Wadi Rum – Mein Wüstenabenteuer (Teil 1)

Auszug aus meinem Tagebuch:

3.Oktober, 18:12:

„Ich schreibe dies hier im schwindenden Wüstenlicht des Wadi Rum, hoch oben auf den Felsklippen über unserem Lager, von der ich sehnsüchtig die Ankunft unseres Guides A. erwarte, der „noch schnell“ im Rum Village Essen holen gefahren ist. Die Staubwolke seines Pick Ups war bis jetzt das letzte Lebenszeichen…“

[…]

…Ein paar Stunden zuvor:

„Unserem schönen deutschen Feiertag haben wir es zu verdanken, dass wir dieses Wochenende in Wadi Rum verbringen durften! Die Planung erfolgte eher spontan am Morgen; Frau K. nahm C. und mich mit zur Busstation, in der schon jede Menge Leute auf den in 5 Minuten losfahrenden Transfer nach Aqaba (!) warteten. Da unser eigentliches Ziel aber abseits des Desert Highway liegt, der von Amman direkt nach Aqaba führt, entstand unsere Idee, der Busfahrer möge uns doch bitte an der Ausfahrt zum Wadi Rum rauslassen – aber falsch gedacht: Jett-Busse werden bei der Ankunft stichprobenartig auf die Vollzähligkeit ihrer Passagiere kontrolliert. Warum auch immer…

Also hieß es betteln: 2 junge deutsche Mädchen, die UNBEDINGT auf ¾ des Weges rausmüssen, da sie NUR dort von ihrem Freund abgeholt werden können. Nach mehrsprachigem Hin- und Her, unter dem leider die Pünktlichkeit der übrigen Gäste ein bisschen leiden musste, ließ sich der Fahrer schließlich doch erweichen, uns am Zoll-Kontrollpunkt (Aqaba ist Duty-free-Zone) noch in der Wüste rauszulassen. Wir mussten ihm dort allerdings genau zeigen, wo dieser „Freund“ denn auf uns wartet: „Ah, the Beduin car! Ok, have fun!“

Also haben wir uns nach einer herzlichen Begrüßung (C. und er kennen sich von früher und haben als Kinder zusammen gespielt) alle drei vorne in den PickUp gequetscht – ich weiß auch nicht, wie C. das die 2 Tage in der Mitte ausgehalten hat. Gut, dass ich den Fensterplatz hatte!^^

Kurz nach dem Losfahren tauchte schon das erste Hindernis auf: Auf diesem Autobahn-Abschnitt wird der Durchgang zur Fahrspur der Gegenrichtung untypischerweise durch eine ca. 1m hohe Barriere blockiert – die nächste Wendemöglichkeit wäre also erst in Aqaba…

Statt jetzt wie ein braver deutscher Bürger bis nach Aqaba zu fahren, dort zu drehen und die ganze Strecke wieder zurückzufahren (was wir beide gemacht hätten^^), legt unser Guide kurzerhand den Rückwärtsgang ein – Auf der Autobahn darf man ja schließlich nicht wenden, und von Rückwärtsfahren hat niemand was gesagt! Also mit ordentlich Tempo auf der linken Spur die ca. 500m zurück. Dort der Polizeiwache auf wütendem Arabisch die eigene unzumutbare Situation klar gemacht, und schon verschwanden die Spikes!

Ohne Probleme ging’s den Desert Highway zurück bis zur Ausfahrt „Wadi Rum“. Und als hätte es jemand eigens für uns dort hingestellt, stießen wir auch gleich auf unser erstes Kamel – nur leider mitten auf der Straße! „Camels are really dangerous!“ – deshalb erst mal runterbremsen, laut hupen (als ob sich so ein vollkommen relaxtes Kamel dadurch aus der Ruhe bringen lässt!­) und im Zentimeterabstand daran vorbei.

[…]

3.Oktober, 19:07:

Immer noch keine Spur von unserem Guide. Inzwischen ist es dunkel und wir behelfen uns mit fahl schimmernden Handy-Displays als Beleuchtung. Die Temperatur fällt auch immer weiter, aber immerhin liegen ein paar Decken im Zelt…“

3. Oktober, 19:45:

„Er kam zurück!!!
Und hat den Generator angeworfen, sodass ich wieder schreiben kann:

Also, gleich nach der Ankunft in Rum Village ging’s auch schon wieder weiter, die Straße runter – und plötzlich war da nur noch Sand. Roter Sand überall vor einem, auf beiden Seiten gesäumt von gewaltigen Felsformationen, die wie willkürlich hingeworfen wirken. Rechts von uns ein paar vereinzelte ängstliche Touristen, die sich auf ihren Kamelen festklammer: Ein Riesenspaß für die Beduinen, die die Kamele führen. 😀

Ein paar gut durchgerüttelte Kilometer weiter, hält A. plötzlich an, nimmt eines seiner 3 (!) Handys und steigt aus. Hier sei der letzte Punkt, an dem man noch Empfang hat, und das auch nur mit manchen Handys. Welches seiner drei Stück er mitgenommen hat? Natürlich das Nokia. Die Dinger sind echt unverwüstlich. (Achtung, Wortwitz!^^)

Nach ein paar Minuten angeregter Gespräche mit diversen Bekannten, Verwandten etc. geht es weier. (Ja, Beduinen sehen zwar ultra-traditionell aus, verwenden aber trotzdem mit größter Selbstverständlichkeit Smartphones, iPods und facebook!) Ein Wunder, was dieser Pick Up alles leisten kann! Einmal quer über ein paar Felsplatten, die fast senkrecht im Sand steckten! Allerdings muss man vorher die Luft aus den Reifen lassen, um im Sand voranzukommen. Auch so ist es noch eine ziemliche Schlitterpartie; hier und da hält er kurz an, um Feuerholz zu sammeln. Das brauchen wir dann auch dringend in der (Nach-)Mittagspause in einer Felsspalte: Es gibt eine Art Eintopf aus frischen Zwiebeln, Tomaten, Bohnen und noch anderem Unidentifizierbaren  aus der Dose, auf offenem Feuer ganz schnell zubereitet; und danach Siesta.

Es ist unheimlich still. So eine Stille habe ich noch nie erlebt. Man könnte wortwörtlich das Gras wachsen hören, wenn es hier denn welches gäbe. Aber nichts! Die Stille legt sich einem aufs Ohr wie eine Decke und man zögert überhaupt etwas zu sagen und sie zu brechen. Vielleicht ist das auch ganz gut so.
Ein paar wenige Vögel ziehen weit über uns ihre Kreise, hoffen, dass etwas für sie übrig bleibt, nachdem die Eindringlinge wieder verschwunden sind. Man kann sogar hören, wie die Luft an den Kanten ihrer Flügel vorbeizischt, ein ganz leises  Geräusch, dass außerhalb der Wüste im Alltagslärm untergeht.

A. erzählt uns, dass er selbst einmal einen kleinen Adler (oder Falken, mein Arabisch war nicht gut genug dafür) aufgezogen und abgerichtet hat. Seine rote Haube hängt immer noch in der Führerkabine des Pick Up, wunderschön verziert.

[…]

Aufgrund eines hartnäckigen Angriffs der mutmaßlichen „Wüsten-Spring-Mistkäfer“ (biologische Klassifizierung erstmals durch Wüstenexpertin C. 😉 ) breche ich meinen Bericht an dieser Stelle lieber ab und begebe mich zu den anderen nach draußen, die gerade unser Original-Beduinen -Essen im Sand vergraben!

[…]

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