Erste Tage in Brest

Seit drei Tagen versuche ich schon, einen sinnvollen Blogpost zu schreiben. Mit den ganzen Eindrücken ist das gar nicht so einfach…

Am 10. September waren leider 10 wunderschöne, aber auch anstrengende Tage am Werbellinsee um. Danke an alle, es war unglaublich schön!! Am 13. September bin ich abends in den leicht verspäteten Bus gestiegen. Im Bus saß schon meine Mitfreiwillige, Lea. Sofort fühlte ich mich wie in einer Blase, denn alle sprachen Russisch und zusätzlich lief noch eine russische Serie. Wir fuhren los, rüber über die deutsch-polnische Grenze, über die A2 Richtung Warschau, vorbei an Poznań und Łódź, durch den Süden Warschaus und durch Masowien, bis wir irgendwann schließlich um kurz 9 Uhr morgens in Terespol ankamen. Die Ausreise war ziemlich einfach, wir durften schön in Bus sitzen bleiben und mussten nur unsere Pässe vorzeigen, die dann in das Tablet eingescannt wurden. Eigentlich wären wir pünktlich in Brest, wären da nicht die zwei Belarussinen, die ihr Schengen-Visum um einen Tag überzogen hatten… Doch was danach kam, war irgendwie aufregender, denn ich betrat zum ersten Mal DAS Land, in dem ich das nächste Jahr verbringen soll. Dann stiegen belarussische Grenzer ein und teilten Migrationskarten aus, die wir ausfüllen sollten. Gesagt und getan, der Bus fuhr weiter zur Passkontrolle und zum Zoll. Leider hatten wir das Pech und mussten mit unseren Koffern durch das Gebäude, was sich bei zwei Koffern á 25-26kg nicht einfach gestaltete. Einer der Busfahrer war aber äußerst freundlich und war mir dabei sehr behilflich! Passkontrolle war in Ordnung, dann wurde ich im Zoll direkt mit einem „Du-bist-irgendwie-sehr-verdächtig-weil-du-zwei-Koffer-hast“-Blick von einer Zöllnerin empfangen, die – haltet euch fest – sogar Englisch sprach. Ich erklärte ihr, dass ich für ein Jahr nach Belarus gekommen bin und 90% der Sachen nur Kleidung sei. Schnell sollte ich nur noch meine Koffer wiegen und durfte dann problemlos in die Republik Belarus einreisen. Nach höchstens weiteren 15 Minuten Fahrt sind wir dann mit guten zwei Stunden am Brester Busbahnhof angekommen, wo auch schon meine Ansprechpartnerin auf mich wartete. Schnell nach Hause, Koffer ablegen und dann sofort in die Schule, da um 14 Uhr der Unterricht meiner Ansprechpartnerin begann. Nach einer kurzen Zeit durfte ich dann aber auch wieder nach Hause. Plötzlich überkamen mich die Emotionen und meine Gedanken kreisten um die Frage, warum ich das eigentlich mache. Oh Gott, du sollst jetzt ein Jahr hier verbringen… Es bezog sich aber weniger auf das Land an sich, sondern vielmehr auf die Einsamkeit, die irgendwie die Kontrolle übernommen hatte. Dennoch gab ich mir einen Tritt in meine fünf Buchstaben und ging spazieren und erledigte meine ersten Einkäufe. Jetzt, im Rückblick, fühlt es sich an, als wäre ich hier schon eine halbe Ewigkeit und irgendwie kann ich da schon fünf Tage danach drüber lachen. Die nächsten Tage verbrachte ich in der Schule oder in irgendwelchen Schreib-, Übersetzungs- oder Notarbüros, um mich registrieren zu können und um schon die Aufenthaltsgenehmigung in die Wege zu leiten. Im Moment arbeite ich in der Schule sehr viel am Computer, da ich u.a. Film- oder Theaterplakate für die Deutsche Woche gestalten soll. Insgesamt kann ich auch sagen, dass ich mich schon jetzt sehr wohl fühle an der Schule, was nicht nur daran liegt, dass ich mich freue „zurück“ zu sein, sondern auch, weil meine Kollegen unglaublich nett sind! Direkt am ersten Tag bekam ich zwei Stücke Kuchen geschenkt, eine Lehrerin rief mich dann am nächsten Tag an, um in einen großen Supermarkt zu fahren, wo es auch Haushaltssachen gibt, was ich ausgesprochen nett fand. Heute fuhr sie nochmal dorthin, da es wohl ihr Lieblingsladen sei und nahm mich mit. Im Auto unterhielten wir uns über Belarus, Deutschland, Polen und ich bekam (wie sie auch selber sagte) viel Landeskunde mit, es war definitiv sehr interessant! Danach gingen wir auf den Markt und sie spornte mich an, auf Russisch einzukaufen, was ich auch als erfolgreich bezeichnen würde. Die Preise auf dem Markt sind – im Vergleich zum Supermarkt – echt günstig. 1 kg Äpfel für 10.000 Rubel, 1kg Kartoffeln für 5.000. Rund 20.000 Rubel sind 1€. Trotzdem möchte ich es an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, dass es nicht so viel günstiger ist, als in Deutschland. Brot, Milch, Butter, lokales Obst und Gemüse sowie Tee sind hier sehr günstig, jedoch denke ich nicht, dass man sich auf Dauer nur von diesen Produkten ernähren kann, hinzu kommt ja noch die Tatsache, dass die Menschen hier 2-3.000.000 Rubel monatlich verdienen. (2.000.000 verdient zumindest ein Techniker bei der hiesigen Telekom, sofern ich das richtig verstanden habe) Eine große Sache, die mich ziemlich beschäftigt, ist die Frage, warum Belarus so unbekannt, der „weiße Fleck“ Europas ist. Das Land unterscheidet sich bis auf die Sprache, die Einreise und der Architektur meines Erachtens nicht viel von Polen, ob das überall so ist oder nur an auf die Grenznähe zurückzuführen ist? Beim Telefonieren mit Lea haben wir beide festgestellt, dass es gar nicht so viele Unterschiede zwischen Deutschland und Belarus gibt, der Größte ist die Sprache. Apropos Polen: Es gibt hier tatsächlich viele Belarussen mit der „karta polaka“, der Karte des Polen, die als Nachweis der Zugehörigkeit zum polnischen Volk dienen. Ergo sprechen hier viele Menschen auch Polnisch. Auf jeden Fall möchte ich allen weltoffenen Menschen als Tipp ans Herz legen, mal Belarus „auszuprobieren“, es ist unglaublich interessant, ich bin sehr fasziniert. Und nicht zu vergessen: Die Menschen sind sehr herzlich und freundlich. Letztens im „Evroopt“ verstand ich die Kassierin nicht und vor mir war gerade noch ein Deduschka mit seiner Frau am Einpacken der Einkäufe und gab der Kassiererin seine Kundenkarte, damit ich Rabatt bekomme. Unglaublich nette Geste! Ich könnte stundenlang noch von Belarus weiterschreiben, denn ich bin ziemlich beeindruckt!

Пока и привет из Беларуси! Sobald ich hier in der Wohnung Internet habe, gibts Bilder! 🙂