Zwischen Bügeleisen und Wahlplakat(en)

Die letzten Tage waren gefüllt mit vielen neuen Eindrücken und Glücksgefühlen.

Am Mittwoch lag ich leider den ganzen Tag weinend im Bett, da mich die Verspannung des Todes aka Krämpfe im Hals bei der kleinsten Bewegung heimgesucht haben. Die zwei Tage in Minsk und der Botschaftsempfang schienen ins Wasser zu fallen. Doch mit viel Wärme um den Hals und Entspannung ging es mir glücklicherweise am nächsten Tag viel besser (Schätzt eure Gesundheit und jede kleinste Bewegung, die ihr schmerzlos machen könnt!) und ich ging mit meiner Ansprechpartnerin meine Registrierung abholen, d.h. offiziell wohne ich bis zum 31.08.2016 jetzt hier in Brest. Das wäre dann geschafft, die umständlichste Hürde ist überwunden. Ich arbeitete noch kurz in der Schule an meiner Präsentation für heute (komme ich später nochmal zu) und lief entspannt zum Bahnhof, um dort den Zug um 11.57 Uhr nach Minsk zu besteigen. Schnell beim Schaffner erkundigt, in welchen Waggon ich muss, eingestiegen und los ging es. Dabei muss man im Hinterkopf behalten, dass die Fahrt in eine Richtung nicht einmal 60.000 Rubel (ca. 3€) gekostet hat. Gut, man kann es nicht leugnen, die Züge sind nicht die jüngsten und somit auch nicht die modernsten, dennoch waren die Züge sauber, die Sitze bequem und nicht zu vergessen: Die Toiletten sauberer als die meisten der DB-Toiletten, die ich in meinem Leben schon erleben durfte, Papier war auch zur Genüge da. Diese Preise laden echt zu weiteren Reisen ein, habe ich schon erwähnt, wie angenehm das war? In Minsk angekommen traf ich am Hauptbahnhof auf meine drei Mitfreiwilligen Gina, Lea und Marianna und so liefen wir in unser nicht weit entferntes Hostel. Schnell machen wir uns schick und wollten dann zur Botschaft los, denn viel Zeit hatten wir nicht mehr. Beim Verlassen des Hostels stolperte Gina aber leider und musste dann noch zurück, um sich zu verarzten. Währenddessen warteten wir zu dritt an der großen Straße und riefen ein Taxi – schnell im Internet geguckt und angerufen, Adresse genannt („Welche Einfahrt denn? Erste, zweite, dritte oder wie?“ Ich, komplett unwissend, nannte einfach die erste.) und dann sollten wir bitte 9 Minuten warten. Als immer noch kein Taxi zu sehen war, gingen wir davon aus, vergessen worden zu sein und nachdem Gina wiederkam, beschlossen wir, am Hauptbahnhof eins zu suchen, zu spät waren wir sowieso schon. Auf dem Weg zum Bahnhof bekam ich dann einen Anruf und wenigstens verstand ich, dass es der Taxifahrer war, der mit seiner rauen und irgendwie unzufrieden wirkenden Stimme mitteilte, dass er auf uns warten würde. Also noch einmal zurück und dort stand auf dem Parkplatz auch schon das Taxi. (Wobei das gar nicht so einfach ist, in Absatzschuhen zu rennen) Adresse der Botschaft genannt und 20 Minuten später waren wird endlich dort. Zum Vergleich: Für die Taxifahrt haben wir 64.000 Rubel bezahlt. Wir waren nicht die Einzigen die zu spät kamen, einige Diplomaten kamen sogar erst nach uns. Zunächst gab es eine Rede, davor schüttelten wir dem Botschafter und seiner Frau noch zur Begrüßung die Hand, eine kurze Zeit später wurde auch schon das Buffet eröffnet. Das Essen war so gut kann ich da nur sagen. Den Abend verbrachten wir mit den zwei anderen Freiwilligen (Ana und Jana, liebe Grüße an euch!!), noch aus der Märzausreise, mit zwei belarussischen Journalisten (es war super interessant!) und anderen Kulturmittlern bzw. Botschaftsmitarbeitern. Um 10 war alles vorbei, wir fuhren zurück, kauften noch einige Sachen und verbrachten einen sehr wertvollen Abend, an dem wir über alles mögliche quatschten. Am nächsten Tag sind Lea und Marianna früh abgereist, Gina und ich erkundeten noch etwas die Stadt. Es waren angebliche 13 Grad, es hätte unserer Feststellung nach aber auch jeden Moment schneien können. Gewundert hätten wir uns definitiv nicht. Ich denke, dass Minsk uns beiden ganz gut gefallen hat, auf jeden Fall hatte ich wieder dieses Großstadtfeeling wie in Berlin. Nach einer Shoppingtour, bei der ich endlich ein Bügeleisen gekauft habe (Oh gott, ist es normal, sich schon mit 18 über Haushaltsgegenstände aller Art zu freuen?) Und wie man auf den Fotos unschwer erkennen kann, steht hier in einer Woche ein politisches Großereignis an, ich werde berichten! Eines sehr schweren Herzens verließ ich Minsk, mich packte regelrecht die Angst vor Brest und vor der gefühlten Einöde. Also zurück in den Zug (es war der selbe Waggon wie am Tag davor) und 4 Stunden zurückfahren. Überpünktlich kam der Zug eine Minute vor Ankunft in Brest an. Solch ein Erlebnis hatte ich in mehreren Jahren polnischer Staatsbahn und erst recht bei der DB nicht. Ich wiederhole: für 3€. Es war komisch, wieder in Brest zu sein, denn spätestens jetzt begreife ich, dass das kein Urlaub ist und ich schlichtweg einfach nur nach Hause gekommen bin. 15 Minuten bis nach Hause. Die Luft war viel wärmer als in Minsk, der Charakter der Stadt anders (Grenzstadt rulez!) und alles so ruhig. Aber es war keineswegs unangenehm oder komisch – es war sogar ganz schön.

Heute Morgen habe ich für die Fünftklässler eine Präsentation zum Tag der Deutschen Einheit, ich war ein wenig nervös, aber alles ging gut über die Bühne und ich freue mich tierisch auf mehr Arbeit mit den Schülern! Beim Übersetzen durch die Lehrerin kannten natürlich so gut wie alle die CCCP oder Советский Союз, die Sowjetunion, na gut… Und ich denke, dass ich dennoch nicht lüge, wenn ich sage, dass die Kinder Spaß hatten, ich hatte ihn allemal.

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Liebe Grüße aus Brest