Inzwischen ist es kühl geworden. Ich sitze vor meinem kleinen elektrischen Heizer und höre auf Antenne Bayern die ersten Weihnachtslieder. Und doch hat uns der erste Advent ziemlich überrascht: Letzte Woche konnte man mittags noch im T-Shirt draußen sitzen und fast jeden Tag ist der Himmel strahlend blau. Das Wetter passt also besser in den frühen Herbst als in die Weihnachtszeit, aber im Goethe-Institut wurde heute trotzdem die passende Deko hervorgekramt. Genauer gesagt: Ich hatte die zweifelhafte Ehre, in unserer Garage herumzuklettern und Lametta aus Plastiktüten herauszuzerren.
Und siehe da: Sogar die Teile eines (Plastik-)Weihnachtsbaumes fanden wir! Aber selbst die beiden Herren der Schöpfung, die ich mit der Konstruktion desselben beauftragte, mussten schließlich mangels eines geeigneten Ständers kapitulieren. Hoffentlich finden wir den morgen. In der Zwischenzeit müssen die Sprachkursteilnehmer die deutsche (Weihnachts-)kultur eben anhand der rotgoldenen Christbaumkugeln rekonstruieren…

So langsam kommt Weihnachtsstimmung auf – Man, muss aus dem, was zur Verfügung steht, einfach das Beste rausholen!
Und die Kerze kommt (hoffentlich!) noch…
Und auf dem Bibliothekstisch steht auch ganz stolz ein kleines Kiefernzapfen-Arrangement, ganz frisch aus dem „Skandinavian Forest“. In dem waren wir nämlich am Wochenende, zum Picknick. Das bedeutete, morgens mit drei Autos (Zwei voll ausgestattet mit 4-Rad-Antrieb, ein alter BMW zu Sicherheit in der Mitte) raus aus Amman, dann eine enge „Berg“-Straße hinauf und schließlich noch ein ziemliches Stück offroad, um dem ganzen Müll zu entgehen, den frühere Besucher hinterlassen hatten.
Dann war erst einmal ein bisschen körperliche Betätigung angesagt: Einmal um den Hügel herumwandern, dabei die schönsten Bäume von ihrer Kiefernzapfenlast befreien oder Müll in den mitgebrachten Tüten sammeln, je nach gusto (dreimal dürft ihr raten, in welcher Kategorie ich zu finden war^^). Irgendwie gab es mehr Wanderwege als gedacht und plötzlich waren wir statt 12 Leuten nur noch zu fünft…
Aber macht nichts, irgendwann werden die schon noch eintrudeln, und in der Zwischenzeit kann man ja schon mal Feuer machen! Praktischerweise war auch gleich eine Raucherin in der Nähe. Aber das Feuerzeug hätten wir gar nicht gebraucht, denn ein Stückchen den Berg runter fanden wir noch eine alte Feuerstelle, gesäumt von Whisky-Flaschen, die noch schwach vor sich hin schwelte! Ein bisschen pusten, ein bisschen von dem knochentrockenen Zweigen und Nadeln drauf streuen und schon loderte es wieder munter vor sich hin – Perfekt für die mitgebrachten Alu-Kartoffeln, später gefolgt von Marshmallows, die nicht nur die Kinder super fanden. Sogar ein paar polnische (?!) Lebkuchenherzen aus der Tüte hatten den Weg zu unserem kleinen Picknick gefunden!
Fünf von uns hatten sogar noch genug Energie übrig, um ein wenig Fußball zu spielen. Eine stand dabei am Abhang, um den Ball alle paar Minuten aufzuhalten, aber naja, so waren zumindest alle eingebunden! Meine Mannschaft hat natürlich gewonnen! 😉 (Nicht mein Verdienst, obwohl ich mir redlich Mühe gegeben habe!)
Entsprechend müde waren wir alle auf der Rückfahrt, und unser aller Wunsch war wohl eine heiße Dusche und ein bisschen relaxen am Abend. Wie die anderen das umgesetzt haben, kann ich nicht beurteilen; bei mir jedenfalls scheiterte dieser in jenem Augenblick wunderschön klingende Plan kläglich: Denn als ich meine Wohnung betrat, war groß Party angesagt – Thanksgiving!
Meine amerikanische Mitbewohnerin war wohl dieses Jahr an der Reihe, gefühlt alle Amerikaner in Amman zu diesem hohen Feiertag einzuladen. Mit entsprechenden Mengen an Alkohol… Der Truthahn war ihr ganzer Stolz – und der war auch nicht schlecht! Mein erstes Thanksgiving – in Jordanien! Inklusive Muezzin-Ruf beim Essen auf der Terrasse! 😀
Später in der Nacht, nachdem die Festgesellschaft schon reichlich ausgedünnt war und nur noch der harte Kern von vielleicht 7 Leuten am Tisch saß, gab es noch eine Runde „Blank“. (Für die, die es nicht kennen: Das ist ein Spiel, bei dem man Wörter möglichst humorvoll in die Lücken in vorgegebenen Sätzen einsetzen muss) Die Ironie an der Sache, die auch den 6 Native Speakern nicht entging: Ich musste zwar jedes fünfte Wort erst einmal in Google Translate eingeben – aber dafür gewann ich jede Runde!!!
Ich weiß, irgendwie bekomme ich mehr amerikanische Kultur mit als Jordanische. Aber immerhin: Ich bin weggegangen, um fremde Bräuche kennenzulernen – und das tue ich auch, wenn auch anders als erwartet. Thanksgiving kannte ich vorher immerhin nur aus HIMYM etc., und ich habe das Gefühl, die heimischen Traditionen werden gerade im Ausland viel intensiver gepflegt als zu Hause – ich freu mich schon auf Weihnachten! Die ersten Läden hier in der Rainbow-Street haben auch schon Weihnachtsdekoration und es soll sogar einen Weihnachtsmarkt nicht weit von hier geben! Ich bin ja mal gespannt…^^
Einen schönen Advent euch allen! 🙂

