Da kommt ja Weißrussland…

So oder so ähnlich, hat sich angehört wenn ich im Zuge des Vorbereitungsseminars den Raum betrat. Es ist natürlich schwer sich über 200 Namen zu merken und da ich zudem die einzige „kulturweit“ – Freiwillige dieses Jahr in Belarus bin, haben 50 % der Leute einfach Katha durch Weißrussland ersetzt. Ansonsten war das Seminar wirklich sehr nachhaltig, ich habe tolle Leute aus Ost und West, Nord und Süd kennengelernt, die ich natürlich alle am Liebsten in ihren Einsatzländern besuchen würde. Ich habe viel von diesem Seminar mitgenommen, vor allem eine nachhaltige Erkältung, mit der ich immer noch kämpfe, aber ich befinde mich hoffentlich auf dem Weg der Besserung.

Und jetzt zu dem wirklich interessanten Teil: nun zwei Wochen in der neuen Heimat.

Also ich wurde bei meiner Ankunft freundlich von der deutschen Lehrerin der Schule empfangen, sie hat mich zur Wohnung gebracht und mich seit diesem Zeitpunkt stetig mit guten Taten begleitet. Von der Klobürste über den Schrubber zu sämtlichen Plastikdosen und mein persönliches Highlight in der letzten Woche : eine Dose voll Pfefferminztee, der ist hier nämlich schwer bis gar nicht zu bekommen. Zudem hat sie mir für die erste Zeit ihren Ersatzregenschirm überlassen, der ist hier Überlebenswichtig geworden, denn von 14 Tagen, kann ich leider nur 3 ohne Regen verzeichnen.

Über meine Wohnung kann ich nur sagen ich finde sie sehr schön, wenn auch noch einiges ansteht. Ein bisschen Kreativität und Eigeninitiative ist zwar gefordert, aber kein Problem für mich;) Was hingegen ein Problem für mich ist, ist der nicht vorhandene Internetempfang. An guten Tagen funktioniert der Skypechat, aber ansonsten lässt sich nicht mal die Startseite des Internets öffnen. Dafür darf ich das in in der Schule benutzen (war auch bis Freitag kaputt).

Mein Schulweg ist relativ lang, ich fahre mindestens 30-40 Minuten mit dem Bus und kann sagen ich bin sehr froh das ich die letzten acht Jahre kein Buskind war. Dabei sind mir ein paar Eigenheiten beim Busfahren aufgefallen:

  • Die Busse sind in der Regel sehr sehr voll. (Manchmal erinnert mich das an die Bilder der Metro in China, wo extra jemand eingestellt ist, der die Massen in das Fahrzeug drückt.)
  • Das hat zur Folge das die Menschen die noch kein Ticket erworben haben, dies beim Busfahrer tun können, der dabei natürlich gekonnt weiter fährt. Es ist wie beschrieben also nicht möglich einfach vor zu spazieren, deswegen wird das Geld durch den vollgestopften Bus vorgegeben und der der am nächsten dran steht löst das Ticket. Dann wandert das Ticket samt Rückgeld zurück zum Besitzer. ( Ich frage mich tatsächlich, ob das in Deutschland so reibungslos klappen würde.)
  • Rücksichtnahme wird hier groß geschrieben, es wird grundsätzlich für Babuschkas und Deduschkas, aber auch für kleine Kinder, der Sitzplatz geräumt. Aber der geübte Busmitfahrer weiß längst – wer sich rechtzeitig ans Fenster setzt, muss keinen Platz machen, da dies ab einem bestimmten Zeitpunkt eh nicht mehr möglich ist.
  • Der Busfahrer wartet, wenn er sieht das jemand rennt um seinen Bus zu erreichen. Das finde ich sehr aufmerksam, denn auch ich habe diese Erfahrung schon selbst gemacht und ohne diesen Bus wäre ich viel zu spät gekommen.

Die Arbeit gefällt mir gut auch wenn sie zur Zeit noch etwas Computerlastig ist. Die meisten Schüler haben wie erwartet ein hohes Deutschniveau, was mich sehr beeindruckt. Meine Lehrerkollegen sind super nett und helfen mir bei allen möglichen Dingen.Vor allem bei den ganzen Behördengängen, die nötig sind, um registriert zu werden.

Allgemein empfinde ich die meisten Menschen hier als sehr freundlich, wenn ich auf der Straße nach dem Weg frage, werde ich zwar in drei verschiedene Richtungen geschickt, weil keiner zugeben möchte, dass er nicht weiß wo es lang geht, aber ich werde stets lächelnd beraten.

Auch als ich einmal im Supermarkt zu wenig Geld mit hatte, was mir sehr peinlich war, aber an diese ausschließlich aus Scheinen bestehende Währung muss man sich erst mal gewöhnen, hat die Kassiererin einfach so lange in der Schlange gefragt, bis mir jemand seine Einkaufskarte gegeben hat und ich durch Zauberhand weniger bezahlen musste.

Dafür sind die Leute aber auch sehr neugierig, egal ob wartende auf den Ämtern oder die Frau an der Kasse. Sie kommen aus Deutschland? Warum sind Sie nach Belarus gekommen? Was machen Sie hier? Und meine absolute Lieblingsfrage: Was ist wenn Sie sich hier verlieben? Ich probiere immer so diplomatisch wie möglich zu antworten und denke insgeheim, wenn es mich die letzten Jahre in Deutschland nicht erwischt hat, warum dann gerade hier? Egal, es ist ungewohnt so über Privatdinge ,ausgefragt zu werden, aber das hat sicherlich etwas mit Mentalität zu tun.

Mit meinem Sprachkurs habe ich auch schon begonnen und ich fühle mich so als hätte ich nicht nie ein Wort Russisch gehört. Aber wenn man die Wahl hat zwischen Grammatik und Sprachschatz erweitern und Grammatik nimmt ist man ja auch selbst schuld. Meine Lehrerin ist super nett und nachdem ich ihr von meinen Schwierigkeiten mit dem nicht vorhandenen Busplan erzählt habe hat sie (was eigentlich unmöglich ist) einen Stadtführer mit Busplan besorgt. Und das obwohl alle Stellen und auch die regelmäßigen Busfahrer behauptet haben so was gibt es nicht.

Zum Schluss noch ein paar Besonderheiten:

Mein Leitungswasser ist gelb, was an den alten Leitungen liegen soll, aber ich wusste ja vorher das ich hier kein Trinkwasser aus dem Hahn habe.

Schnauben in der Öffentlichkeit gilt als sehr unhöflich und ist nicht erwünscht. Auch das Papiertaschentuch hat sich noch nicht durchgesetzt, dass dem so ist, erfuhr ich erst als ich in der Registrierungsstelle vor einem Beamten in Uniform mein Taschentuch rausholte (und wie die meisten von euch wissen, nicht unbedingt leise geschnaubt habe). Mein Ansprechpartnerin wies mich dann darauf hin und seit dem verstehe ich auch warum neben mir im Bus die Leute immer „hochziehen“.

Die Toiletten sind hier prinzipiell nicht zum sitzen geeignet weder in der Schule noch an sonstigen öffentlichen Orten. Wer Toilettenpapier braucht muss es sich aus Sparsamkeitsgründen selbst mitbringen und dieses wird dann in der Regel auch nicht ins Klo geworfen sondern in dem Eimer daneben, damit die Leitung nicht verstopft. Das ist für mich als Mensch der sehr oft zur Toilette muss noch sehr gewöhnungsbedürftig.

Mein erstes Fazit:

Ich fühle mich hier wohl, bin irgendwie sehr froh über die Ruhe und den Abstand den ich hier habe. Ich weiß wo ich mich melden kann, wen ich gar nicht weiter komme. Die erste Routine ist eingekehrt. Ich hoffe das sich mein Wunsch auf Internetzugang irgendwann erfüllt. Die Arbeit gefällt mir sehr. Die Wochenenden waren bis jetzt immer vollgestopft mit organisatorischen Dingen und Stadterkunden. Es fehlen mir hin und wieder noch ein paar soziale Kontakt zu jüngeren Menschen, weshalb ich mich um so mehr auf ein verlängertes Wochenende in Minsk freue, wo ich bei Freiwilligen einer anderen Organisation unterkomme und am Tag der deutschen Einheit mit ihnen zu einem Konzert in der deutschen Botschaft geladen bin.

8 Gedanken zu „Da kommt ja Weißrussland…

  1. Hallo Katharina,
    haben heut von Deinem Blog gehört, gesucht und auch gleich gefunden,
    die Freude war groß!!!!!!!!
    Spannend und sehr interessant WAS und WIE Du schreibst, lass uns weiter
    an Deinen Erlebnissen teilhaben, bleiben so in Verbindung und freuen uns schon
    auf Deine nächsten „Erzählungen“
    Bis bald und lg aus Bayern von Erika und Siggi

  2. Find ich einfach mal super spannend was du da so erlebst.
    Freue mich auf den nächsten Bericht.

    Lass es dir gut gehen, Katha!
    Liebe Grüße und ein bischen Sonnenschein aus Dresden 😉

  3. hey kathaaaaa ;-))) hoffe es ist alles gut ! schön hier ein paar Worte von dir zu (lesen) 😀
    obwohl ich anfangs nur dachte : neiiiiin warum nich FLORIDA,denke ich das deine neue Wahlheimat dir einiges lehrt 🙂
    bleib weiterhin so fröhlich /aufgeschlossen/ erfinderisch …
    denken oft an dich ,frag jeden tag papa+manu was so los ist bei dir ;-D und bin teilweise echt überrascht hihihihi
    naja du packst das, du bist ja ne Schwerdt …
    viele liebe Schweizer grüsse …. heiko+maria

    • Ich freu mich, dass ihr alle an mich denkt 🙂
      Und nach Amerika kommt man schneller nochmal denke ich 🙂
      Das ist ja hoffentlich nicht mein letztes Auslandsabendteuer 🙂
      Liebe Grüße aus Brest zurück 🙂

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