Wenn man 73 Stunden auf dem Hintern sitzt
Und sich im Hardseater-Abteil fast zu Tode schwitzt
Könnte man schon mal die Gedanken schweifen lassen
Und eine ganze Reise als Gedicht verfassen.
Reisen gefällt mir natürlich immer sehr
Doch vor einigen Tagen fiel mir der Abschied schwer
Viele Freunde musste ich in Wuhan zurücklassen
Und auch einige Helens-Specials würde ich verpassen.
Doch kaum hatte ich meinen vollgepackten Rucksack zugemacht
Wurde das Reisefieber entfacht.
(natürlich hatte ich die Hälfte in Wuhan vergessen
Doch davon ließ ich mich nun auch nicht mehr stressen)
Mit Flo brach ich schließlich in Richtung Westen auf
Und sah bei einem Zwischenstopp Xi’an im Schnelldurchlauf
Ein Ticket zu den Tonkriegern konnte ich dabei leider nicht kaufen
Aber die werden mir sicherlich eh nicht davonlaufen.
Wir freuten uns, als wir in Lanzhou auf die Freiwilligen Maurice und Sonja trafen
Um gleich zu viert in einem Bett zu schlafen
So dachten wir, wir wären ganz schlaue Sparfüchse
Und fühlten uns leider wie in einer Sardinenbüchse.
Am Morgen gingen wir unser erstes chinesisches Minarett
Und erkannten: Uighuren sind eigentlich ganz nett
Zum Gebet traten wir natürlich nicht hinein
Wir wollten schließlich nicht respektlos sein!
Zum Frühstück haben wir ein paar gute Lanzhou Lamian verdrückt
Und unsere Kameras vor der Lamian-Statue gezückt
Lamian-Nudeln sind übrigens die Spezialität der Region
Und an jeder Ecke gibt es dutzende Restaurants davon
Beim Spazieren kamen uns dann plötzlich ein paar andere Statuen in die Quere
Die entpuppten sich als vier wohlbekannte Charaktere
Son Wukong, Tripitaka, Pigsy und Sandy wählten einst tatsächlich unsere Reiseroute
Und kamen uns nun als Foto-Vorbilder zugute.
Am Ufer des Gelben Flusses gab es Flöße aus Ziegenhaut
Aber bei den Ticketpreisen hätte es uns fast umgehaut
Also haben wir lieber ein Speedboat genommen
Und frischen Wind auf der eigenen Haut bekommen.
Auf dem Nachtmarkt brodelten allerlei Leckereien in Pfannen und Töpfen
Von Grillspießen über fette Seidenraupen bis hin zu Schafsköpfen
Dummerweise wurden die Raupen nur pfundweise angerichtet
Deshalb habe ich darauf lieber verzichtet.
Die Busfahrt zu unserem zweiten Ziel war Nervenkitzel pur
Denn meistens rasten wir hupend auf der Überholspur
Mit Mopsgeschwindigkeit bretterten wir auf abschüssigen Wegen entlang
Und erreichten schließlich die Stadt Xiahe mit dem tibetischen Kloster Labrang.
Dieses Kloster bietet 1200 Mönchen ein Zuhaus
Und die riesige Anlage sieht ziemlich beeindruckend aus
Hier leben die Mönche in Selbstdisziplin und Bescheidenheit
Und finden zwischen Beten und Lernen zum I-Phone-Spielen Zeit.
Tags darauf mussten wir in aller Frühe aufstehen
Um den Mönchen beim Morgengebet zuzusehen
Es lohnte sich jedoch, dabei zu sein
Denn der Kehlgesang ging uns förmlich durch Mark und Bein!
Am Nachmittag standen die San Ke Grasslands auf dem Plan
Dort waren wir von den Pferden sehr angetan
Zwar hatte uns niemand je zu reiten gelehrt
Und trotzdem saßen wir wenig später auf einem Pferd!
So trabten wir über tiefgrüne Hügel und Wiesen
Und hofften, dass unsere Reittiere uns nicht vom Rücken stießen
Wir haben sogar einige grasende Yaks gesehen
Und konnten vor Gesäßschmerzen kaum noch gerade stehen.
Danach setzen wir unsere Reise fort
Und erfanden eine neue Art von Sport
Dauerstehen im Zug hieß die neue Disziplin
– die Garantie für eine Fahrt voller Spaß und Adrenalin!
Denn in Zhangye durften wir einem faszinierenden Naturschauspiel beiwohnen
Im Internet hatten wir bereits die Regenbogenberge abgecheckt
Und vermuteten, dass dort Photoshop in den Bildern steckt.
Erkannten wir – da war nichts gephotoshoppt!
Die Berge haben nämlich wirklich in allen Farben gestrahlt
Als hätte sie jemand bunt angemalt!
Es dauerte nicht lange, bis wir es herausfanden:
Schleimspuren von urzeitlichen Riesenschnecken
Die sich bis heute unter den Hügeln verstecken!
Aber wir gönnten uns wenig Entspannung trotz Matschbirne
Im Biergarten schlemmten wir regionalen Joghurt, Fisch und Bier
Doch dann hieß es wieder: raus aus den Federn morgens um halb vier!
Nach ein paar Stunden kamen wir in der schönsten Stadt Chinas an
– dem versmoggten Industrieloch Jiayuguan!
Als wunderschön erwies sich auch unser Hotel
Und an den Geruch von Scheiße gewöhnten wir uns auch recht schnell.
Zum Glück war unser Aufenthalt dort nur von kurzer Dauer
Aber immerhin stand ich hier zum ersten Mal auf der großen Mauer
Um genau zu sein handelte es sich sogar um ihr Ende
– dahinter gab es früher nur noch wildes und barbarisches Gelände.
Die Fahrt nach Dunhuang prägte eine nachdenkliche Atmosphäre
Denn vor dem Fenster gab es nur meilenweit Sand, Staub und Leere
Im Zugabteil lernten wir ein paar nette Chinesen kennen
Die konnten uns einige fundierte Details über Minderheiten nennen:
„Leider ist deren Gehirn nicht so gut
Dafür haben sie Singen und Tanzen im Blut!“
An dieser Stelle sei das Urteil erlaubt
– so einen Kladderadatsch haben wir nicht geglaubt!
Die Aufregung stieg bei unserer Ankunft in Dunhuang
Denn diese Stadt erstreckt sich direkt an der Wüste entlang
Zuerst aber waren wir über unser Hostel recht froh
Hier fanden wir nämlich eine Waschmaschine und ein sauberes Klo!
Am Abend sind wir mal wieder auf einem Nachtmarkt gewesen
Und trafen uns mit Jason, einem deutschen Hongkong-Chinesen
Mit ihm kam uns für das Abendmahl eine tolle Idee:
Grillspieße und Bier vor den Türmen einer Moschee!
Frisch gestärkt stellten wir unter Beweis:
Auch Laowais kaufen Souvenirs nicht zu jedem Preis!
Handeln in China ist wirklich eine Kunst für sich
Und eigentlich überhaupt nichts für mich.
Zu oft hatte man mich schon über den Tisch gezogen
– doch nochmal wurde ich nicht betrogen
Egal ob für Ohrringe, Sonnenbrillen oder eine traditionelle Kette
Im Teamwork handelten wir erfolgreich um die Wette!
Für den nächsten Tag planten wir, eine Nacht in die Wüste zu gehen
Doch scheinbar hatte Allah uns beim Trinken vor der Moschee gesehen
Als Strafe für unsere Unachtsamkeit
Begann morgens mitten in der Wüste die Regenzeit!
Da konnten wir nur leise hoffen
Dass wir später nicht auf unseren Wüstenschiffen ersoffen
Wenigstens blieb uns bis zum Abend noch ein wenig Zeit
Und so machten wir uns für die Mo Gao Caves bereit.
Beim Ticketschalter fand eine wahre Ungerechtigkeit statt:
Hier erhielten nur chinesische Studenten Studentenrabatt!
Zwar haben wir uns zuvor beim Handeln nicht verarschen lassen
Und mussten jetzt trotzdem unser Geld sinnlos verprassen.
Den Wert dieser kostspieligen Investition
Die Hälfte der uralten Steinwälle
Entpuppten sich wie so oft als einzige Baustelle.
Damit die Besucher des ehemaligen Klosters Orte zum Beten haben
Deren Wände waren durchaus reich verziert
Und mit Gemälden und Statuen aus verschiedenen Kunststilen dekoriert.
Und Reisende aus aller Welt rasteten an dieser Oase
Ob Tibet, Indien, Persien oder ein anderes Ziel
– jeder hinterließ Kunstwerke in seinem eigenen Stil.
Wegen der Oxidation der Farbe bei Kontakt mit dem Tageslicht
Doch immerhin versicherte uns unsere leicht rassistische Touristenführerin:
Früher war ihre Haut „beautiful like our skin“!
Als Highlight des Ganzen hat man uns noch einen Riesenbuddha präsentiert
Dessen Kopf sich auf 26 Metern Höhe im Dunkeln verliert
Vor dem Baugerüst haben wir zum Schluss für ein Foto posiert
Titel: „Freiwillige haben vor Geldverschwendung resigniert“.
Beim Verlassen der Höhlen nahm allerdings ein Wunder seinen Lauf
– plötzlich brach die Wolkendecke auf!
Und als wieder die sengende Sonne schien
Waren wir sicher: Allah hatte uns unsere Dummheit verziehn!
Da wurde in unserer Gruppe wieder die Vorfreude rege
– unserem Wüstenabenteuer stand nichts mehr im Wege!
Schnell rüsteten wir uns mit Proviant für eine ganze Wüstendurchquerung aus
Und fuhren mit unserem Guide aus der Stadt hinaus.
Nicht zu Fuß würden wir den Trip bestreiten
Sondern wieder einmal wollten wir auf edlen Tieren reiten
Breite Hufe, zwei Höcker und eine treuherzige Seele
– unsere Träger waren diesmal Kamele!
Jeder durfte auf seinen persönlichen Partner zeigen
Und dann etwas unsicher in den Sattel steigen
Ich brauchte nicht lange, bis ich meine Entscheidung machte
– mein Kamel war das, das immer nur ans Essen dachte!
Endlich versetzte der Führer dem Leittier einen Stoß
Und unsere kleine Karawane trabte in Richtung Sanddünen los
Obwohl ich meinem Partner zwar fürs Tragen sehr dankte
Musste ich doch zugeben, dass er beim Gehen ziemlich schwankte.
Über eine Einöde voller Wüstengräber ritten wir voran
Und hielten am Fuße der größten Sanddüne an
Hier bauten unsere Guides unsere Zelte auf
Und wir kletterten in flirrender Hitze die Düne hinauf.
Im Handumdrehen war unser ganzer Proviant sandig
Und vom Schwitzen fühlten wir uns recht schmandig
Doch oben angekommen musste ich mir eingestehen
– so einen Ausblick hatte ich noch nie zuvor gesehen!
Bis zum Horizont nur glitzernder Sand
Wie ein bergiger unendlicher Strand
Und über dem weite entfernten Dunhuang
Erstrahlte ein wahrhaft atemberaubender Sonnenuntergang.
Dieses epische Panorama erschien uns derart genial
Dass selbst Tomaten, Zwieback und Aprikosen schmeckten wie das reinste Festmahl
Still genießend lagen wir im warmen Sand
Bis die Sonne vollends vom Himmel verschwand.
Der kühle Wind der Nacht machte uns wieder munter
Und wir rannten mit ausgebreiteten Armen die Düne hinunter
Da man glücklicherweise im Sand immer weich fällt
Erreichte jeder einigermaßen unbeschadet sein Zelt.
Unten haben wir uns ein authentisches Plastikflaschen-Lagerfeuer gebaut
Und gespannt in den leider bedeckten Himmel geschaut
So verpassten wir nicht, wie die Wolken für einen Moment auseinanderzogen
Und ein paar Sternschnuppen freigaben, die durch die Finsternis flogen.
Die Nacht im Zelt dauerte nicht lang
In aller Frühe warteten wir auf den Sonnenaufgang
Bald glühte am Horizont der erste Feuerstreifen schon
Und entwickelte sich zu einer gewaltigen Farbexplosion.
Auf unseren Kamelen ritten wir zurück zur Stadt
Und waren nach dem Abenteuer erst einmal platt
Trotzdem mussten wir die Investition nicht bereuen
Sondern durften uns über eine Erfahrung freuen.
Ein bisschen Kulturprogramm sollte aber auch heute drin sein
Also stiegen wir in ein Taxi Richtung Altstadt ein
Bei unserer Ankunft haben wir allerdings unseren Augen nicht getraut
– die komplette „Altstadt“ war vollkommen neu gebaut!
Dafür zahlten wir nicht auch noch den vollen Eintrittsbetrag
Und so dachte der arme Taxifahrer wohl, die Laowais hätten einen Hitzeschlag
– die haben nämlich vor dem Eingang nur missgelaunt für ein Foto posiert
Titel: „Freiwillige hätten sich besser im Voraus informiert“!
Nach dem Abschied von Jason setzten wir unsere Reise fort
Und hielten zwischendurch in Shulehe, einem verschlafenen Ort
Dort wurden wir beinahe von Fliegenschwärmen gefressen
Immerhin haben wir selbst ebenfalls gut gegessen.
Anschließend freuten wir uns auf eine bequeme Nacht im Hardsleeper-Abteil
Doch hier erwartete mich ein kleines Unheil
In meinem Bett hatte sich bereits eine Schreckschraube breit gemacht
Und die zu verscheuchen war nicht so leicht wie gedacht.
Trotzdem verließen wir am Ende gut entspannt die Eisenbahn
In der heißesten Stadt Chinas – Tulufan!
Das Areal liegt 154 Meter unter dem Meeresspiegel
Und ist als zweittiefst gelegener Ort der Welt ein richtiger Schmelztiegel.
Die Hitze wurde zusätzlich durch einen Minderheitenaufstand angeschürt
Der hatte zum Tod von über dreißig Menschen geführt
Für große Bedenken blieb uns jedoch keine Zeit
Man begegnete uns nämlich mit viel Interesse und Freundlichkeit.
Lediglich unser Hotel war ein bisschen mies
Unser Zimmer glänzte mit dem Charme von einem Gefängnisverließ
Der Putz bröckelte schon seit Jahren von den Wänden
Und zum Putzen schien man wenig Energie zu verschwenden
Dass wir hier schnell raus wollten war klar
Darum verschlug es uns bald auf den großen Basar
Da konnte man meinen, man hätte die letzte Haltestelle verpennt
Und befand sich auf einmal mitten im Orient!
In einer ausgebrannten Halle wurden Teppiche, Karaffen und Stoffe für die angepriesen
Die sich nicht von Nüssen und Trockenobst verführen ließen
Auch wir jagten natürlich nach dem einen oder anderen Schnäppchen
Und ersteigerten uns ein paar traditionelle Uighurenkäppchen.
Ein warmes Mittagessen erhielten wir leider nicht
Weil für Uiguren im Juli der Ramadan anbricht
Tagsüber muss man sich als Muslim in Enthaltsamkeit messen
Und darf erst ab halb neun wieder trinken und essen.
Das nahm mein Magen zwar nur ungern in Kauf
Trotzdem brachen wir ohne ihn zu füllen zum Emin-Minarett auf
Dessen idyllischer Garten eignete sich ausgesprochen gut
Für einen fragwürdigen Photoshoot mit Burka und Uighurenhut.
Und konnten im alten uighurischen Viertel traditionelle Kultur erleben
In den Gassen waren viele spielende Kinder zu sehen
Und zwischen den flachen Lehmhäusern standen immer wieder kleine Moscheen.
Auf den stellten die Anwohner ihre Betten und Sofas drauf
Die Frische des Wassers diente während der heißen Tage
Als eine Art natürliche Klimaanlage.
Es wurde gewaschen und Teppiche geputzt
Während andere träge die Füße ins kühle Nass hingen
Oder eine Runde planschen gingen.
Nach Dämmerung stimmten alle zu, dass wir etwas zu essen brauchten
Und gingen zum Basar, wo jetzt überall Grillfeuer rauchten
Lamian und Grillspieße hatte man wie immer vorzüglich gemacht
Aber eines hätte ich nie gedacht:
Es mag ein bisschen paradox klingen – ich weiß:
Doch ich war in China und vermisste Reis!
Wegen der Trockenheit kann man dessen Anbau im Westen vergessen
Und muss stattdessen tonnenweise Nudeln essen.
Die stärkten uns dennoch für den nächsten Tag
An dem ein Hardcore-Touri-Programm vor uns lag
Gleich vier Ziele hatten wir uns ausgesucht
Und uns dafür unseren eigenen Chauffeur gebucht.
Die man mitten auf einem ungeschützten Plateau gebaut hat
In der Mittagssonne wurde uns der Grund für den Untergang der Bevölkerung klar
– nämlich, dass sie bei lebendigem Leibe gekocht worden war!
Fiel es schwer, ihre ursprüngliche Funktion zu interpretieren
Trotz allem gefiel uns der Besuch sehr
Denn wann ist ein Haufen Geröll schon mal so spektakulär!
Nr. 2 auf der Liste – das „Karez Paradise“
Entpuppte sich leider als ziemlicher Scheiß
Wir hofften, man würde uns hier das unterirdische Bewässerungssystem der Region zeigen
Und die Chance bieten, selbst einmal hinunterzusteigen
Da hatten wir allerdings falsch gedacht
– man hatte aus dem ganzen nur ein überteuertes Museum gemacht
Wenigstens wurden im Garten Trauben angebaut
Von denen haben wir ohne schlechtes Gewissen geklaut.
Die darauf folgenden Gaochang-Ruinen, die sich kaum von Jiaohe unterschieden
Wurden offenbar von Besuchern gemieden
Denn anstelle von lärmenden Touristenscharen
Ließen wir uns als einzige Knallköpfe in der Hitze garen.
Danach haben wir unser Programm ein wenig gestrafft
– bei den flammenden Bergen haben wir es nur bis zum Eingang geschafft
Im Internet hatte ich zuvor gelesen
Hier waren auch die Helden der Reise nach dem Westen einmal gewesen.
Irgendwann wurde hier ein ewiges Feuer entfacht
Und Son Wukong hat es mit seinem magischen Fächer wieder ausgemacht
Doch trotz des Affenkönigs gemeinnütziger Mühen
Schien das Gebirge noch heute zu glühen.
Geglüht haben nach dem Ausflug auch unsere Schuhe
Deshalb gönnten wir uns erst einmal ein wenig Ruhe
Im Café unter Weinreben kehrten wir abends ein
Und gönnten uns ein Gläschen von Chinas bestem Wein.
So endete unser Aufenthalt mit einem Genuss
Und weiter ging es nach Urumqi mit dem Bus
Die Fahrt führte uns vorbei an grünen Wiesen und Feldern
Vorüber an Wüsten, schneebedeckten Bergen und Wäldern.
Angesichts des Verkehrs beschreibt man Urumqi wie folgt am besten:
Das gleiche Chaos wie Wuhan, nur weiter im Westen
Da fühlte ich mich natürlich gleich wie zuhause
Trotzdem machten wir hier nur eine kurze Pause.
Um einmal in einer kasachischen Jurte zu übernachten
An der Endstation galt es nur ein Problem zu überwinden
– wie zum Geier sollten wir eine solche Jurte finden?
Die besaßen selbst so ein traditionelles Zelt!
Scheinbar hatten wir sofort die Richtigen entdeckt
Und wurden mit Kind und Kegel in ein Auto gesteckt.
Wollten wir selbstverständlich nicht gleich in unserer Jurte schlafen
Stattdessen gingen wir wandern an der frischen Luft
Und genossen die Stille und den Tannenduft.
Und kletterten die Felsen an reißenden Wasserfällen hinauf
Irgendwann schickten wir uns jedoch schleunigst zum Nachhauseweg an
Weil es plötzlich zu regnen begann.
Tropfnass und frierend beendeten wir unser kleines Abenteuer
Und wärmten uns in der Jurte am heimeligen Feuer
Doch bevor wir uns in eine der vielen Decken hüllten
Mussten wir überlegen, wie wir unsere hungrigen Mägen füllten.
Im Jurten-Shop nebenan hatten wir Pferde- und Kamelmilch entdeckt
Beides hat nur dummerweise furchtbar sauer geschmeckt
Also gaben wir unseren Gastgebern etwas zu tun
Und bestellten „Da Pan Ji“, ein ganzes Huhn.
Das unglückliche Tier wurde direkt vor der Jurte gefangen
Und dann ist man ihm stilecht an die Gurgel gegangen
Auch wenn man auf dem Teller dann einige Überraschungen gefunden hat
Fühlten wir uns nach dem Festmahl mehr als nur satt.
Unsere Kraft reichte gerade noch für eine Kissenschlacht
Dann haben wir uns ein fürstliches Nachtlager zurechtgemacht
Bei Kasachen-Pop und dem knisternden Feuer konnte uns nicht wohler sein
Und bald schliefen wir bei leisem Trommeln der Regentropfen ein.
Und schon war die Abenteuerlust wieder angesteckt
Hinter der Jurte taten wir unser Tagewerk:
Steig vor dem Frühstück auf einen Berg!
Und blickte hinab auf steile Täler und Tannenwipfel
Für einen Moment setzte ich mich mitten in die blühende Wiese
Und atmete durch in der belebenden Sommerbrise.
Und zu meinen Füßen wuchsen sogar ein paar seltene Edelweiß
Im Hintergrund erschallte gelegentlich Ziegengezeter
– jetzt fehlten eigentlich nur noch Heidi und Peter!
Bekamen wir eine unerwartete Spezialität vom Ort
Endlich mal ein richtig guter, kalter Salat
– in einem salathassenden Land eine kleine Wohltat!
Guter Dinge konnten wir nach Urumqi zurückreisen
Und unseren Neuankömmling Simon willkommen heißen
Mit ihm erkundeten wir den internationalen Basar
Der leider nicht mehr als eine langweilige Touri-Shopping Mall war.
Die Nacht-Basare erwiesen sich da als weit bessere Adressen
Durch die sich jeden Abend Massen von Menschen pressen
Hier brüllten sich gegenseitig die Marktschreier an
Dass man bei ihnen die beste Ware kaufen kann.
Die Düfte aus allerlei bunt gefüllten Säcken
Luden ein, die Nase in die verführerischen Gewürze zu stecken
Mit getrockneten Eidechsen, Schlangenhaut und Hirschgeweihen
Vermochte man sich von jeglichem Leiden zu befreien.
Hin und wieder haben selbst wir Chinageprüfte gestutzt
An der Ecke wurden einem sogar die Ohren geputzt!
Und als Beweis, dass die Behandlung funktioniert
Wird dem Kunden stolz eine Sammlung Ohrenschmalz präsentiert.
Unsere vorletzte Zugfahrt in unser westlichstes Ziel Kashgar
Stellte schließlich noch ein ganz besonderes Erlebnis dar
Zuerst dachten wir aber, das wird nicht so toll
Denn das Hardseater-Abteil war mal wieder gerammelt voll.
Platzangst durfte man hier offenbar nicht besitzen
Man schlief sogar ohne Probleme unter den Sitzen
Auch die Lunge sollte nicht allzu empfindlich sein
Denn durch die geöffneten Fenster wehte unablässig Wüstensand herein.
Beim Wasserholen musste man die Ellenbogen einzusetzen wissen
Da sich die Leute sich wie am Wasserloch in der Savanne um das kostbare Gut rissen
Das ging so weit, dass manche das Wasser einfach vergaßen
Und ihre Instant-Nudeln im Notfall trocken aßen.
Etwas eingeschüchtert von all diesen ungewöhnlichen Dingen
Fragte ich mich: musste ich hier wirklich 26 Stunden verbringen?
Letztendlich verbrachten wir aber doch eine gute Zeit
Denn plötzlich standen wir im Zentrum der Aufmerksamkeit.
Fernab von unseren Einsatzstellen übten wir uns im Freiwilligendasein
Und setzten uns für den Austausch zwischen den Kulturen ein
Der neugierigen Menge zeigten wir europäisches Geld
Und erklärten, wie sich das mit dem Wechselkurs verhält.
Im Gegenzug hat man uns uighurisch beigebracht
Das sich von Chinesisch unterscheidet wie der Tag von der Nacht
Vor allem die Älteren haben oft nie Chinesisch studiert
Zeigten sich aber am Englischlernen hochinteressiert.
Irgendwann hat ein Junge meinen Zeichenblock gefunden
Und begann, meine Skizzen zu erkunden
Bald hatte ich all meine Werke an die Kinder im Zug verteil
Und wurde daraufhin von einer neuen Aufgabe ereilt:
Auf einmal bekam ich Zeichenaufträge bis spät in die Nacht
Und um ein Haar hätte ich kein Auge zugemacht
Dennoch haben wir mit diesen Menschen viel gelacht
Und sie haben uns eine außergewöhnliche Zugfahrt eingebracht.
Wenig später folgte dann schon
Die Ankunft in Kashgar, unserer finalen Destination.
In unserem Hostel erholten wir uns bestens
Und erlebten noch einmal in vollen Zügen die Kultur des chinesischen Nordwestens.
In den Straßen haben wir interessiert betrachtet
Wie man ein Schaf nach muslimischer Art schlachtet
Ob es danach in der prallen Sonne hängt, scheint wohl egal
– Hauptsache, das Fleisch ist „halal“!
Köstlich schmeckte dafür das allzeit frische „Naan“
Dem muslimischen Brot wird ein besonderer Stellenwert zugetan
Ich hätte besser nicht versehentlich einen Krümel auf den Boden geschmissen
Denn wer so etwas Wertvolles fallen lässt, wird ordentlich zusammengeschissen!
Die meisten Menschen waren übrigens in traditionelle Mode gekleidet
Die sich deutlich von dem für uns gewohnten Bild unterscheidet
Und meistens aus farbenfrohen Kleidern, Kopftüchern und Käppchen bestand
– hier hatten nur die dummen Touris auf dem Kopf einen Sonnenbrand!
Als Höhepunkt sind wir freitags für die größte Moschee Chinas getreten
In der zu dieser Zeit über zehntausend Muslime beten
Wer seinen Teppich vergisst, muss nebenbei nicht nachhause laufen
Sondern kann sich mal eben einen Einmal-Gebetsteppich kaufen.
Schließlich genossen wir ein letztes Mal das bunte Treiben der Nacht
Und traten dann unsere letzte große Reise an – so war’s zumindest gedacht
Gemeinsam wollten wir unser Kulturweit-Projekt anstreben
Und 73 Stunden quer durch China im Hardseater überleben.
Doch das Schicksal versetzte uns einen Schlag
– Flo war krank am Abreisetag!
Darum sind die anderen mit ihm vorerst in Kashgar geblieben
Doch ich konnte meine Abreise nicht verschieben.
Ich wollte noch ein paar andere Freunde in China sehen
Und muss meinen Trip nun alleine durchstehen
Darüber folgen noch ausführliche Berichte
Aber das ist eine ganz andere Geschichte!
Jedenfalls habe ich trotz ewiger Zugfahrten und Hitzeschlag-Gefahren
Eine ganz neue Seite von China erfahren
Regenbogenberge, Wüsten, Moscheen und wildes Unterholz
– Son Wukong wäre jetzt sicher auf uns stolz!
Angesichts meiner tollen Begleiter und vielen aufregenden Tagen
Kann ich mich wirklich nicht beklagen
Nun fallen mir langsam keine Reime mehr ein
Deshalb lasse ich es mit folgendem Fazit sein:
Unsere persönliche Reise nach dem Westen
Gehört bisher ungeschlagen zu meinen allerbesten!
