Nein, nein, nein!
Keine Sorge! Meine Haare sind noch dran. Die des jüngsten Kindes meiner Gastfamilie jedoch nicht mehr.
In der Mongolei ist es Tradition, dass die Haare im Kindesalter abgeschnitten werden. Meist im Alter von 3-5 Jahren. Dann wenn das Kind sich verständlich ausdrücken kann und schon kleine Fingerfertigkeiten besitzt. Man feiert, dass das Kind die ersten anfälligen Lebensjahre überstanden hat und ab nun ist das Kind ein Mitglied der Gesellschaft und nicht mehr ein Wesen zwischen zwei Welten.
„Nach dem Volksglauben ist es bösen Geistern und Dämonen bis zu diesem Tag nicht möglich, das Kind zu finden.“
Den richtigen Zeitpunkt bestimmt ein Lama.
So bestimmte also auch ein Lama, an welchem Tag die Haare des Kindes meiner Familie geschnitten werden sollten. Bei ihr war es ein Montagmorgen im September.
So wunderte ich mich bereits am Wochenende, warum meine Gastfamilie Essen über Essen ins Haus trug und die ganze Zeit am rumwuseln war.
Am Sonntagnachmittag bekam ich dann endlich die Antwort. „Ach übrigens, morgen feiern wir das Haarschneidefest, es wäre schön, wenn du dann dabei sein könntest und nicht in die Schule müsstest!“
Na, klar! Das konnte ich mir doch nicht entgehen lassen- ein mongolisches Familienfest.
Tatsächlich wurde- so vermute ich zumindest- die ganze Nacht gewichtelt: geputzt, gekocht, gebacken.
Es klingelt. Die ganze Mannschaft der Familie kommt hinein marschiert.
Zunächst wird gegessen und getrunken. Wie es eben bei einem Familienfest so üblich ist. (Das ist in Deutschland ja auch nicht anders!)
Gegen 11 wird dann die Haarschneideschere vorbereitet. Sie wird mit einem blauen Tuch, einem sogenannten Khadag versehen (ein buddhistisches Symbol). Dann beginnt der älteste Mann der Familie mit dem Abschneiden der ersten Kinderlocke.
Verständlicherweise war das Geschrei groß. Die Kinder wissen ganz genau was mit ihnen passiert. und wer lässt sich schon freiwillig die Haare abrasieren???
Beim Abschneiden einer Haarsträne werden dem Kind kleine Geschenke und Geld überreicht. So steckt man die Haarsträne in einen Beutel und das Geld/ Geschenke in einen weiteren. Dabei werden auch Segenssprüche genannt. Diese kannte ich jedoch leider nicht.
Nach geduldigem Warten war auch ich endlich an der Reihe. Ganz schön aufregend.
Das Essen und Trinken ging dann natürlich weiter und am Nachmittag fuhren die Eltern mit der Kleinen zum Friseur und ließen die Haare ganz kurz abrasieren.
Ich muss schon sagen, es war anfangs sehr ungewöhnlich sie anzusehen, jedoch habe ich mich nun dran gewöhnt und es sieht auch irgendwie süß aus.
Haare wachsen schließlich nach 😉