Nanjing, Qingdao und Shanghai: Drei Reiseberichte

5.-7. Dezember Nanjing 20.-23. Dezember Qingdao Sylvester/Neujahr Shanghai

5.-7. Dezember Nanjing
20.-23. Dezember Qingdao
Sylvester/Neujahr Shanghai

 

Nanjing, Qingdao und Shanghai: Drei Reiseberichte. China bietet die Möglichkeit relativ kostengünstig weite Distanzen per Zug und Flugzeug zurückzulegen. Da ich, wie schon mehrfach im Blog erwähnt, ein 3,5 Tage Wochenende habe, drängen sich Städtereisen förmlich  auf. Es hat mich im Dezember nach Nanjing, Qingdao und Shanghai verschlagen. Doch nun der Reihe nach:

 

China entdeckt seine konfuzianischen Wurzeln zurück: Vieler Orts werden Mao-Statuen durch Konfuzius-Denkmäler ersetzt, Biographien über den alten Meister belegen Spitzenplätze in den Bestseller-Listen, Konfuzius-Institute, bei denen Ausländer die chinesische Sprache lernen können, sprießen überall auf der Welt wie Pilze aus dem Boden, Konfuzius-Tempel werden restauriert oder gar neugebaut, nachdem diese während der Kulturrevolution (1966-76) zerstört wurden, und auch die konfuzianischen Klassiker (Weltliteratur) werden wieder in den Schulen gelesen, was noch vor 20 Jahren unvorstellbar gewesen wäre.

Gruppenfotos mit meinen Schülern in Nanjing. Und nein, ich wurde nicht in das Bild "gefotoshopt"

Gruppenfotos mit meinen Schülern in Nanjing. Und nein, ich wurde nicht in das Bild „gefotoshoppt“

Auch meine Schule fühlt sich dem Erbe des Sozialphilosophen  in besonderer Weise verpflichtet. Die Schüler der 12. Klasse und mich führte ein ursprünglich konfuzianisches Ritual, dass den Eintritt der Jugendlichen in das Erwachsenenalter zelebriert, nach Nanjing. Das Ritual wurde auf einem großen Platz, der den „Befreiern Chinas“ gewidmet ist, abgehalten. Es wurde im Gleichschritt marschiert, Lieder gesungen und natürlich festliche Reden gehalten. Wenn man die kommunistische Folklore ausklammert, dann erinnert das Ritual doch sehr an unsere Konfirmations-, Kommunions- oder auch Jugendweihe-Feiern. Die übrige Zeit in Nanjing, der ehemaligen Hauptstadt Chinas, stand uns zur freien Verfügung. Am nächsten Tag besuchten wir dann das Grab von Sun Yat-Sen, dem Gründer des modernen Chinas (So zumindest die Narration der KPC), das Nanjing Massacre Memorial, ein sehr emotionaler Ort, der vielleicht mit dem Holocaust-Mahnmal in Berlin oder Yad Vashem in Jerusalem zur vergleichen ist und einen konfuzianischen Tempel. Besonders interessant war für mich persönlich der Teil der Ausstellung des Nanjing Massacre Memorials, der John Rabe, einem Hamburger Kaufmann, der während des chinesisch-japanischen Krieges (1937-45) in Nanjing lebte und tausenden Chinesen das Leben vor den Truppen des japanischen Kaiserreiches rettete, gewidmet war. Selbst gefühlt am Ende der Welt haben Deutsche ihre Spuren hinterlassen. Im Fall von John Rabe sogar mal positiv, auch wenn er heute in seiner Heimat leider weitestgehend vergessen ist.

Nanjing Luftverschmutzung: 550. In Deutschland gibt es ab dem Wert 30 eine Gesundheitswarnung

Nanjing Luftverschmutzung: 550. In Deutschland gibt es ab dem Wert 30 eine Gesundheitswarnung

Sehr eindrucksvolles Gemälde im Nanjing Massacre Memorial. Die Japaner verübten im chinesisch-japanischen krieg (1937-45) eines der schlimmsten Massaker in Nanjing. Über 300.000 unschuldige Chinesen verloren ihr Leben. Bis heute belastet die Ereignisse in Nanjing die chinesisch-japanischen Beziehungen

Sehr eindrucksvolles Gemälde im Nanjing Massacre Memorial. Die Japaner verübten im chinesisch-japanischen krieg (1937-45) eines der schlimmsten Massaker in Nanjing. Über 300.000 unschuldige Chinesen verloren ihr Leben. Bis heute belastet die Ereignisse in Nanjing die chinesisch-japanischen Beziehungen

 

 

 

 

 

 

 

 

Meine zweite Reise kurz vor Weihnachten sollte mich zwei Wochen später mit einem anderen Kulturweit-Freiwilligen nach Qingdao führen. Quingdao war von 1901 bis 1918 deutsche Kolonie und ist den meisten wohl unter dem Namen „Tsingtao“ bekannt. In der Hoffnung ein bisschen Weihnachtsatmosphäre auf dem in Touristenführern viel angepriesenen Weihnachtsmarkt schnuppern zu können, waren wir nach Qingdao geflogen, wurden dann aber enttäuscht, da der Weihnachtsmarkt leider schon beendet war. Glücklicherweise hat Qingdao sonst sehr viel zu bieten: Es standen unter anderem das Qingdao-City-Museum, ein altes verlassenes deutsches Gefängnis, das alte deutsche Generalkonsulat und zwei Kirchen europäischen Stils auf dem Plan. Das absolute Highlight aber war natürlich, wer hätte es gedacht, die Tsingtao-Bierfabrik. Ein deutscher Kaufmann hatte diese im Jahr 1901 eröffnet und so den Chinesen wohl das größte Geschenk überhaupt gemacht: Ein Bier, das auch nach Bier schmeckt. Im Museum konnte man die wechselvolle Geschichte von der Brauerei von einem kleinen Familienunternehmen zu einem der größten Bierproduzenten Asiens nacherleben. Zwei Kostproben von dem leckeren Gebräu rundeten den Besuch im Biermuseum ab. In diesem Sinne Gangbei (Prost auf Chinesisch)!!

Neujahrs-Feuerwerk am Bund

Neujahrs-Feuerwerk am Bund

Ich hatte bereits das Glück Shanghai im Rahmen einer Studienreise im Jahr 2012 kennengelernt zu haben. Man sieht sich ja bekanntlich immer zwei Mal. Das gilt natürlich auch für Shanghai. Zum Neujahrsfest gibt es wohl keine Stadt in China, die sich so gut für „Sylvester“ eignet wie Shanghai. Kurze Randbemerkung: Chinesen feiern nicht unser Neujahrsfest am 1. Januar, sondern haben ihr eigenes Neujahrsfest, was sich nach dem Mondkalender richtet und dieses Jahr auf Ende Januar fällt. Da ich den ganzen „Tourikram“ von Shanghai schon recht gut kenne, konnte ich mich ohne ein schlechtes Gewissen zu haben dem Feuerwerk am Bund hingeben, was für chinesische Verhältnisse doch recht klein und in keinster Weise mit den Feuerwerk in Singapur oder Sidney zu vergleichen war. Nach dem Feuerwerk ging es dann mit einem anderen Kulturweit-Freiwilligen die Clubs Shanghais unsicher machen. Bemerkenswert: Während man sich in Hangzhou und anderen IMG_2441[1]Städten wundert einen Ausländer zu treffen, ist es in Shanghai schon fast der Normalfall. Sehr angenehm: Man wird auch von Chinesen nicht mehr angestarrt, was auch zur Abwechslung ganz nett ist. In Shanghai gibt es so viele Ausländer im Allgemeinen oder Deutsche im Speziellen, dass man sich fragen muss, ob es überhaupt noch Ausländer im Ausland oder Deutsche in Deutschland gibt. Allein an dem Abend sind uns über zehn Deutsche, die alle der Meinung waren das Neujahr in Shanghai begehen zu müssen, über den Weg gelaufen. Im Club angekommen wurde gefeiert, gefeiert und gefeiert. Ein protestantischer Missionar, der im 19. Jahrhundert nach Shanghai gekommen war, sagte einst, dass wenn Gott Shanghai nicht zerstört, er sich bei Sodom und Gomorrah entschuldigen müsse. Wer mal eine Nacht in Shanghai verbracht hat, kann diesen Ausspruch verstehen ;-). Den nächsten Morgen haben wir dann größtenteils mit Schlafen verbracht und genossen einen Kaffee im Captain’s Hostel, das einen sagenhaften Ausblick auf die Skyline von Pudong bietet. Auf dem Heimweg sagte ich mir  „Du brauchst Shanghai kein drittes Mal“, mittlerweile habe ich aber schon neue Zugtickets gebucht^^

Skyline von Pudong, Ausblick vom Captains Hostel ...

Skyline von Pudong, Ausblick vom Captain’s Hostel …