Es ist schon über einen Monat her, dass ich meinen letzen Blogeintrag verfasst habe. Es wird also mal wieder Zeit. Im letzten Monat ist einfach so viel passiert, dass ich mit dem Schreiben nicht hinterher gekommen bin: Ich habe mich an meiner Schule vollends eingelebt und eine Reise in den Hochsommer gemacht, während in Hangzhou langsam der Herbst begann…
Doch nun eins nach dem anderen:
An der Greentown Yuhua School helfe ich dem Deutschkollegium beim Vorbereiten, Erteilen und Nachbereiten des Deutsch-Unterrichts. Das „Kollegium“ ist so ein hochgestochener Begriff. Eigentlich sind wir nur vier Leute. Zwei chinesische Deutschlehrerinnen, ein Deutschlehrer aus Deutschland, der vom PAD an diese Schule entsandt wurde und meine Wenigkeit. Ich habe ein ganz ganz großes Glück mit meinem Kollegium. Obwohl immer sehr viel zu tun ist, eigentlich sind sechs volle Stellen für die Arbeit veranschlagt, die jetzt von 3 Lehrern und einem Assistenten absolviert wird, ist die Stimmung gut. Es gibt immer etwas zu lachen. Hätte nicht gedacht, dass ich hier auf so liebe Menschen treffen würde. Meine Aufgaben bestehen zumeist darin den Lehrern im Unterricht zu assistieren (assistant teaching) und Unterrichststunde zu konzipieren und dann auch selbst zu erteilen, was mir natürlich am meisten Spaß macht. In den Abendstunden spreche ich mit den Schülern über verschiedene Themen, sodass sie Sprachpraxis erwerben können. Desweiteren muss ich zwei Mal die Woche früh aufstehen, um die morgendliche „Vorlesestunde“ zu erteilen. Ich stehe vorne, sag eine deutsche Vokabel und 40 chineseische Schüler wiederholen diese im Chor. Pädagogisch nicht sehr wertvoll, aber was soll man machen… Manachmal muss ich natürlich auch Hausaufgaben korrigieren, unter anderem auch Aufsätze. Das kann zwar manchmal etwas ermüdend sein, wenn aber solche Sätze zu lesen sind, dann ist die Welt auch wieder in Ordnung:
„Sein Lieblingsessen ist Reis, also er ist fett.“
„Die Aufgabe eines Polizisten ist es Räuber zu fressen.“
„Er mag Kaffee, aber hasst Eier.“
„Wenn ich sehr spät ins Bett gehe, mache ich morgen im Unterricht bestimmt ein Nickerchen.“
„Sie hatte schon ein Jahr Studienaufenthalt in Kanada und dort war sie ganz leidenschaftlich.“
„Arsenal hat schon lange keine Titte mehr gewonnen.“
So viel zu meinem Alltag. Jetzt ein paar Worte zu meiner Reise in den Süden, genau gesagt nach Xiamen. Ich habe jede Woche ein „dreieinhalb Tage Wochenende“ habe, deswegen bereise ich normalerweise in der Zeit die Umgebung von Hangzhou. Da ich jedoch die Möglichkeit hatte an günstige Flüge zu kommen (70€ Hin- und Zurück für über 3000 km), nutzte ich die Gelegenheit und machte für drei Nächte Xiamen unsicher. Xiamen hat ca. 5 Millionen Einwohner, ist eine kleine Insel vor der chinesischen Küste im Süden Chinas, weswegen ich im November noch einmal wieder Hochsommer genießen konnte. Es wurden tatsächlich noch einmal 31 C, sodass einem letzten Strandtag 2013 nichts mehr im Weg stand. Witziges Detail: Während die westlichen Touristen sich auf die Strände in Xiamen stürtzen und sich die Klamotten vom Leibe rissen, blieben die Chinesen eher kühl und amüsierten sich in einem der vielen kleinen Restaurants oder Cafes, die Xiamen so romantisch machen. Sehr interessant ist auch, dass in China ein anderes Schönheitsideal gilt. Während wir Westler uns einen braungebräunten Body wünschen und deswegen studenlang in der Sonne brutzeln oder gar ins Sonnenstudio gehen, fürchten Chinesen nichts mehr als das. Chinesische Frauen spazieren it einem Regenschirm umfunktioniert, als Sonnenschirm, damit sich ja nicht braun werden an der Strandprommenade entlang. Auch „Bleichungscremes“ stehen hoch im Trend.
Xiamen besticht aber nicht nur durch seine zahlreiche Strände, sondern auch durch ein besonderes Flair. Interessanterweise ist das eigentliche Highlight Xiamens gar nicht auf der Insel selbst gelegen, sondern eine kleine Insel vor Xiamen, namens Gulangyu. Nach einer zehnminütigen Bootsfahrt dort angekommen hat man das Gefühl eine Zeitreise gemacht zu haben; Zahlreiche europäische Villen und andere Prachtbauten aus der Kolonialzeit geben einem das Gefühl nicht mehr in China, sondern in einer spanischen oder italienischen Kleinstadt des 19. Jahrhunderts zu sein. Gulangyu war ein Jahrhundert lang eine Art Botschaftsinsel, der europäischen Mächte, die seinerzeit China im Würgegriff hatten. Mittlerweile sind die Villen etwas in die Jahre gekommen und Gulangyu, das noch vor 120 Jahren für „normalen Chinesen“ betreten verboten war, wird heute täglich von ca. 50.000 Chinesen besucht, bestaunt und fotografiert. Wie sich die Zeiten doch ändern …