Erster Blogeintrag im neuen Jahr

8 02 2011

Und zwar im mongolischem – ganz so schreibfaul war ich dann doch nicht, auch wenn mein Blogeintrag zu Shanghai mal zurückgestellt werden muss, weil hier gerade wieder viel passiert ist.

Seit Donnerstag (3. Februar) bis Sonntag fand hier Tsaraan Sar (Цагаан сар) statt, das mongolische Neujahrsfest. Und so sind wir seit Donnerstag jetzt auch im Jahr des Hasen. Tsaraan Sar heißt übersetzt entweder „weißer Monat“ oder „weißer Mond“, da Monat und Mond hier das selbe Wort sind, nämlich „sar“. Das mongolische Neujahr richtet sich nach dem ersten Neumond im Jahr und es hat heute wieder angefangen zu schneien. So sind im Grunde genommen beide Übersetzungen richtig 🙂

Meine Nachbarschaft heute morgen

Auf dem Weg zur Schule

Tsaraan Sar ist wahrscheinlich das größte Familienfest in der Mongolei und es ist mit sehr vielen Traditionen verbunden. Das Essen ist z.B. bei jeder Familie das Selbe: Ein ganzes, gekochtes Schaf oder ein größerer Teil gekochtes Rind, sogenannte weiße Speisen, Boov und natürlich abertausende Booz. Unter weißen Speisen versteht man z.B. getrockneten Quark (Aaruul – Аарүүл) oder schar tos (шар тос – eine Art Butter mit Rosinen). Boov ist frittiertes gebäck, das für Tsaraan Sar in flachen, länglichen Formen hergestellt wird. Auf dem Teig sind Mandalas eingepresst. Die einzelnen Boov werden kreisförmig gestapelt und mit weißen Speisen, Zuckerwürfeln und manchmal auch anderen Süßigkeiten bedeckt. Je älter das älteste Familienmitglied im Haushalt ist, desto höher wird der Boov gestapelt. Bei der 80-jährigen Mutter unserer Deutschlehrerin Tuul war der Stapel 7 Lagen hoch! Booz (бууз) sind traditionelle, gedämpfte Teigtaschen, die mit Schafsfleisch oder auch anderen Fleischsorten, sowie Knoblauch gefüllt sind. Der Teig besteht einfach aus Wasser und Mehl. Schon lange vor dem Fest treffen sich die Familienmitglieder (ich glaube hauptsächlich die Frauen, aber ich bin mir nicht ganz sicher) und machen tausende davon – 2000 pro Familie scheinen normal zu sein! Da bei vielen das Fleisch von Hand klein geschnitten wird, nimmt das wahnsinnig viel Zeit in Anspruch. Das Endprodukt schmeckt aber lecker 🙂 . Um die Booz haltbar zu machen werden sie einfach auf den Balkon gestellt, denn zwischen -30°  und -20° ist so ziemlich alles länger haltbar. Auf dem Land legt man die Booz anscheinend einfach auf das Dach der Jurte.

Links steht das Schaf, rechts davon der Boov und im Vordergrund diverse weiße Speisen und andere Beilagen. In den Schüsseln ist Milchtee. Im Hintergrund werden gerade Schnupftabakfläschchen ausgetauscht.

Bei der nächsten Familie: Hinten rechts ist ein kleiner Teller mit Booz und in der großen holzschüssel vorne ist Airag. Dieses Foto wurde ihnen präsentiert von Smirnoff Vodka 😉

An Tsaraan Sar stehen dann etliche Familienbesuche an. Man besucht hintereinander weg alle Verwandten. Als erstes die Ältesten und dann absteigend zu den Jüngeren, wobei es bei allen reichlich zu Essen gibt – wer an Tsaraan Sar nicht satt wird sollte sich auf schwarze Löcher im Magen untersuchen lassen. An den darauf folgenden Tagen besucht man entferntere Verwandte und Freunde; zumindest schien es mir so. Ich wurde von Freunden eingeladen um bei ihrem ersten Tag des Festes dabei sein zu dürfen.

Traditionell fängt das Neujahr damit an, dass immer der Älteste des Haushaltes draußen in eine bestimmte Richtung läuft. Dabei muss er einen tibetischen Text aufsagen und eine bestimmte Aktion ausführen. Man wird immer im Jahr eines bestimmten Elements geboren und dieses muss man irgendwie zeigen. Wenn man z.B. Eisen als Element hat hält man ein paar Schrauben in der Hand und klappert beim Laufen leicht mit ihnen oder wenn man Feuer hat entflammt man ein Feuerzeug.

Pascal geht in die richtige Richtung 🙂

Danach geht es witer zu den Verwandten. Diese werden dann Begrüßt. Die Begrüßung läuft auch rituell ab: Der jüngere Grüßende stützt die Ellenbogen des älteren und überreicht ein Gastgeschenk (z.B. Geld oder Schokolade), das auf einem Khadag liegt. Hierzu wird folgender Dialog aufgesagt:

A: Amar bain uu? (Амар байна үү?) – Sind Sie wohl auf?

B: Amar bain uu? Saian shinelj bain uu? (Амар байна үү? Саихан шинелж байна үү?) – Sind Sie wohl auf? Sind Sie gemütlich am feiern?

A: Saihan saihan. Ta saihan shinelj bain uu? (Саихан саихан.Та саихан шинелж байна үү?) – Gemütlich gemütlich. Sind Sie gemütlich am feiern?

B: Saihan saihan.(Саихан саихан.) – Gemütlich gemütlich.

Das ist die vereinfachte Version, die ich aufsagte, ansonsten kann man auch danach fragen, ob man auch viele Verwandte besucht. Wenn aber sehr viele Leute zu begrüßen sind beschränkt man sich bei den meisten jedoch auf ein kurzes „Amar bain uu?“, weil man ja sitzen und essen will. Der Älteste schneidet das Fleisch an und die Dünnen Stücke werden auf einem Teller oder in einer Schüssel herumgereicht. Bevor man aber vom Fleisch isst nimmt man sich etwas von den weißen Speisen. Außerdem sollte man beachten, dass man die großen Schüsseln oder Teller immer antippt, bevor man sich etwas davon auf den eigenen Teller legt. Booz werden auch herumgereicht. Zu trinken gibt es Suute Tsai (сүүтэй цай), traditioneller Milchtee, Airag (айраг), fermentierte Stutenmilch und natürlich Vodka. Der Vodka wird in kleinen Schalen oder Gläsern gereicht und wird mit der rechten Hand entgegengenommen. Mit der linken Hand stützt man seinen Ellenbogen. Manchmal gibt es noch einen Toast oder einfach ein „Prost!“ (төлөө) und dann wird das Glas geleert. Man darf aber auch einfach nippen (3 Mal). Überhaupt gilt das für alles. Man muss nur probieren, nicht alles aufessen, wenn es einem nicht schmeckt oder wenn man vor lauter Booz schon beinahe platzt. Allerdings sollte man vielleicht noch erwähnen, dass Vodka bei so viel fettigem Essen ein willkommener Verdauungshelfer sein kann 😉

Unter 2000 Booz fand ich einen der beiden mit versteckter Münze - Ich hab dieses Jahr jetzt bei allen Dingen Glück!

7-lagiger Boov bedeckt mit weißen Speisen

Vor und oft auch während dem Essen werden Schnupftabakfläschchen ausgetauscht. Wie der Vodka werden diese mit der rechten Hand entgegengenommen. Wieder gilt: Man muss nicht schnupfen – kurz an der offenen Flasche riechen reicht. Die Flasche wird dann offen zurück oder weiter gegeben (wieder mit rechts und mit Ellenbogen stützen). Bevor man dann zur nächsten Familie weiter geht bekommt man noch ein kleines Geschenk vom Gastgeber.

Tsaraan Sar war auf jeden Fall ein schönes Erlebnis und definitiv mal etwas anderes: Ein dermaßen rituell durchgeplantes Fest gibt es  meiner Meinung nach in Deutschland nicht mehr wirklich. Und ich bin einige Tage lang sehr gut gemäßtet worden 🙂

Gruppenbild beim Neujahrsempfang - ich trage traditionelle deutsche Jugendkleidung 😛

Das Beste am Fest ist aber, dass es den Frühling einleitet, und tatsächlich: Es wird wärmer! Man braucht z.B. nur noch eine Winterjacke und die Thermostrumpfhose kann man auch zu hause lassen. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich Mal so über -10° C freue, aber die Mongolei härtet doch ziemlich ab, wenn man wärmere Temperaturen gewöhnt ist. Es ist nachts zwar noch relativ kalt und es schneit ab und zu, aber ich bin jetzt optimistisch und hoffe auf baldiges Grün im ansonsten gerade sehr tristen Ulaanbaatar – auch wenn das anscheinend noch eine Weile dauern könnte…

Unser Fenster im Deutschkabinett (Innen!) - Bei Temperaturen um die 0° ist arbeiten nur in Winterjacke möglich...

Das nördliche Jurtenviertel von Ulaanbaatar, jedoch schon mit vielen kleinen Häusern

Für alle die sich wundern: Unser Neujahr wird in der Mongolei auch gefeiert und zwar so ziemlich wie bei uns mit Feuerwerk und Feiern in der Disco mit Freunden





Nomadenwirtschaft: Wir nehmen was wir kriegen!

21 09 2010

So, jetzt bin ich schon seit 2 Tagen hier in UB. Heute ist der 3. Tag. ich habe meinen Jetlag überwunden und am Sonntag schon mit meiner Gastmutter Bayasgalan ein Paar von den Touristenattraktionen begutachtet. Viel essen musste ich am Sonntag noch nicht, weil die AEROFLOT einen auf der Reise sehr gut versorgt. Vor allem die Beilagen haben überraschend gut geschmeckt 🙂

Zur Reise kann man noch sagen: Bis Moskau lief alles ziemlich glatt. Mit der Bahn kam ich gut vorran und in Franfurt hat man zum Glück ein leichtes Übergewicht meines Koffers (2kg) ignoriert. Im Presseladen wurde mir aber erst recht klar, dass die Mongolei nicht unbedingt das beliebteste Reiseziel ist. es gab zu allen Ländern dieser Welt Reiseführer-Außer der Mongolei. In Moskau wurde der Flug dann auch um 3o min nach hinten verschoben und außerdem mit einem Flug der MIAT zusammengelegt. Die Damen am Check-In konnten hierrüber aber auch keine Informationen geben, als nach dem Last Call von 20:20 um 20:30 immer noch keine Passagiere an Bord gegangen waren. Hat ja letztendlich alles geklappt. Die Landung in UB war ein Erlebnis: Die Sonne ging gerade auf und unter uns erstreckte sich so weit das Auge reicht nur hügeliges Grasland. Hier und da konnte man einzelne Jurtensiedlungen ausmachen. ich freue mich jetzt schon mal raus aufs Land zu kommen. Es sieht wunderschön aus.

und wo ist der zur Mongolei???

eins von meinen vielen Bord-Essen beim AEROFLOT-Flug

An der Schule hatte ich bis jetzt noch nicht so viel zu tun, aber das kommt noch (ab heute geh ich durch die Klassen und lerne die Kinder kennen).

Gestern habe ich mir eine mongolische Sim-Karte besorgt. Die Mongolei ist das Traumland aller Handyfanatiker: Eine SMS kostet z.B. gerade mal 19 Tugrik-zum Vergleich: Ein Euro sind 1740 Tugrik!

Nun zur nomadenwirtschaft: In UB bekommt man wirklich alles! Überrascht stand ich gestern im Laden und habe „Gut und Günstig Doppelkekse“ gesehen! Direkt daneben lagen „Riesen“ und darunter Cadburry Schokolade aus England. Dann gibt es noch viele produkte aus China und Korea. Die meisten Autos kommen aus Japan, was man sofort daran erkennt, dass das Lenkrad rechts ist-und das obwohl hier Rechtsverkehr herrscht. Irgendwie können sich hier auch viele Leute riesige Geländewägen von Mercedes oder Landrover leisten. Sogar vereinzelte Hummer fahren hier herum. Bei den Straßen hier wundert es einen aber nicht wirklich, dass die Mongolen Geländewägen bevorzugen. Apropos Straßen: Fußgängerwege, rote Ampeln, Zebrastreifen und sich darauf befindliche Passanten sowie andere Autos und Busse sind lediglich Hindernisse, die zwischen dem Fahrer und dem Ziel stehen. Mehr oder weniger geschickt werden diese um- oder überfahren. Verkehrsregeln sind (wenn überhaupt vorhanden) hier als sehr relativ anzusehen. Wenn ein Polizist dabei steht, klappt aber auch plötzlich alles.

Es war tatsächlich ziemlich
warm am Sonntag 🙂

Solche Steinhäufen findet man hier oft. auf ihnen liegen buddistische Schriften, kleine Gefäße, Vodkafläschchen (voll) und am wichtigsten: Blaue Tücher

Eine Aufnahme vom Aussichtspunkt von UB am Mahnmal gegen den Faschismus...ja es strotzt hier noch vor kommunistischer propaganda...Rechts ist die Stadt, links ist das Neubaugebiet. Man beachte auch die riesige, vergoldete Budda-Statue








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