Vorneweg gleich mal eine riesige Entschuldigung an alle, die hier vielleicht mal des Öfteren reingeschaut und nur gähnende Leere vorgefunden haben – aber dieses Mal habe ich sogar untypischerweise einen triftigen Grund für mein Versäumnis vorzuweisen: Ich war auf Wohnungssuche! Und das recht intensiv, wie ich meine: Jede freie Minute ging dafür drauf, im Internet zu schauen, Leute anzurufen, oder – wenn ich ganz besonders am Verzweifeln war –durch die Viertel zu laufen, die in Frage kamen, und jeden Laternenmast, jeden Hauseingang, wirklich jeden Zaunpfahl gründlich auf Telefonnummern zu untersuchen. Wie ich jetzt gemerkt habe, wird man diese zwei Wochen lang trainierte Angewohnheit auch so schnell nicht mehr los…
Um es kurz zu machen: Ich habe ein Zimmer! Lustigerweise ist es das Erste, das wir überhaupt besichtigt hatten. Zwischenzeitlich war jemand anderes eingezogen, der jedoch nach einer Woche aufgrund familiärer Probleme wieder abgesprungen ist. Eigentlich ein blöder Grund, nun doch das Zimmer zu bekommen. Aber die Sicherheit, die nächsten Wochen ein Dach über dem Kopf zu haben und – man höre und staune! – sogar ein eigenes Bett inklusive individuell schließbarer Tür statt einer Couch mitten im Wohnzimmer, das war doch ein schlagendes Argumente dafür, so schnell wie möglich einzuziehen.
Der kurzen Euphorie folgte beim Einzug dann aber schnell die Ernüchterung: Ganz so perfekt wie angenommen ist das Zimmer doch nicht: Nachdem ich mehrere gefühlte Tonnen Staub und Schmutz per Taschentuch und Wasser entfernt hatte (und dabei überaschenderweise mehrere deutsche Poster über eine Kunstausstellung in Bremen aus dem vorigen Jahrtausend gefunden habe^^), und meine kompletten Sachen in einem Miniaturschrank verstaut hatte, wandte ich mich dem weitaus größeren Problem zu: Die zwei Einzelbetten, die mir zuvor als unnötiger Luxus erschienen waren, waren nicht ganz das, was man sich unter „stabil“, „unbeschädigt“ oder auch nur „benutzbar“ vorstellt. Mit anderen Worten: Es waren meine Heimwerkerkünste gefragt! Für die, die mich nicht so gut kennen: Selbige sind bei mir praktisch überhaupt nicht vorhanden, ich bin da eher ein klassisches Akademikerbeispiel mit zwei linken Händen. Noch dazu kam, dass ich verständlicherweise kein Werkzeug nach Jordanien mitgenommen hatte, außer meinem kleinen Lebensretter, einem Werbegeschenk-Taschenmesser für Notfälle.
Aber da hilft kein Zaudern und kein Stöhnen: Wer wo schlafen will, muss zuerst mal schrauben – Und so ein Bett hat viele Schrauben! Schließlich habe ich ein Bett komplett zerlegt (das Brett an der Seite war zersplittert) und dessen Latten-„Rost“ (=mehrere, an zwei Stoffstreifen getackerte Holzstücke) in das andere eingelegt. Bei diesem noch die Schrauben reindrehen, beide Matratzen aufeinanderlegen, um das Durchsinken in der Mitte auf ein erträgliches Maß zu reduzieren (nur noch ca. 20cm!), und fertig!
Immerhin einen kleinen Bonus gbt es: Im Zimmer steht auch ein Bücherregal, in dem anscheinend alle vorigen Mieter ihre Bücher zurückgelassen haben – und das waren eine Menge! Nicht immer Englisch oder Deutsch, aber immerhin: Ich freu‘ mich! 🙂
Der Vermieter wohnt auch gleich untendrunter und kennt meine Chefin. Also war ich im gleich ein Begriff, da die beiden sich erst neulich im Theater gesehen hatten… Nachdem das Geld bar über den Tisch gewandert war (wie schon erwähnt, läuft das hier ohne jeden Mietvertrag oder sonstige schriftliche Vereinbarung), schnitt er uns kurzerhand noch ein paar Trauben aus dem hauseigenen Garten ab. Einen Garten zu haben ist in dem Viertel, in dem ich wohne – und nach meinem bisherigen Kenntnisstand auch in halb Amman – wirklich etwas ganz Besonderes. Meistens wird jeder verfügbare Meter dazu verwendet, mehrstöckige Wohnklötze hochzuziehen, die aber immerhin mit hübschem weißen Stein verziert werden.
Was ich die letzten Wochen erlebt habe…
..wäre viel zu viel, um es in einen einzigen Artikel zu quetschen, also beschränke ich mich auf ein paar Big Points, und lagere ein, zwei Erlebnisse in andere Blogeinträge aus. Darunter wird auch der spektakuläre Ausflug nach Wadi Rum zu finden sein, denn dieses Wochenende schliefen wir unter den Sternen, ritten auf Kamelen – aber davon später mehr…
Noch mal zurück zum Anfang: Hier muss ich schon meine Notizen zu Rate ziehen, denn obwohl es nur zwei Wochen her ist, überlagern die ganzen neuen Eindrücke ganz schnell die Erinnerung an die ersten Tage hier. Und in tiefere Schichten meines Gedächtnisses vorzustoßen, ist für mich ja ziemlich harte Arbeit, wie manche von euch wissen 😉
Also: Nach einer ausgedehnten Poster- und Flyer-Falt-Session am Donnerstag, lud uns unsere Chefin ein, mit ihr, ihrem Mann, und ihrer Nichte C., die gerade ein Praktikum hier macht, am Wochenende Wandern zu gehen. Wir sagten ja, und bekamen ein kurzes „Ok, dann morgen früh, halb 9, am 4.Circle – Bis dann!“ als Antwort. Nach einem kurzen Augenblick der Verwirrung (Ja, stimmt, das Wochenende beginnt hier ja schon am Freitag!) und mehrmaligem Nachfragen hatten wir dann auch eine ungefähre Vorstellung, wo genau und mit welcher Ausrüstung wir da morgen auftauchen sollten.
Eines lernt man schnell: Warnungen, was die passende Kopfbedeckung bei Wüstensonne sei und wie viel Wasser man wohl mitschleppen muss, sollte man nicht leichtfertig in den Wind schlagen: Zum Glück für uns hatte unsere Chefin ausreichend Sonnencreme und Wasser dabei. Trotzdem: Nach circa 3 Stunden bergrauf, bergrunter wurde es dann doch ein wenig anstrengend.
Aber wir wurden auch belohnt: Die Landschaft ist im Norden Jordaniens völlig anders als man es erwartet. Es sieht eher aus wie in Griechenland oder Südspanien und selbst im trockenen Spätsommer sind noch viele Bäume und Sträucher saftig grün und tragen Früchte, z.B Weintrauben. Die bekommt man dann als fröhliche Wandergruppe auch gerne mal von netten Bauern am Wegesrand mitten im Nirgendwo geschenkt, und das in rauen Mengen. Echt lecker und super als Wegzehrung!

So sieht es im Norden von Jordanien aus – soll aber im Frühling noch viel schöner sein wegen all der Blumen, die dann blühen!
Der Rückweg war dann auch ein Erlebnis für sich: Da es keine Busse gibt und wir ewig weit weg von unserem Startpunkt und dem Auto waren, läuft das Ganze in den ländlichen Regionen normalerweise folgendermaßen ab: Man läuft kurzerhand in den nächsten Minimarket/Obststand/Vorgarten etc., quatscht, so man denn des Arabischen mächtig ist, munter drauflos und schildert demjenigen seine Notlage. Dieser wird dann einen Freund/Bekannten/Verwandten etc. anrufen, der wiederum jemanden mit einem – im günstigsten Fall ausreichend großen – Auto kennt, der einen dann abholen kommt. Die Wartezeit verbringt man natürlich in besagtem Minimarket und konsumiert dabei kräftig, sozusagen als Aufwandsentschädigung. In unserem Fall waren es mehrere Wasserflaschen, ein paar Dosen Cola und ein Bier, wenn ich mich recht erinnere.
Das Auto war in der Theorie auf 4-5 dünne Personen ausgelegt, zu sechst wurde es unter der sengenden Sonne Jordaniens doch recht kuschelig im Wagen. Aber wer zu zehnt mit einem Twingo fahren kann, den schreckt nichts mehr! 😉
Zurück im Dorf hieß es, auf dem Rückweg noch schnell den Wocheneinkauf zu erledigen, da die Stände am Straßenrand frischere und preiswertere Ware anbieten. Zum Beispiel vor deinen Augen frisch gebackene Fladen: Sie werden wie Teppiche mit einem Durchmesser von ca. 2m als Teiglappen auf eine sich drehende Metallplatte gelegt werden, die zur Hälfte von einer Art Pizzaofen überdacht ist, der glühend heiß sein muss. Denn nach einer Umdrehung sind sie schon fertig, werden mit einem Teppichmesser zweimal halbiert und in Plastiktüten gesteckt. Der Junge vor uns hat offenbar für die ganze Sippe eingekauft; er trug mindestens 4 Plastiktüten voll mit (jeweils mindestens 3) Fladen weg. Mir hat ein einziger die halbe Woche gereicht, obwohl ich kräftig an Freunde verteilt habe. Kosten tun diese Dinger übrigens auch fast nichts, vielleicht umgerechnet etwa 50 Cent pro Fladen, was für Jordanien skandalös billig ist. Und der Geschmack – Himmlisch! Und am besten pur genießen!
Mit diesem kleinen kulinarischen Geheimtipp verabschiede ich mich für dieses Mal. ich weiß, ich habe noch eine Menge Erzählstoff aufzuarbeiten, aber jetzt, wo ich eine Wohnung habe, braucht ihr nicht mehr so lange auf den nächsten Eintrag warten – versprochen!



