Herbstfest. Eigentlich ein schönes Event. Etwas, was man genießt und was Spaß für jeden bringt. Ist man aber zufällig Praktikantin in einer Einrichtung, die ein solches Herbstfest veranstaltet, und das am Donnerstagabend vor DEM großen Fest in Jordanien, dann kann das ganz schön anspruchsvoll werden. Und wenn dann noch ein paar Dinge schieflaufen…
Im Vorfeld sah das noch ganz anders aus: Niemand war in Eile, alles lief seinen ruhigen Gang, nur hier und da wurde beiläufig gesagt: „Ach, die und die Kleinigkeit übernehmen dann die beiden Praktikanten…“ Es sollte einen DJ mit Musik im Garten geben, und am Nachmittag mehrere Stationen inklusive Basteln für die Kleinen, danach eine Filmvorführung und um 7 die Verleihung der Sprachzeugnisse. Und ein deutscher Bäcker wollte seine Waren an den Mann/die Frau bringen. Eigentlich ganz überschaubar und auch kleiner dimensioniert als das Sommerfest, wurde uns gesagt.
Ok, nichts leichter als das: Ich machte mich schon mal zusammen mit unserer Bibliothekarin an die Planung der Kinderstationen, genügend Betreuer waren anscheinend schon gefunden, sie hätte die Liste irgendwo, kein Problem. Ein bisschen was müsste ich am Nachmittag noch vorbasteln, sonst gab es noch Schoko-Essen mit Mütze, Schal, Handschuh und Äpfelschnappen. Dann war es 1. Unterrichtsbeginn. Alle verschwinden in ihre Klassen, bis auf eine, die einsam in der Bücherei die Stellung hält und zu basteln beginnt.
Plötzlich taucht noch jemand auf: „Die deutsche Musik für den DJ habt ihr, ja? Die ist auf dem Freiwilligencomputer! Sonst ist heute Abend Stille.“ Wie zu erwarten, war auf besagtem Freiwilligencomputer natürlich nichts, oder wenn, dann so gut versteckt, dass nach halbstündiger Suche rein gar nichts auftauchte. Also: Schnell Google und Youtube zu Rate gezogen: Es muss genügend deutschsprachige Musik für einen ganzen Abend Unterhaltung her, nicht einseitig, verschiedene Interpreten, alt und neu gemischt, und es muss natürlich jedem gefallen. Klar, ‘ne Kleinigkeit! Auf CD oder Stick? – Keine Ahnung, mach beides! Also schnell noch eine beschreibbare CD auftreiben und die Lieder einigermaßen ansprechend anordnen. Wieder ne halbe Stunde weg.
Inzwischen war es kurz vor Beginn, die ersten Kinder standen vor der Tür. Vom deutschen Bäcker, der die Eltern verköstigen sollte, natürlich auch keine Spur. Dafür stand plötzlich der DJ da, mitsamt seiner gesamten Ausrüstung und Helfern und wollte schon mal aufbauen.
Und aus irgendeinem, mir nicht begreifbaren Grund, kamen alle, wirklich alle mit wirklich jeder Frage erstmal zu mir: Wo denn die Toiletten seien (Mindestens 10mal!), wann es was zu essen gäbe, was es zu essen gäbe und wo, wann der Film anfängt, ob er wohl zu gruselig für den lieben Nachwuchs sei oder nicht, warum ich nicht verraten hatte, dass es um die Ecke noch ein Apfelspiel gegeben hatte(von einem kleinen Mädchen in höchst empörten Tonfall vorgetragen!) und (Ganze 2 Mal!) ob ich mal schnell das Baby halten könne, da die Mutter auf die Toilette müsse…
Dann wollten noch Fotos gemacht werden, der deutsche Bäcker tauchte – Endlich! – auf (konnte aber peinlicherweise nur Englisch) und in all dem Stress war die Cafeteria, die wir hätten aufbauen müssen, wohl untergegangen. Aber schnell nachgebessert, das Bier kalt gestellt, und schon mal das offenbar typisch deutsche Herbst-Essen (Spätzle mit Linsen und Würstchen) aufgewärmt. Schließlich werden wohl bald die ersten hungrigen Kunden auftauchen. In dem Moment, in dem ich die Spätzle in die Mikrowelle schiebe, wird plötzlich alles dunkel und das Brummen des Kühlschranks verstummt – Stromausfall! Oder halt, es ist nur eine Sicherung rausgeflogen, denn in allen anderen Räumen brennt noch Licht. Gut, dass die Kinder so viele Windlichter gebastelt haben, denn die können wir jetzt gut gebrauchen, damit die Leute wenigstens den Kaffee noch finden. Essen ist ja noch kalt. Und die Mikrowelle lässt sich auch nicht aus dem Schrank ausbauen, der offenbar irgendwie drumherumkonstruiert wurde! Auf der Suche nach dem Sicherungskasten wage ich mich tollkühn alleine in den finsteren Keller, finde aber nur ein paar eher spanisch verdrahtete Mechanismen und einen großen Hauptschalter, den ich sicherheitshalber nicht anrühre.
Der Hausmeister, schon daheim bei seinen Kindern wird angerufen und mit leichter Panik in der Stimme herbeizitiert. Aber wir wären ja nicht in Jordanien, wenn dieser daraufhin sofort in aller Eile herbeirasen würde. Stattdessen trudelt er eine Viertelstunde später total tiefenentspannt ein, geht zum Schrank, öffnet eine kleine staubige Tür darin und erklärt uns kopfschüttelnd: „This is up. And this is down – Easy!“ Und schwups, haben wir wieder Strom, und das Fest kann losgehen!
Als dann später noch das Bier für einen – für jordanische Verhältnisse – Spottpreis verkauft wird, der deutsche Bäcker Krapfen (oder Berliner, oder Pfannkuchen, ich weiß!) und gedeckten Apfelkuchen anbietet und im zauberhaft beleuchteten Garten „Einen Stern, der Deinen Namen trägt…“ (deutschsprachige Lieder laut Google, ich weise jegliche Verantwortung entschieden von mir! 😀 ) ertönt, da ist die Fest-Stimmung dann doch endlich angekommen…
Hallo Carmen,
sitze gerade in der Arbeit und habe deine ganzen Berichte durchgelesen, finde sie einfach toll, super Text und super Bilder.
Freue mich schon auf deinen Berichte, mach weiter so!!!!!!!
Gruss Waltraud
Dankeschön! 😉
Werde mich bemühen, weiter was zusammenzuschreibseln! 😀