Kirschblüten, Halloween und Klein-Amerika

Mein Plan für dieses Wochenende: Party in der US-Botschaft, Ausschlafen, Waschtag, früh ins Bett, in aller Herrgottsfrühe aufstehen und ans Tote Meer fahren wegen Sonnenaufgang, Kino mit meinem Sprachpartner und einer Freundin. Klingt doch gut, oder?

Aber hier ist Jordanien, das sollte man nie vergessen, und die typisch deutsche Angewohnheit, Pläne zu machen und sie sogar manchmal auch einzuhalten, ist hier nicht gerade Volkstugend Nummer 1. Also alles kurzfristig umschmeißen, spät in der Nacht rumtelefonieren und neue Einladungen bekommen. Im Endeffekt sah es dann so aus:

Donnerstag-Abend hatte ich spontan einen Platz in einem Hocharabisch-Sprachkurs bekommen. Erstmal zum Reinschnuppern, ob das Niveau auch passt. Aber auf der Arbeit war um 5 noch Land unter, da am Samstag ein großes Deutschlehrer-Event anstand und Freitag wird ja nicht gearbeitet… Ich war noch damit beschäftigt, Teilnehmermappen alphabetisch zu sortieren, als mein Handy dezent in der Hosentasche vibriert: In einer Viertelstunde Sprachkurs!

Also hopp, ins Taxi, auf den Nachbarhügel gefahren, und atemlos in den Unterricht reingeplatzt. Ein paar Grammatiklektionen später saß ich schon wieder im Taxi zurück ins Goethe-Institut; es gab ja schließlich noch Arbeit zu tun und außerdem wurde an dem Abend auch noch „Kirschblüten – Hanami“ gezeigt in der Bücherei gezeigt. Die Party in der US-Botschaft war damit gestorben. Ich kam erst spät in der Nacht nach Hause. War aber gar nicht schlimm, der Film war schön, danach gab’s noch Gespräche und etwas zu trinken und als ich heimkam, fiel ich sofort völlig fertig ins Bett. (Vielleicht sollte man noch erwähnen, dass an dem Abend das Internet wegen Monatsende ausgelaufen war, obwohl da natürlich kein relevanter Zusammenhang besteht! )

Am Freitagmorgen quälte ich mich dann auch schon um halb 8 in der Früh aus dem schönen warmen Bett und ging auf einen sogenannten „Cultural Walk“. Der ging einmal durch mein Stadtviertel, Al Webdeih, mit dem Bürgermeister von Amman höchstpersönlich als Führer. Dachte mir, das wäre ganz sinnvoll, zu wissen, wo man so lebt… Am Ende (um 10, da schlaf ich normalerweise noch!!!) gab es Kaffe, Tee und Croissants im Institut Français, und es wurden fleißig Fotos gemacht.

Zurück daheim lockte das weiche Bett und ehe ich mich versah, schlug ich die Augen erst am Nachmittag wieder auf. Jetzt aber schnell in die Taj Mall. Meine Mitbewohnerin wartete schon sehnsüchtig auf ihr Tor zur Welt. Aus dem kurzem Abschließen eines Internetvertrags wurde dann irgendwie ein halbtägiger Shoppingausflug. Die Malls hier sind schon beeindruckend: Wie Klein-Amerika. Alle größeren westlichen Marken sind vertreten (zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mein Herbsteinkauf hauptsächlich aus H&M bestand – das war durch die Importkosten der einzige bezahlbare Laden, immer noch ungefähr 30% teurer als daheim)

Es gibt eigene Ebenen für Bankgeschäfte, eine riesige Fressmeile mit McDonalds, BurgerKing &Co. und ganz oben 3 (!) verschiedene Kinos und ein paar Nobel-Restaurants. Man könnte da ganze Tage drin verbringen…  Und natürlich habe ich  schon wieder das Gewitter verpasst – als ich das Gebäude verließ, war Alles nass. Mitbekommen habe ich von den anscheinend spektakulären Blitzen und Donner rein gar nichts… Typisch!

Zurück in meiner Wohnung wurde ich auch schon wieder überrascht: Im Wohnzimmer hatte sich eine muntere Näh-Gruppe versammelt. Warum? Es war Halloween! Und für waschechte Amerikaner bedeutet das Verkleidung selbermachen, da es keine Kostümgeschäfte in Amman gibt. Es war zwar schon der 1.November und damit streng genommen keine Kostümpflicht mehr, aber das störte keinen: Am Abend war eine Party über der (ehemaligen?) Botschaft von Urugay geplant und ich musste natürlich mit!

Nach mehreren vergeblichen Versuchen, dass man Halloween in Deutschland (zumindest in meiner Region) nicht wirklich feiert, das bei uns Allerheiligen heißt und ganz bestimmt nicht im Zombiekostüm zelebriert wird, wurde meine Garderobe kritisch auseinandergenommen. Ja, 21 Kilo Einreisegepäck ist nicht viel, und nein, ich habe nicht vor, eine Hose und ein paar T-Shirts zu zerschneiden, die brauch ich doch noch! Nächster Vorschlag: Lara Croft (Wtf!?), leider fehlen Holster und Waffe… Ok, letzter Ausweg: „We have that sheet left… I’ve got an idea!”  Eine Schere und mehrere vergebliche Protestierversuche später verließen 3 gruselig verkleidete Mädels und ein Bettlaken das Haus – Ich hatte keine Chance!

Ich rate jedem, der mit dem Gedanken spielen sollte, meinen Halloween-Kleidungsstil zu imitieren: Hände weg von Absätzen und vor allem Alkohol!!! Wenn das Sichtfeld zwangsweise auf 2x8cm verengt wird, ist das für dich und deine Begleiter kein Spaß! (Naja, rückblickend für die vielleicht schon^^) Und dann gibt  es ja noch so heimtückische Treppen auf dem Weg ins obere Stockwerk… 😀

Die Party war dann einfach genial! Empfangen wurden wir von einem Doctor Who (Englische Party, was erwartet man?) und diesem Typen aus Clockwork Orange (Dieser Film verfolgt mich jetzt seit einem Jahr, das ist echt schon unheimlich – Und ja, ich werde ihn mir anschauen! Ich kann schon hören, wie ein paar spezielle Leute das wieder sagen… 😀 ). Kurz darauf durfte ich dann das Bettlaken endlich ablegen, auch wenn die Geschichte davon die ganze Nacht noch für Belustigung sorgte^^

Am nächsten Tag musste ich übernächtigt zum Sprachkurs antanzen, dann bekam ich einen Anruf  wegen dem Abend: Anstatt Kino gab es einen exklusiven Empfang, organisiert von extra angereisten total wichtigen Kirchenleuten. Davor noch einen Ökumenischen Gottesdienst (da konnte ich leider, leider nicht hin – ich musste mich an meinem Wochenende ja schließlich auch mal ausruhen!), dann ein schickes Essen in Abdoun. Alles in Gedenken an die Situation der syrischen Flüchtlinge in Jordanien…

Sogar die Tagesschau hat darüber berichtet: http://www.tagesschau.de/ausland/syrien-ekd100.html

Bei dem Essen haben wir auch endlich die weltwärts-Freiwilligen in Irbid getroffen – ich wusste gar nicht, dass es welche hier in der Region gibt, aber jetzt haben wir jeweils eine gute Übernachtungsmöglichkeit, die wir hoffentlich auch bald nutzen werden!

Das war mein Wochenende. Völlig anders als geplant, aber einfach großartig! Mal schauen, was das Nächste bringt! 😉

2 Gedanken zu „Kirschblüten, Halloween und Klein-Amerika

  1. Ich LIEBE deine Blogs, hab gerade Tränen übers Betttuch gelacht. Ganz liebe Grüße aus der Heimat!

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