Eine Liebeserklärung durch die Teekanne.

So. Da sitze ich nun. Etwas frustriert und von der Außenwelt abgeschnitten, da sich mein Internet verabschiedet hat. Ohne ein Abschiedwort, war es einfach weg! Dabei wollte ich heute Abend mit meinem Freund skypen. Ich wollte mal loswerden, was ich hier so mag, was mich nervt und das gleiche von ihm erfahren. Alltag eben. Aber nein, das Internet ist weg. Und was jetzt machen?

Also los, Tee aufsetzen, meine kasachische „Deutsches Generalkonsulat“-Tasse rausholen, mich an den Küchentisch setzen und loskritzeln. Denn diese Eintrag ist eigentlich kein Eintrag für den Blog, sondern eine Kritzelei in meinem Kalender/Tagebuch/Scrapbook/Notfallnummernbuch/Wasauchimmerbuch. Und nun los, Frust ablassen! Dabei wollte ich heute Abend doch eigentlich auch mal von den guten Dingen sprechen?

Davon nämlich, dass ich hier angekommen bin. Natürlich nicht vollkommen, aber ich kenne mich einigermaßen aus, ich muss nicht alleine sein, außer ich will es und der Alltag nimmt mich nicht mehr vollkommen in Beschlag. Endlich kann ich mich so richtig aufs Russisch lernen einlassen und Projekte, Ideen, Verrücktheiten angehen.

Ich wollte erzählen, dass ich in der Arbeit ohne größere Nachfragen und Hilfestellungen zurecht komme, seit mehr als zwei Wochen mit Bewerbern telefoniere, sie berate, auch im Büro. Die Tage werden für mich vor lauter Arbeit gefühlt immer kürzer und die Studenten hier an der Uni lerne ich langsam kennen. Besonders schön, sind die verhaltenen „Guten Tag“ Stimmen und das Lächeln, wenn ich auf Russisch antworte. Und ich wollte von meiner Stadt hier erzählen, dass ich sie doch ganz ok finde.

Ja, Almaty und ich, wir brauchen eine Zeit um warm zu werden (auch, wenn ich hier bei 37 Grad Celsius gelandet bin und es jetzt noch maximal 5 Grad hat). Nein, Almaty ist keine schöne Stadt, so wie vielleicht Prag oder Budapest. Aber sie hat ihren eigenen Charme. Ich glaube, dass ich diesen Charme erst recht mit der kalten Jahreszeit entdecken kann und hier auch erst dann hervortritt. Für mich persönlich ist Almaty nicht die Stadt der Städte, keine Stadt, die ich einen Tag kenne und sage, „hier will ich bleiben, wie gut, dass ich ausgerechnet hier gelandet bin!“. Nein, da gab es schon ganz andere Städte, die mich auf Anhieb in ihren Bann gezogen haben. Aber Almaty ist besonders. Besonders wegen den Menschen hier, die mir täglich begegnen.

Ich wollte heute erzählen, wie nett der Hausmeister und die Empfangsdamen sind, auch wenn wir nur drei Wörter täglich wechseln. Dennoch strahlen sie, wenn ich sie anlächle und ich freue mich darauf, wenn ich mit ihnen eine erste richtige Konversation halten kann. Auch von den Verkäuferinnen in meinem Stamm-Supermarkt wollte ich berichten, wie sie unmotiviert durch die Gänge schlurfen, herumsitzen oder sich gegenseitig anzicken. Die Art, wie sie auf Kasachisch „Hä?“ sagen („Hoau?“) und, und, und…

Aber so wie es aussieht, erzähle ich heute nichts mehr. Und ihr habt wieder einmal einen Eintrag bekommen, der davon handelt, dass das Internet streikt und ich somit von Zuhause abgeschnitten bin.

Von Zuhause? Hm… am Ende meiner Kanne Früchtetee drängt sich mir doch glatt die Frage auf, wo jetzt im Moment denn mein Zuhause ist. Bin ich wirklich von Zuhause abgeschnitten? Oder kann ich nicht eventuell einfach vor die Tür gehen? Bin ich längst hier angekommen, so sehr, dass das hier mein Zuhause ist?

Die Antwort, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Aber eines weiß ich: ich freue mich jeden Tag, hier zu sein und diese Erlebnisse machen zu dürfen.

Achja, was ich jetzt heute auch keinem erzählen kann, ist mein bisheriges Highlight hier. Eigentlich kennen es die, die meine Einträge lesen schon. Ich habe Kamele gesehen! Freilaufende in der Steppe bei Schymkent, domestizierte Touristenttraktionskamele in Turkistan und auch einmal, als ich in einem Cafe saß, eines mitten in Almaty! Kamele, hach, da strahle  ich über das ganze Gesicht!

Denn hier freue mich mich endlich wieder so sehr über Kamele, den Schnee, Kleinigkeiten wie lange nicht mehr. Und das macht Kasachstan aus mir: Einen dümmlich grinsenden Menschen mit der Fähigkeit, sich endlich wieder über Kamele und Schnee zu freuen.

Kamele. Schnee. Ein Grinsen über beide Ohren!

Aber das bekommt heute ja niemand mehr zu hören… 🙂

 

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Kamel! In Almaty!

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Tee und Tasse. Buch und Stift.

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Schnee. Das Grinsen ist komplett!

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