Die 2. Woche neigt sich dem Ende zu. Es ist erstaunlich, dass einerseits die Zeit wie im Flug vergangen ist, aber andererseits ich gleichzeitig das Gefühl habe, schon ewig hier zu sein.
Ganz, ganz komisches Gefühl.
Da in der letzen Woche Ferien im Colegio alemán waren, sah auch mein Alltag der letzen Woche um einiges lockerer aus. Paola, Anna und ich mussten lediglich von 2-4 in der Schule sein, um 9 Seiteneinsteiger (6-11 Jahre alt) in Deutsch zu unterrichten.
Seiteneinsteiger heißt, dass diese Schüler ab dem nächsten Schuljahr (Ende Januar) auch das Colegio alemán besuchen werden, da sie aber noch kein Deutsch können, müssen sie auf das Level der jeweiligen Klassen gebracht werden.
Wie ich schon in meinem letzen Artikel gesagt hatte, etwas utopisch, aber ich muss auch zugeben, dass sie schnell gelernt haben.
Da einige von den Schülern Stipendiaten sind und das Alter auch noch ziemlich gering, waren alle 9 krass motiviert…Hatte ich mir zuvor noch Sorgen gemacht, dass die Kleinen nur rumzappeln oder sich langweilen würden, wurde ich im Nachhinein von einer wissensbegierigen Truppe überrascht, die wirklich gut drauf war, und das obwohl sie vor dem Deutsch-Kurs mit uns auf ihrer noch-jetzigen Schule noch Unterricht hatten.
Es ist unglaublich bestätigend, wenn man im Kreis steht, mit den Schülern ein Wissens-Spiel spielt und fast jeder Schüler sich springend mit einem „Yo, yo, yo“ (Ich, ich, ich) meldet.
So hat der Unterricht auch uns Freiwilligen allen Spaß gemacht. Im Dezember wird es nach Plan einen zweiten Seiteneinsteiger Kurs für die selben Schüler geben. Da freue ich mich jetzt schon drauf.
Auch ansonsten fühle ich mich wohler und wohler in Nicaragua. Zum einen habe ich jetzt endlich eine neue Kamera, die zwar für die Qualität viel zu teuer war, aber gut, besser als gar nix.
Ebenfalls habe ich nun eine neue Matratze, auf der es sich super schlafen lässt.
Auch die Freundlichkeit vieler Menschen hier ist himmlisch. Sei es, dass die Männer dir die Hand reichen, wenn du aus dem Bus aussteigst, oder dass man von Leuten, die man soweit nur einmal gesehen hat, mit dem Auto mitgenommen wird, fahren sie gerade an dir vorbei.
A propos Auto fahren…am vergangenen Dienstag hatte ich wohl die geilste Autofahrt der Welt. Da wir wg der Schulferien immer mit öffentlichen Bussen fahren müssen, und die Verbindung zur Schule nicht die Beste ist, hat uns der Chauffeur von Paolas Familie freundlicherweise mitgenommen.
Allerdings kam er mit dem Geländewagen, in dem es nur eine Sitzbank und hinten eine Ladefläche gab.
Doch kein Problem in Nicaragua. In Nicaragua quetschen Anna und ich mich neben den Fahrer auf die Bank und Paola kam auf meinen Schoß. Aber nach nur wenigen Metern Fahrt steht eine Gruppe von Polizisten vor uns, die wild diskutierte.
Scheiße…normalerweise kann man doch hier sonst fahren, wie man will. Betrunken, mit 10 Leuten in einem Auto, dass für 5 gebaut ist, übermaßig schnell, oder mit Pferdewagen auf einer „Autobahn“.
Doch die Polizisten machten nicht auf sich aufmerksam, um uns anzuhalten, sondern weil sie auf der Ladefläche mitgenommen werden wollten.
So fuhren wir, gequetscht auf der einen Sitzbank mit 10 Polizisten auf der Ladefläche durch Managua.
Ich mag den Fahrstil hier gar nicht, mir gefällt es nicht, dass die Autos, wenn man als Fußgänger die Straßen überquert, draufhalten, dass hier offenbar jede Art Auto zu fahren legitimiert ist…doch diese Autofahrt war trotzdem unglaublich amüsant.
Bus fahren ist dagegen nochmal eine andere Geschichte. Wie schon gesagt fahren hier ausschließlich schon ziemlich mitgenommene typisch amerikansiche Schulbusse oder so Minibusse (ähnlich wie ein Van). Die großen Busse bringen solche Abgase zustande, dass ist wirklich widerlich. Komplett schwarz. Außerdem steht auf jedem Bus vorne etwas à la „Dios es amor“ (Gott ist Liebe). Und die Musik in den Bussen fehlt natürlich auch nicht. Zum Leiden meiner Ohren immer abartig kitschige lateinamerikanische Musik.
Lateinamerikanische Musik..auch ein schwieriges Thema. Prinzipiell mag ich die Musik, doch nicht ständig. Es fängt tierisch an zu nerven, wenn auf Parties hier die ganze Zeit nur diese Musik läuft…Und da ich ja Zumba mache, bin ich die Musik eigentlich gewöhnt…dachte ich. Zum Glück bin ich nicht die Einzige, der das aufgefallen war.
Was das Spanisch angeht, bin ich gerade ziemlich fleißig. Zum einen lese ich grade „Harry Potter y la Orden del Fénix“, zum Anderen schauen Anna und ich fast jeden Abend mit unserem 14-jährigem Gastbruder Renato „los Simpsons“….wenn das nicht cool ist.
Davon abgesehen habe ich diese Woche auch meinen ersten Skorpion gesehen…Gott sei Dank war der schon tot. Da kommt man abends an nichts Böses denkend nach Hause, auf einmal ruft dich die Familie und zeigt dir einen toten Skorpion…Offenbar hatte der sich ins Schlafzimmer meiner Gasteltern geschlichen, was die allerdings mit einem tötenden Spray ganz schnell gelöst haben.
Jetzt habe ich nur ständig ein Skorpion-Trauma und schau immer unter meinem Bett und allen anderen Ecken nach, bevor ich schlafen gehe.
Auf Anfrage einiger Leute nochmal ein paar Worte zum Essen: Das Essen hier ist wirklich super. Das Nationalgericht ist „Gallo Pinto“: Dunkler Reis mit Bohnen und Beilagen jeder Art (Tortillas, Salat, Hühnchen etc.). Während viele Einheimische das morgens, mittags und abends essen, beschränkt sich das bei uns gott sei Dank aufs Abendessen, sodass man genießen kann. Doch auch ansonsten gibt es fast immer irgendwas in Kombinaton mit Reis und Bohnen. Auch Früchte, vor allem Ananas, Melonen, Bananen und Papya stehen immer beim Essen auf den Tisch, was mich ganz glücklich macht. Neben dem Wasser purificada gibt es auch häufig selbstgemachte Fruchtsäfte.
Ein anderes Nationalgericht ist die Yuca-Wurzel…schmeckt so ähnlich wie Kartoffel und wird meistens mit frittierter Schweinehaut oder sowas (klingt schlimmer als es ist, schmeckt wie Chips, Salzstangen, irgendwas in die Richtung) und Salat serviert.
Trotz des Regens, der hier, typisch für die Regenzeit, ab und zu immer wieder in Strömen einsetzt, ehe die Sonne wieder eine unerträgliche Hitze produzieren kann, haben Paola, Marcus und ich es gewagt, nach Granada, einer Kolonialstadt und einer der schönsten Städte Nicaraguas, zu fahren.
So musste ich auch das erste Mal alleine zu Fuß zur Bushaltestelle, habe mich doch erstaunlich sicher gefühlt…wobei ich nicht weiß wie ich das einschätzen soll, weil am Tag zuvor in den Nachrichten kam, dass ein Kubaner am hellichten Tage an einem ziemlich belebten Ort von 3 Einheimischen angequatscht wurde, er solle ihnen sein Handy geben. Daraufhin fragte der Kubaner lediglich „Warum“, was für die Kriminellen Grund genug war, dem Mann 3 Mal ins Bein zu schießen, sodass dieser vor Ort verblutete. Super, so eine Geschichte zu hören, bevor man das erste Mal alleine unterwegs ist.
So hab ich mich erstmal ein weiteres Mal über die Sicherheit in Nicaragua informiert und fand einen ziemlich fundierten Artikel eines Professors, der mich beruhigte.
Bei Interesse : http://www.tropicaldiscovery.com/country_info/nicaragua_safety/urlaub.php
Und tatsächlich schaffte ich es erfolgreich alleine zur Bushaltestelle und in den Bus zur Uni, wo ich mich den anderen traf. Man, war ich stolz und erleichtert 😛
So ging’s dann für 20 Cordoba (ca.70 cent !!!!) nach Granada (die Fahrt dauerte etwas weniger als 60 Minuten!
Angekommen: TRAUM.
Nachdem wir alle etwas Managua entnervt waren, war Granada der Himmel auf Erden. Es gab ein Zentrum. Im Zentrum keine Slums. Eine wunderschöne Kolonialstadt. Eine wunderschöne Kathedrale. Ein riesiger grüner Park. Keine Autos, die draufhalten.Sicheres Gefühl. Kein ständiges Gehupe. Mülleimer. Kein Dreck auf den Straßen.
Man merkte sofort, dass Granada im Gegensatz zu Managua ein touristischer Ort ist. Auch wenn das nicht immer gut ist, war es in dem Moment genau das, was wir brauchten.
Ab ging es auf die Kathedrale. Wunderschöner Ausblick zum Volcan Mombacho, der direkt an Granada grenzt.
Nachdem wir das Hostel, welches auch von meinem Reiseführer empfohlen wurde, gefunden hatten und die Sachen verschlossen hatten, erkundeten wir den ganzen Tag das schöne Granada, trafen andere Freiwillige, trafen auf die Freundlichkeit der Einheimischen.
Und zwar hatte ich mein Geld in den Hosentaschen, da das noch am unauffälligsten ist. Auf dem Weg durch den Park pfiff mir so ein Typ hinter her und meine Standard-Reaktion ist mittlerweile Augen verdrehen und ignorieren, denn das passiert hier ständig. Doch irgendwie war das ein anderes Pfeifen, meine weibliche Intuition hatte mich dazu gebracht, mich doch nach dem Typen umzudrehen. Der deutete dann nickend auf meine Hosentasche, aus dem mein Geld rausschaute. Ich war ihm so unendlich dankbar. Das hätte ganz schön schief gehen können.
Auch wenn ich mich in Granada sehr sicher gefühlt habe, so muss man es ja nicht drauf anlegen.
Dann ging es noch zum Nicaragua-See (wirkt wie ein Meer, weil er so groß ist, dass man das Ende nicht sieht), an dem wir was gechillt haben. Theoretisch kann man auch drin schwimmen, aber da durch die Regenzeit viel zu viel Wasser drin ist, dass den ganzen Schlamm etc. aufgewühlt hat, soll das wohl nicht so ratsam sein.
In dem riesen See gibt es auch „Las Isletas“, kleine Inselchen mit wunderschönen Strand….Zurzeit sind diese allerdings überschwemmt, sodass wir das in der Trockenzeit nachholen müssen.
Ebenfalls wird im Moment davon abgeraten, auf dem Vulkan zu wandern, sodass wir auch das in der Trockenzeit nachholen werden.
Am Abend dann besuchten wir ein Jazz-Konzert von einer Gruppe taiwanischen Jugendlichen in „La casa de los tres mundos“, eine Art kulturelles Zentrum, dass Einheimischen Sorgenkindern Möglichkeiten wie Musizieren, Kunst etc. anbietet. Auch viele Deutsche Freiwillige kommen häufig an diesen Ort. Das Konzert war relativ speziell, aber auch sehr interessant und wir haben den Abend auf jeden Fall genossen.
Allerdings waren wir vom Erkunden alle ziemlich müde und entschlossen uns so, nicht mehr feiern, sondern ab ins Hostel zu gehen.
Mit dem schlafen gehen wurde aber auch nichts, da die restlichen Menschen im Hostel (Studenten aus Holland, Amerika, Deutschland soweit ich weiß) gut am Vorsaufen waren und jedes 2. Wort aus „Fuck you“ bestand. Schließlich haben die Guten noch versucht uns zu überreden mit feiern zu gehen. Doch zum einen waren Paola und ich einfach zu müde, zum anderen hatten wir nicht so wirklich Lust auf zig Besoffene Studenten. Marcus schloss sich der Gruppe aber an und hatte wohl eine ziemlich gute Nacht.
Paola und ich haben dann die Nacht mit ganz viel Quatschen ausklingen lassen.
Sonntag habe ich dann das erste Mal richtig lange geschlafen. Bis halb 11…bisher war ich immer ab halb 9 wach, da die Wände im Haus der Gastfamilie halt sehr dünn sind und man más o menos alles hört.
Auch wenn die Hostel-Betten nicht die bequemsten waren, so war es doch geil, mal auszuschlafen….Vor allem Kollektivschlafen, da alle anderen im Dorm komplett fertig von der Nacht wachen.
Bevor wir gegen 12 auschecken mussten, haben wir noch was mit den netten Holländern gequatscht, die alle eine ziemlich abartig krasse Fahne hatten. Dann gab’s noch was typisch nicaraguanisches zu essen und ab ging’s zurück in das Chaos Managua.
Hier erfuhr ich dann, dass in den nächsten Wochen evtl. noch eine weitere Freiwillige eines anderen Programms aus Spanien hier einziehen wird. Sie ist 22. Wird bestimmt sehr cool. Also Daumen drücken.
Ach übrigens, das Wochenende, zu dem die Nacht, Frühstück, Abendessen, Mittagessen, diverse Flaschen Wasser, Touri-Zeugs, ein Eis, die Fahrt hin und zurück, eine Dusche, Kaffee, ein Handtuch etc. gehört, hat mich gerade mal 515 Córdoba gekostet. Das sind umgerechnet ca. 17, 30 Euro !!!!!!! Hell, yes.
Und das für einen touristischen Ort, genial.
Auch mit dem Wetter hatten wir trotz Regenzeit übelstes Glück. Tagsüber Sonnenschein, nur nachts Regen. Me gustalo mucho<3
Montag geht dann die Arbeit im Kindergarten los, zusätzlich Montags die von uns geleitete TheaterAg (unser Konzept ist genial!) und Di-Fr die Hausaufgabenbetreuung der 3. und 5. Klasse.
Ich bin gespannt.
An alle, die sich meine Texte antun und die ich dafür über alles Liebe ganz viele „Besos“ und „abrazos“.
Und als Geschenk noch ein paar Fotos vom schönen Granada:












