreibt. Ich habe Angst. Ich befürchte, dass die Auslandserfahrung wieder so wird wie damals in den USA. Des Weiteren fühle ich mich in Göttingen grade wieder so richtig wohl. Ich habe tolle Leute hier, denen ich wirklich was bedeute und auf die ich zählen kann. Jetzt einfach zu gehen ist hart und schwer. Von allen Seiten bekomme ich immer zu hören, dass ich mir keinen Kopf zu machen brauche, dass ich das schon schaffe und ja auch nicht auf den Mund gefallen sei. Aber das hilft mir nicht. Ich weiß, dass ich das (ganz rational) schon irgendwie schaffe und auch, dass ich keine Probleme dabei habe neue Leute kennenzulernen. Jedoch beseitigt das nicht das ungute Gefühl alleine zu sein und nicht einfach die Möglichkeit zu haben meine Freund:innen zu sehen. Es sind knapp 4000 Kilometer zwischen mir und meinem Zuhause.
So kommt es jetzt auch dazu, dass ich diesen Beitrag mitten in der Nacht schreibe. Bis vor zwei Stunden waren noch Freunde hier für einen Spieleabend. Dann waren sie weg und ich alleine. Statt meine Sachen weiter zu packen (was ich sowieso schon die ganze Zeit vor mir aufschiebe) sitze ich hier und lenke mich mit diesem Eintrag ab. Morgen ist mein letzter Tag in Göttingen. Noch nicht der letzte Tag in Deutschland, aber der letzte Tag in der Wohnung, die ich seit mehr als zwei Jahren mein Zuhause nenne. Inzwischen bin ich mir (emotional gesehen) auch nicht mehr sicher, ob ich wirklich ins Ausland gehen möchte. Sehr wahrscheinlich wird es eine gute Zeit und ich würde es langfristig bereuen nicht gegangen zu sein. Aber was ist, wenn es so endet wie damals? Ich habe sehr bereut gegangen zu sein. Ich habe mich alleine und nicht verstanden gefühlt. Ich war einfach so unfassbar froh, als ich wieder in Deutschland war und dieses Kapitel beenden konnte. Ich denke heute noch manchmal zurück und kann nur den Kopf über das schütteln, was mir damals passiert ist.
Aber jetzt bin ich älter. Ich bin reifer. Eigentlich sollte ich damit umgehen können. Aber ich mag meine Komfortzone. Ich möchte sie eigentlich nicht verlassen. In Spanien habe ich keine Konstante, anders in Deutschland auf Festivals, wo nur die Umgebung und die Leute neu sind, aber die Sprache meine eigene ist und ich mindestens eine Person schon lange kenne. Das wird alles anders sein.
Eben, als ich meine Vorhänge zuziehen wollte, ist mir meine Gardinenstange aus der Wand gerissen. Es ist nun ein riesiger Akt, dies wieder hinzubekommen. Eigentlich wollte ich ja morgen Vormittag aus Göttingen fahren. Bei solchen Sachen stelle ich mir dann die Frage, ob das wohl ein Zeichen ist. An sowas glaube ich nicht – aber irgendwie bestätigt es mein Bauchgefühl, dass ich hier bleiben sollte. Natürlich werde ich trotzdem fahren und ich bekomme morgen von einem Freund Hilfe, um diese widerspenstige Stange wieder an der Wand zu belästigen. Aber was ist, wenn es doch nicht nur ein blöder Zufall war?
Ab dem 1. März findet für 10 Tage ein Vorbereitungsseminar von kulturweit in der Nähe von Berlin statt. Am 14. März geht dann der Flieger aus Hamburg. Ich werde also im nächsten Beitrag berichten wie mir die letzte Woche in Braunschweig bei meinen Eltern ergangen ist (ich habe auch noch ein Pfadfinderlager, was die Zeit nochmal schön abrundet). Außerdem war mein Gedankengang, dass ich etwas mehr den Bewerbungsprozess bei kulturweit ausführen könnte (für die, die auch überlegen in der Richtung etwas zu machen) und über das Vorbereitungsseminar berichte.
Also vielleicht liest man sich im nächsten Blogeintrag.
Schönen Tag, schöne Woche, schönes Leben.
Kiara