„A single story creates stereotypes. And the problem about stereotypes is not that they are untrue, but that they are incomplete. They make one story become the whole story.“ (by Chimamanda Adichie)
Wie fasst man 10 Tage Mexico, ein Land, das vielseitiger nicht sein könnte, in einem Blogartikel zusammen, ohne auszuschweifen, ohne sich in seinen positiven, einmaligen Erinnerungen zu verlieren und vor allem ohne „Single Stories“ zu schreiben, aber dennoch einen ansprechenden Artikel über diese perfekten 10 Tage zu gestalten?
Wenn ihr die Antwort wisst, schreibt mir. Denn ich habe keine gefunden. Ergo: Ich werde einfach drauf los schreiben und hoffe, dass es nicht zu langweilig wird.
Donnerstag, der 28.10.2010: Abflug nach Mexico-City. Intelligenterweise über Costa Rica…war die preiswerteste Alternative, denn Flüge von Nicaragua aus sind unverschämt teuer. Grund: Es gibt keinen Wettbewerb innerhalb Nicaragua…schließlich können sich nur wenige Einwohner einen Flug leisten, und auch der Tourismus hat (zum Glück?) das „Land der Seen und Vulkane“ noch nicht in seiner brutalen Form erreicht.
Gegen Mitternacht sind wir in La ciudad de México angekommen…Ab ins Hostel (Oh ja, ich stehe mittlerweile richtig doll aufs Hostel-Leben…jemand der lust auf Work&Travel in Neuseeland hat ) und „Buenas Noches“.
Freitag, der 29.10.2010: Erster Tag in México-City. Da wir im Centro histórico übernachteten, lag unser Hostel direkt neben DER Kathedrale Mexikos. Vor der Kathedrale ein riesiger Platz. Plaza de la constitución. Krasse Sache. Schon Tage vorher konnte man die Spuren des „Diá de los muertos“ vernehmen…Skuril, verrückt, merkwürdig…und eindeutig faszinierend.
Überall verzierte Totenköpfe, verkleidete Skelette in den verschiedensten Rollen. Särge. Gräber. Überall Geruch von Weihrauch. Künstler die sich nur so austobten. Egal wo man hinsah, ständig war ein Skelett im Blickfeld….
Tim Burton lässt grüßen, ich habe Jack Skellington getroffen, yeah. Und so faszinierend das doch alles war, wollten wir die Zeit, die wir in Mexico-City hatten auch mit einer Stadtrundfahrt im Touri-Bus nutzen…Im Prinzip eine super Sache, um einen Überblick zu bekommen. Mexico-City ist richtig schön. Kein Moloch wie befürchtet. Und super weit entwickelt. Was für ein Schock. Sowas habe ih immerhin seit gut 2 Monaten nicht mehr erblicken dürfen. Hochhäuser? Was geht? Beeindruckend. Leider war es ziemlich kalt. Super, wenn man aus Nicaragua kommt und die einzigen „warmen“ Klamotten, die man hat, aus einer Sweatjacke, einer Jeans und einer Regenjacke bestand…bei 10° eindeutig zu wenig. Doch dank Nicaragua bin ich ja mittlerweile ziemlich gut im Nehmen und habe mich auch nachts noch, nachdem weitere Kulturweit-Freiwillige im Hostel angekommen waren, auf dem Plaza de Constitución rumgetrieben, auf dem man absolut skurile Vorführungen in Bezug auf den Día de los Muertos beobachten konnte.
Samstag + Sonntag, der 30.10.2010 + 31.10.2010.: Treffen mit allen Kulturweit-Freiwilligen aus Mexico, Nicaragua, Costa Rica, Panama, Kolumbien und Jamaika. Fahrt nach Agua Blanca, dem Seminarort im Staate Michoacán.
Angekommen. Wow. Das Seminargebäude, wohl eher ein luxuriöses Spa-Resort, liegt in einer wunderschönen Felsschlucht. Nichts als die beeindruckende Natur. Ruhe. Hängebrücken. Sonne und Wärme (da kamen meine Nicaragua-Anziehsachen doch noch zum Einsatz). Eine HEIßE Dusche. Das Rauschen des Flusses. Super luxuriöse Ausstattung. Und immer wieder der Gedanke „Wow“. Wie privilegiert wir doch sind.
Ganz kulturweit-mäßig stand wieder super viel Programm auf den Plan, sodass man von den Thermalbädern nicht besonders viel hatte. Doch who cares…denn es war super interessant die anderen Freiwilligen wieder zu treffen, sich mit ihnen auszutauschen, zu reflektieren.
Montag, der 01.11.2010: Dieser Tag kriegt eine extra Erwähnung. Denn es war auch ein ganz besonderer Tag. Wie schon erwähnt ist am 02. November der Día de los Muertos (eigentlich der 1. und 2., denn am 1. Tag feiert man die verstorbenen Kinder, am 2. Tag die verstorbenen Erwachsenen) in Mexico. Gerade im Staate Michoacán wird das sehr traditionell gefeiert. Das konnten wir uns ja nicht entgehen lassen.
So kam abends die Präsidenten der Tourismus-Behöre zu Besuch, und baute mit uns allen gemeinsam einen Altar für die Toten auf. Ohja, auch ich durfte etwas auf den Altar legen. Ein Spielzeug, was dem fiktiven Toten in seiner Kindheit gefallen hat. Eine super emotionale Stimmung, die sich völlig entlud, als wir zum Schluss Briefe an uns geliebte, aber verstorbene Menschen auf den Altar legen konnten. Gänsehaut pur.
Zum Altar: Vor dem Altar werden Kerzen aufgestellt, um der Seele des Toten den Weg zu weisen. Auf den Altar kommt dann Brot, Wasser und Früchte, da die Seele natürlich einen weiten Weg vom Himmel auf die Erde hinter sich hat und sich folglich erst einmal verschnaufen muss. Ebenso kommt ein Totenkopf aus Schokolade und Marzipan auf den Tisch, um den Toten daran zu erinnern, dass er tot ist und nicht bleiben kann. Blumen, um ihm zu zeigen, dass er Willkommen ist und damit er es schön hat. Ebenso Weihrauch, um die bösen Geister zu vertreiben. Zu diesen Grundlagen werden dann persönliche Dinge des Toten auf den Altar gestellt. Ein Foto, ein Spielzeug aus der Kindheit, der Lieblings-Alkohol, das Skelett der Katharina (keine Ahnung, warum die meinen Namen tragen muss) um darauf zu verweisen, dass der Tote ein Casanova war. Ein Instrument, das er gespielt hat, etc. Die Möglichkeiten sind unendlich.
Dienstag+Mittwoch, der 02.11.2010 + 03.11.2010: Am Dienstag ging es, neben dem Seminar-Programm auch mit dem Día de los Muertos weiter. Schon morgens ging es los zu zwei Friedhöfen in der Nähe vom Seminarort. Tatsächlich konnten die Gräber nicht bunter sein.
Die Familien saßen an den Gräbern, aßen und tranken, ja, sie feierten mit den geliebten Verstorbenen. Anfangs empfand ich es als sehr unangenehm im totalen Touri-Aufzug über den Friedhof zu laufen und die Einheimischen bei ihren intimen Bräuchen zu beobachten. Doch wir wurden sehr freundlich aufgenommen, sogar darum gebeten, Fotos zu machen.
Eine unvergessliche Erfahrung und ein sehr schöner Brauch.
Am letzen Abend wurde dann noch am Lagerfeuer gewichtelt (jeder musste was aus seinem Gastland mitbringen), ehe sich das wundervolle Seminar dem Ende zuneigte.
Am Mittwochen wurden dann die letzen organisatorischen Sachen geklärt, ehe das Seminar mit einer Piñata (typisches lateinamerikanisches Spiel: Eine aus Papmaché gebastelte Figur gefüllt mit Süßigkeiten wird mit einem Baseballschläger zerstört. Auch ich durfte mit verbundenen Augen drauf einschlagen) beendet wurde. Back to Mexico-City.
Donnerstag, der 04.11.2010:
Nach der ersten Nacht, diesemal in einem anderen Hostel, auch an der Kathedrale, ging es früh morgens los zu den Pyramiden in Tenochtilán. Wieder der Gedanke: Sind wir privilegiert.
Dank einer Mitfreiwilligen, die die Chefin der Ausstellung kennt, mussten wir nur die Fahrt mit dem Bus bezahlen. Dafür war der Eintritt frei, wir wurden den ganzen Tag umher geführt.
Durch die Ausgrabungsstätte und die Museen. Beeindruckend. Normalerweise kostet die Tour zu den Pyramiden schon ohne Führung einen Haufen Geld.
Die Ausgrabungsstätte ist übrigens flachenmäßig die Größte. Vermutlich noch größer, leider konnte man aber nicht weiter graben, da die Stellen besidelt sind und das nicht so einfach geht. Wie auch immer: Beeindruckend. Krass.
Abends dann noch einen Rum-Cola auf der Dach-Terasse des Hostels getrunken, auch wenn es, wieder ziemlich kalt war ( in Mexico-City ist es mit Sonne möglich, im T-shirt rum zu laufen…sobald die Sonne weg ist, von einem Moment auf den anderen, wird es richtig kalt), von der man einen super Ausblick über
die ganze Stadt hat. Vor allem morgens beim Frühstück ein Traum, in der wärmenden Sonne über den Dächern von Mexico zu sitzen.
Freitag, der 05.11.2010: Der Tag stand ganz im Namen der Anthropologie. Mexico-City hat nämlich ein berühmtes Museum, welches sich ganz dem Thema widmet. Nur leider ist es viel zu groß. Wir haben ca. 3 Stunden dort verbracht, und sicherlich noch nciht mal die Hälfte gesehen. Der ganze Input an Informationen, die Überflutung an Eindrücken, hat dann auch irgendwann zu einer gewissen Demotivation geführt, sodass wir das Museum mit dem Atzeken-Kalender abgeschlossen haben und noch über Handwerksmärkte geschlendert sind.
Samstag, der 06.11.2010: Letzer Tag Mexico. Besuch des Torre Latinoamerica. Ein Turm, von dem man eine beeindruckende Aussicht über Mexiko-Stadt hat. Weitere Handwerksmärkte. Der Palacio Nacional, Sitz des Präsidenten. Da der Präsident zur Zeit nicht vor Ort war, hatte man die Gelegenheit, sich auch das Büro des Präsidenten, Konferenzsäle etc. anzuschauen…Bereiche, die sonst nicht zugänglich sind. Wieder mal super Timing. Das machte auch die heftigen Sicherheitsvorkehrungen wieder gut.
Der letzte Abend sollte natürlich schön angegangen werden. Irengdwie waren wir aber plötzlich nur noch drei Freiwillige im Hostel, die anderen hatten sich schon auf den Weg gemacht. Da sich eine von uns nicht so gut fühlte, sind wir also schließlich zu zweit los gegangen, mit der hirnrissigen Idee, die anderen zu suchen. In D-F…ja, wir sind schon lustig.
Das bestätigte uns dann auch ein Mexikaner, der nur wenig älter als wir war und uns einfach mal anquatschte (passiert ziemlich oft. Erstes Gesprächsthema: Unsere hellen Augen. Jedes Mal. Sehr merkwürdig. Und ständig die Frage: „Können wir ein Foto mit dir machen?“ Sehr skuril, sehr merkwürdig, sehr ungewohnt.). Also sind wir mit dem Mexikaner, Grüße an Hugo, mitgegangen. Als er uns in eine ziemlich dunkle Straße führte, machten Wencke und ich uns schon ein wenig Sorgen, als wir dann von Security in Empfang genommen, mit einem Pieper abgetastet und unsere Taschen durchleutet wurden. Wo sind wir hier gelandet? Dann ging es ganz viele Treppen hoch, immer noch die Frage im Hinterkopf „Wo sind wir?“ Oben angekommen bekamen wir die Antwort. Wir landeten in einer Bar/Club, natürlich wieder mal über den Dächern von Mexiko-City. Amüsanterweise teilte der Mexikaner nur für 15 Minuten seine Gegenwart mit uns. Nach der Frage, ob wir einen Freund hätten, die wir mittlerweie intelligenterweise immer mit „ja“ beantworten, musste er ganz dringend seine Bahn bekommen. Dafür hatten Wencke und ich dann aber noch einen wunderschönen Abend in einer super Location, die wir ohne Hugo wohl nie gefunden hätten.
Sonntag, der 07.11.2010:
Rückflug nach Managua, Nicaragua.
Zusammenfassung:
Ein unglaublich emotionaler, beeindruckender, intensiver Urlaub und Zwischenseminar.Eindeutig mit die beste Zeit meines Lebens. Meixko, ich komme wieder. Dank der Menschen, der vielseitigen Natur, der reichen Kultur bekommt Neuseeland hinsichtlich Lieblingsland Konkurenz…aber keine Sorge, vom Thron zu stoßen ist Neuseeland nicht.
Die Tankstelle, um neue Kraft für die nächsten 3 Monate zu tanken. Danke auch an unsere tollen Trainer. WOW.
Hallo Katharina,
freut mich echt, dass dir Mexiko und das Seminar so gut gefallen hat! Noch eine tolle Zeit in Nicaragua und bis zum Nachbereitungsseminar…
schöner Artikel, werd mir ma die Tage rauskopieren
Danke, Mutti