Dies ist die Geschichte der längsten Zugfahrt meines bisherigen Lebens. Knapp über 30 Stunden von Ulanbaatar nach Beijing! Alles fing sehr früh am Morgen an: Obwohl der Zug erst um 7 Uhr losfahren würde, stand ich bereits um 5 Uhr auf um ja nicht zu spät zu kommen, denn die Transmongolische Eisenbahn fährt nur ein Mal die Woche und wer den Zug verpasst darf erst Mal warten (oder hat halt Pech gehabt). In sehr warme Kleidung eingepackt und mit zwei Rucksäcken (einer vorne, einer hinten) gehts los in Richtung Straße, wo zum Glück schon Autos (sprich Taxis) fahren. In der Mongolei ist schließlich jeder der ein Auto besitzt und gerade darauf Lust hat ein Taxifahrer. So kam es, dass ich viel zu früh am Bahnhof war, aber lieber zu früh als zu spät! Johanne und Louisa indess wurden von ihrem Taxifahrer zuerst zum Flughafen gefahren. Letztendlich waren wir aber alle rechtzeitig da und konnten in unser (ziemlich bequemes Abteil mit Großen Fenstern, sodass man auch hinaussehen konnte, wenn man eines der oberen Betten hatte) Abteil. Zum Einsteigen läuft man man am Zug entlang bis man seinen Wagon gefunden hat. Bibbernde Zug-Stewardessen (oder wie man die auch immer nennt) prüfen kurz die Fahrkarte und man steigt ein. Für mich hieß es jetzt erst einmal Schlaf nachholen. Draußen war es eh noch zu dunkel um die Landschaft zu bewundern.
Aufgeweckt wurde ich dann von den ersten Sonnenstrahlen über der mongolischen Steppe, was wie immer ein Spektakel war. Das Gebiet um Ulaanbaatar herum war weiß vom Schnee und je weiter man sich von der Stadt entfernt, desto unhäufiger und kleiner werden die Siedlungen an denen der Zug hält um zu tanken. Die Landschaft konnte man auch lange bewundern, denn mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 40 km/h ist der Zug (zumindest vor der chinesischen Grenze) nicht sehr schnell. Gegen Mittag gab es Instant Ramen aus dem Pappeimer. Kochend heißes Wasser wird umsonst zur Verfügung gestellt. Überhaupt war Essen neben, Reden, Schlafen und Durak spielen eine der Hauptbeschäftigungen während der Fahrt. Die Reisenden aus dem Nachbarabteil waren auch ziemlich nett.
Als wir an die Grenze kamen wurde es wieder interessant: Mongolische und chinesische Behörden wollen Pässe, Tickets und Zollerklärungen sehen. Der Zug wird von salutierenden mongolischen Soldaten aus der Mongolei verabschiedet. Wer jetzt aber denkt, dass es jetzt sofort schnurstracks weiter nach Beijing geht, der irrt sich, denn die Chinesen benutzen eine andere Spurbreite als die Mongolen (die Mongolen benutzen die Russische). Deshalb werden alle Wagons nebeneinander in eine große Halle gefahren, angehoben und einem Fahrwerkswechsel unterzogen. Kleiner Tipp für zukünftige Reisende: geht rechtzeitig vor der Grenze aufs Klo (das heißt ne gute Stunde oder zwei davor), denn während dem gesamten Aufenthalt in der Grenzanlage ist es nicht möglich die Klos zu benutzen. Erst wieder wenn der Zug dann in der ersten richtigen Chinesischen Station steht (und dann natürlich auch nur in der Bahnhofshalle). Dass man in China ist bemerkt man aber sofort. Aus Lautsprechern an den Laternenpfählen am Bahnhof dudelt in einer Dauerschleife das selbe chinesische Musikstück und im Bahnhofskiosk kann man sich eingelegte Hühnerfüße als Snack kaufen…na dann guten Appetit.
Wenn man dann endlich weiter fährt merkt man endgültig (erst einmal nicht an der Landschaft, denn es ist stockfinster,)sondern an der Bahnlinie, dass man in einem anderen Land ist: Die Wagons wackeln und ruckeln kaum mehr herum, die Durchschnittsgeschwindigkeit steigt auf ca. 60 an und man fährt nicht mehr große Kurven und Schleifen, sondern schnurstracks geradeaus. Perfekte bedingungen zum Schlafen 🙂
Als es wieder hell wurde staunten wir alle nicht schlecht: Große Canyons und reißende Flüsse, wie man sie sonst nur aus Wild-West Filmen kennt umgeben die Bahnlinie. Immer wieder fahren wir an ärmlichen Dörfern vorbei in denen Esel und Hühner frei herumrennen und es fraglich ist, ob es überall Strom und fließendes Wasser gibt. Allmählich werden die Dörfer jedoch zu Fabriken mit Arbeiterwohnheimen und eigenem Bahnhof und bald zu Städten mit riesigen Wohnhäusern, die alle gleich aussehen. Wir nähern uns der Hauptstadt – Next Stop: Beijing!