Leise rieselt der Schnee – Eingeschneit in Jordanien

Ja, wer hätte es gedacht: Ausgerechnet hier, mitten im Nahen Osten fällt der Schnee, während es zuhause in Deutschland keine Spur von der weißen Pracht gibt. Aber was in Deutschland am Anfang mit Freude, später mit einem Kopfnicken und dem Griff zur Wintergarderobe zur Kenntnis genommen wird, löst hier mittelschwere Panik aus: Ausnahmesituation Schnee.

Eine Woche früher, am 2. Advent, gab es schon einmal Wetterkapriolen: Nachdem es vorher über Monate knochentrocken gewesen war, schüttete es plötzlich wie aus Kübeln. Im Winter normal, doch trotzdem sind weder das Verkehrsnetz oder die Autofahrer darauf vorbereitet, noch eine ahnungslose Freiwillige, die eiskalt Wüstenstaat mit Trockenheit gleichgesetzt hatte.

Deshalb dachte ich auch nicht daran, am Winteranfang das ganze Feuerholz reinzuholen; schließlich ist so ein Flachdach doch ein ganz guter Lagerplatz, zumindest theoretisch… Erst als ich völlig durchweicht am Goethe-Institut ankam (Ich muss jeden Morgen eine vierspurige Hauptstraße mit viel Wagemut und Rennen überqueren und durch den Regen und mangelnde Abflüsse gab es überraschend tiefe Pfützen^^), dämmerte mir so langsam, dass ich da was vergessen hatte.

Und richtig: Geplant war ein schöner Glühwein-Abend, um sich wenigstens ein bisschen Weihnachtsstimmung nach Jordanien zu holen. Glühwein gab es dann auch, viele hatten noch leckeres Essen mitgebracht und benutzte Flyer aus dem Büro zum Recyceln hatte ich auch dabei – aber irgendwie lief es mit dem Feuer nicht so richtig. Und leider ist die Menge an Spiritus, die man draufspritzen kann, ja auch begrenzt. (Hat aber Spaß gemacht, so lange noch was da war, und gebrannt hat’s auch prima!)

Eingeschneite Palme im Vorgarten

Eingeschneite Palme im Vorgarten

In der nächsten Woche aber ging’s erst so richtig los: Schneesturm im Nahen Osten! Schon die Ankündigung Schnee hat gereicht, dass die Hälfte unserer Workshop-Teilnehmer fluchtartig das Land verließ, da sie wohl  fürchteten, niemals mehr zurück nach Palästina zu kommen. Am nächsten Tag wurden „public holidays“ verkündet, das heißt: Alles, was vom Staat betrieben wird, schließt mit sofortiger Wirkung – Die privat betriebenen Geschäfte und Unternehmen ließen sich die Chance auf Gewinn natürlich nicht wegen ein paar weißer Flocken entgehen. Es ist also alles Ansichtssache.

Das Goethe-Institut schloss an diesem Tag auch schon am frühen Nachmittag. Da meine Wohnung aber über keine nennenswerte Heizung verfügt, hatte ich mich schon auf einen schönen warmen Tag auf der Arbeit gefreut – Falsch gedacht!

Schneeballschlacht vor dem Institut ;)

Schneeballschlacht vor dem Institut 😉

Netterweise wurde ich aber nach einer kleinen Schneeballschlacht mit den Sprachschülern (Dafür, dass die hier nur so selten Schnee haben, können sie überraschend gut zielen!) von meiner Chefin und deren Tochter mit nach Hause genommen.

…Und da blieb ich auch die gesamte nächste Woche. Denn ein Taxi, das die Schlitterpartie auf den Nachbarhügel auf sich nehmen würde, war am Wochenende vom 3.Advent einfach nicht aufzutreiben.

An den nächsten Tagen schneite es noch heftiger, die Straßen waren komplett autofrei, und am Samstag-Abend wagten wir uns noch einmal bei heftigem Schneefall vor die Tür. Das Bild, das sich uns bot, war einmalig: Jordanier standen mit ihren Handys in den Türen und filmten ungläubig das Treiben, die Leute feierten auf dem ersten Zirkel und in Rainbow-Street, bauten Schneemänner, warfen Schneebälle und freuten sich wie kleine Kinder.

Schneefall am Abend...

Schneefall am Abend – Und kein einziges Auto auf den Straßen…

Selbst mit den allgegenwärtigen Wachsoldaten lieferten wir uns ein kurzes Schneeballgefecht, es war eine Stimmung wie an Weihnachten und keine Spur von dem üblichen Feierabendstau mit dem ganzen Hupen, Stress und Geschreie. Der Schmutz und der Müll waren verschwunden und im Licht der Straßenlaternen war die Atmosphäre richtiggehend magisch.

Ich glaube, das war bisher mein schönster Moment hier in der Großstadt Amman.

Ausnahmesituation Schnee eben.