Ich denke, ich lebte.

Wie nimmt man Abschied, wenn man gar nicht Abschied nehmen will? Wie kann man ein Jahr Leben verarbeiten und abschließen? Und wie, ja wie finde ich mich wieder ein in Deutschland, in diesem Alltag der nicht mehr der meine ist?

Auch nach fast 5 Monaten zurück in Deutschland mit turbulenten Zeiten hinter mir, in denen ich mich augenscheinlich „eingewöhnt“ habe, stellen sich mir diese Fragen.
Ich war oft überfordert und sprachlos. Und wisst ihr was, das bin ich noch. Zurück zu sein überfordert (zumindest mich) noch mehr und trotz fehlender Sprachbarriere bin ich häufig sprachlos.

Ich bin wieder hier, habe einen neuen Job, eine (nein, zwei) neue Wohnungen, ich reise herum und arbeite viel. Genau genommen im Schnitt 10,5 Stunden am Tag. Und trotzdem. Es bleibt Zeit für diese Momente.

Welche Momente? Na, eben diese. Die, in denen ich Sehnsucht habe nach Chaos, nach den Bergen, nach den vor Abgasen stinkenden, lauten Straßen Almatys. Nach meinen Freunden.

Ich schließe ab und zu die Augen und stelle mir vor, wie ich durch die Straßen laufe. Ich sehe alles ganz genau, sehe die Sovietbauten, die Glaspaläste, die Parks. Ich sehe die Menschen vor mir und rieche den Stadtgeruch. Ich fühle die heiße Sonne auf meiner Haut oder den kalten Winterwind. Manchmal höre ich mir das unmöglichste Lied dieser Welt an „о боже, какой мужчина“. Einfach nur, um mich allem näher zu fühlen. Weil es ein Teil meines Lebens dort war.

Wie, wie bitteschön schließe ich damit ab? Ich glaube gar nicht, es ist und bleibt ein Teil meiner Geschichte. Dieses Jahr ist ein Jahr meines sehr durchschnittlichen Lebens. Ein Jahr. Eine lange und doch sehr kurze Zeit. Ob ich wieder komme? Ich weiß es nicht. Ich hoffe es und hoffe es doch nicht. Denn wenn ich wieder komme wird alles anders sein.

Die Erlebnisse dieses Jahres waren unzählbar und unbezahlbar. Kostbare Erinnerungen, die ich gerne in Marmeladengläsern konservieren würde um jederzeit einen Hauch des Jahres einatmen zu können.

Manchmal lese ich meine eigenen Blogeinträge und freue mich, dass ich das alles festgehalten habe. Und dennoch ist es Zeit, diesen Blog zu beenden.

Ich bedanke mich bei allen für über 13.000 Besuche, bei allen, die nette Kommentare hinterlassen haben und Teil hatten an meinen Erzählungen.

Und wisst ihr, was ich jetzt tue? Was ich in Kasachstan wirklich gelernt habe?

Durchatmen. Atmen. Und denken „все будет хорошо“.Almaty und seine Berge

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