Gerade saß ich noch in Moskau am Bahnhof und wartete, dass die Zeit schneller verging. Heilfroh war ich, als ich einstieg und als ich dann endlich mein Schlafgemach hatte, war ich nicht mehr ansprechbar. Als ich wieder aufwache, fliegen auch schon die Außenbezirke Petersburgs an uns vorbei. Kurz darauf betrete ich wieder Neuland.
Denn wenn man nach St. Petersburg kommt, sollte man unbedingt:
– darauf eingestellt sein, dass dein Tele2-Handy wieder mal gesperrt ist, weil kein Geld mehr drauf ist. Und das beste ist dann einfach zu Beeline zu wechseln. Das funktioniert auch nur auf gut Glück.
– sich von Anfang an alleine den Weg durch die Metro bahnen. Denn die ist übersichtlicher, langsamer und leerer als in Moskau.
– den benachbarten Dixisupermarkt als Standardtreffpunkt vereinbaren und dort verschiedenste russische Leckereien einkaufen. Ich war ja sehr begeistert von der dickflüssigen Dosenmilch. Man kann sie auch einfach auf Toastbrot schmieren. Da musste ich davon gleich drei Dosen nach Estland exportieren.
– den ersten Abend gemeinsam mit den anderen beiden Freiwilligen Jan und Lea die beste Reis-Gemüsepfanne verzehren und als Nachtisch unsere eingekauften Leckereien. Die Filmauswahl danach hat uns so fertig gemacht, dass wir wohl alle nur die ersten fünf Minuten mitbekommen haben.
– Nach kräftigem Ausschlafen und Frühstück mit Jan´s special Spiegelei ging es an den Stadtrand von Petersburg. Dort fand heute „roof swinging“ von einer alten Lagerhalle. Diese Art von Adrenalinkick ist bei den Russen sehr beliebt… denn wenn da irgendetwas Hohes steht, dann muss man entweder hochklettern oder eben runterspringen. Ich war leider von den Videos, die wir uns davor angeschaut haben zu skeptisch geworden und traute mich nicht. War aber trotzdem lustig, den andern beim Springen zuzusehen
– von richtig netten und gastfreundlichen Bekannten der Freiwilligen einfach mit zum Essen eingeladen werden – typisch russische Nudeln
– mit der langsamsten Straßenbahn der Welt wieder Richtung Stadtzentrum schleichen
– einen ersten Überblick über den Nevsky Prospekt im strömenden Regen. Deswegen haben wir uns in der Buchhandlung Singer die Bilder in den Touribüchern angesehen.
– da ich ja jetzt schon alles „gesehen“ hatte, ging es auf ins Zifferblatt. Das ist definitiv das beste Zeitcafe in Russland. Hier wärmten wir uns bei heißer Schokolade und Marzipankeksen wieder auf.
– Am nächsten morgen dann alles noch einmal bei Sonnenschein und mehr Touristengewusel entdecken
– Plötzlich von einem schlimmen Wärmegewitter überrascht werden, auf der Peter und Paul Festung zusammen mit vielnen Brautpaaren die Sonne abwarten. Leider vergeblich und so patschnass einen Brückentreffpunkt um 3km verfehlen
– Nachmittags in der größte Kletter- und Boulderhalle Russlands das schlechte Wetter draußen und im Seil hängend die Zeit vergessen. Danach ausgiebig saunieren – natürlich nur mit einem verrückten Filzhut auf dem Kopf, um den Kreislauf zu schonen.
– Doch die luftige Höhe bleibt: Das Outfit wechseln und sich so der Sommerkühle anpassen. Noch rasch im Supermarkt mit den nötigen Leckereien eindecken. Und ehe man sich versieht: Tür auf, in den Aufzug rein, hochgefahren, das letzte Stück zu Fuß und nun noch elegant aus dem Fenster schwingen. Und – wir sind „on the roof“! Herrlich diese Harmonie hier oben einzusaugen und von oben das Petersburger Leben beobachten. Dort ausharren, bis es dämmert und bis deine Finger und Gesicht zu einem Eiszapfen geworden sind
– Den Tag mit einer aromatischen Massage à la Lea beschließen, um so die schweren Muskeln vom Klettern wieder etwas durchzukneten.
– Den nächsten Morgen wohlverdient im Bett verbringen und nach einer erfrischenden Dusche Richtung ERIMITAGE spazieren. Dort die Zeit während des Anstehens nutzen, um andere Touristen zu begaffen, wie diese sich über die lange Schlange oder die teuren Tickets aufregen. Ich dagegen kann nach etwas Warten mein kostenloses Studententicket abstauben.
– Dann einfach nur die Augen aufmachen und die Pracht genießen. Nach circa 1,5 Stunden und vielen, vielen Räumen lässt die Konzentration jedoch nach. Deswegen einfach am Tag darauf wieder in diese lange Schlange begeben, diesmal kann man sich die Zeit ja sinnvoll mit Postkarten schreiben vertreiben.
– Diese und das Zubehör hat man vorher kompliziert bei der russischen Post höchstpersönlich erstanden. Nun hoffe ich, dass meine lieben Grüße auch ankommen, denn für einen Umschlag, der sonst üblich ist, hat es leider nicht mehr gereicht.
– Nach so viel Kultur kann ein bisschen Natur gut tun. Dazu am besten in den botanischen Garten gehen, der von außen her als eingezäuntes Stück Park daherkommt, für das man auch noch bezahlen muss. Durch einige Blumenbeete und Zeichenkurse schlendern und dabei die beste Schaukelbank am Spielplatz ergattern.
– um nicht gestresst zu werden, die rush hour elegant mit einem kleinen Picknick direkt vor dem Supermarkt umgehen. Dabei den Leuten beim Feierabend machen zusehen und ihre schnellen Laufschritte Richtung Metro verfolgen.
– sobald sich diese geleert hat, können wir wieder damit fahren. Unser Ziel wird ein Hipsterplace, bei heute ein russisch-israelisches Festival eröffnet wurde. Die erste Band haben wir leider verpasst, aber dafür war die zweite umso besser. Zu Acollective hüpfen wir vor der Bühne umher. Jedoch als die komischen vier Ausländer, denn die Russinnen stehen in Sicherheitsabstand zu uns.
– Der erste Gedanke am nächsten Morgen wird sein, dass es der letzte Tag hier in St. Petersburg sein wird und ich heute Abend per Bus zurück nach Tartu fahren werde
– Deswegen noch einmal die kostenlosen Studententickets für die ERIMITAGE ausnutzen, über einen Freizeitpark im reichsten Viertel von Petersburg schlendern und auf dem Nachhauseweg russische Leckereien auf Vorrat einkaufen.
– Ein lecker Thai-Curry zum Abschied zu bekommen und dann leider schon vollbepackt Richtung Busbahnhof spazieren. Doch auch hier kommt keine Langeweile auf, denn der Amerikaner Peter unterhält mich die ganze Busfahrt.
– An der Grenze wieder kurz Spannung. Darf jeder wieder jeder mit? Ja, nur eine alte Frau mit Herzschrittmacher hat Probleme, weil die Beamten glauben, sie träge eine Bombe in sich.
– Schließlich landet man heilfroh wieder im eigenen Bett, hat noch immer nicht alle Erlebnissen kapiert und archiviert , da träumt man schon von der nächsten Russlandreise.
