Da willst du wirklich hin?


Genau das fragte mich meine Freundin gestern als wir eineinhalb Stunden vor einer verschlossenen Botschaft standen, aber von Anfang an.

Nach dem sich die Formulare für das kostenlose Visa in diesem Jahr geändert haben und mein erster Antrag deshalb zurück gewiesen wurde, schickte mir meine Einsatzstelle die entsprechenden Papiere zu und empfahl mir persönlich zur Botschaft zu fahren. Das tat ich dann auch. Gemeinsam mit meiner Freundin planten wir den Tag, an dem wir das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden wollten. Vorher nochmal ein Blick auf die Öffnungszeit 9-12 Uhr und 13-17 Uhr.

Als wir halb 12 in Berlin eintrafen und noch eine Straßenbahntour vor uns hatten, beschlossen wir erst mal zur Einstimmung Russisch essen zu gehen, da wir in der Mittagspause keinen erreichen würden. Trotz der Skepsis meiner Freundin konnte ich sie für die russische Küche begeistern. Sie aß Wareniki mit Kartoffelbreifüllung und Auberginenkaviar und ich Pelmeni mit Smetana 🙂

Wareniki
Pellmeni

Soweit der informelle Teil, kurz nach 1 an der Botschaft musste ich jedoch feststellen, das 9-12 Uhr die Zeit für Konsulatsangelegenheiten war. 13-17 Uhr war lediglich jenen mit Termin und für Telefonanfragen vorgesehen. Dies wurde mir jedoch erst bewusst als die russische Stimme an der Freisprechanlage, unkommentiert wiederauflegte als ich auf Russisch fragte ob Sie Deutsch spreche und das ich wegen eines Visums vorstellig werden wollte. Telefonisch wurde ich erst in die Warteschleife gedrückt und dann weggedrückt, danach ging nur noch der Anrufbeantworter ran.

Doch dann hatte ich einen kleinen Lichtblick ein junger Botschaftsmitarbeiter, der Deutsch sprach kam ans Tor und hörte sich meine Geschichte an. Er sagte er schaue ob sich was machen lässt, will mir aber nichts versprechen. Ich sah ihn nie wieder.

Nach knappen zwei Stunden warten, entschlossen meine Freundin und ich uns unverrichteter Dinge zu gehen. Aufgrund der Fahrkosten, werde ich einen weiteren Anlauf per Post starten. Schließlich rutschte meiner Freundin raus, was sie wahrscheinlich schon länger dachte: “ Da willst du wirklich hin?“.

Ja, das möchte ich. Klar habe ich mich gestern etwas abserviert gefühlt, aber ich hätte ja auch im Vorhinein herausfinden können, das 13- 17 Uhr eben nicht für Visaanträge vorbehalten ist. Ich weiß genau, dass ich nicht besonders geduldig bin und wer weiß wenn ich bis 17 Uhr gewartet hätte, hätte sich vielleicht was getan. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist zwar sehr gering, aber ich bin mir sicher Geduld ist eines der vielen Eigenschaften, die ich in meinem Gastland lernen werde.

Gestern las ich in einem Blog (https://kulturweit.blog/chrichi/uber-mich-und-meine-einsatzstelle/) ein Zitat aus einem Lied für Freiwillige: “Mit offenen Augen geh ich durch die Welt und sehe Dinge, die ich nicht kapier – doch genau deshalb bin ich hier.”

Besser hätte ich es nicht treffen können. Auch wenn es noch bürokratische Hindernisse zu überwinden gibt, bin ich guter Dinge und freu mich wahnsinnig auf mein Jahr in Brest 🙂

Nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen habe, muss ich einen Nachtrag bringen: Es war definitiv meine Schuld, dass ich nichts erreicht habe, denn die Seite auf der ich die oben genannten Öffnungszeiten, war nicht die offizielle Seite der Botschaft, sondern nur der der Auslandsvertretungen. Somit hätte ich diese Warterei durch gründlichere Reschere entgehen können, diese im erfolgte gerade nur leider zu spät. Fehler sind menschlich, trotzdem ärgert es mich ein bisschen. Was übrig bleibt ist trotzdem positiv: ein wunderschöner Tag in Berlin, den ich so schnell nicht vergessen werde und die ohnehin schon bekannte Weisheit: Aus Fehlern lernt man.