…so reagierte mehr oder weniger mein Umfeld, als ich verkündete, dass ich einen Platz bei kulturweit an einer Schule in Belarus bekommen habe. „Weißrussland“ korrigierte ich, „es ist dann doch ein Unterschied, das sind zwei verschiedene Länder.“ Darauf folgte meistens eine Reaktion á la „Ach, ist doch alles sowieso das Gleiche“ oder Geschichten von Freundesfreunden, die mir zeigen sollten, wie kriminell „die dort alle sind“. Dann gab es noch die Reaktionen wie „Das ist doch ’ne Diktatur, oder? Hast du eigentlich noch alle Tassen im Schrank?“ Ja, mir geht es wirklich noch gut, keine Sorge.
Was für andere total unverständlich ist, ist für mich mein Traum; die GUS-Staaten (ehemalige UdSSR) sowie MSOE waren meine Wunschregionen bei der Bewerbung. Mein Interesse widme ich schon seit Jahren diesen Regionen, ganz zu schweigen von fernen Reiseplänen von Wanderungen in den atemberaubenden Gebirgen Tadschikistans oder vom Baden im Issykkul in Kirgistan. Als dann die E-Mail von kulturweit kam, wusste ich erstmal nicht, was ich damit anfangen soll, da ich meine Hoffnung auf eben jene Länder gesetzt hatte. Doch ich zögerte nicht lange und nahm den Platz an – er entsprach nicht nur meinen Vorstellungen, sondern gab mir zu denken. Wir reden immer von fremden Ländern, von der Ferne – doch dann vergessen wir, dass wir in Europa auch etwas Fremdes und Unbekanntes haben – Belarus. Wie viele könnten mir spontan was dazu erzählen – ob jetzt geographisch, politisch oder kulturell? Kaum jemand. Von Berlin aus sind es bis nach Brest nicht einmal 800km, von Warschau (wo ich mehrmals jährlich dank Familie bin) gerade 200km. 200km – grob die Strecke von Berlin nach Dresden. Nahezu nur einen Steinwurf entfernt. Vielleicht muss man gar nicht weit fahren, um etwas komplett Neues kennenzulernen? Vielleicht liegt es einem manchmal einfach nur vor den Füßen, aber man ist so in die Ferne verguckt, dass man es gar nicht beachtet?
Doch jetzt bin ich sehr glücklich mit dem Land, denn ich finde die Kultur verdammt interessant und von der Sprache mal ganz zu schweigen. Seit Jahren verfolgt sie mich und will von mir gelernt werden. Bis auf die (Schreib-)Schrift und einige Vokabeln und Floskeln habe ich aber nicht mehr gelernt.
Jetzt ist es gar nicht mehr so lang bis September, gerade ist doch erst die Mail mit dem Platzangebot in meinem Postfach gewesen. Sensationelle 1,5 Monate bleiben mir noch hier in Berlin. Und mich quälen die Zweifel, ob ich das alles schaffen werde vor Ort, ob ich meine Arbeit gut machen werde an der Schule, ob ich Anschluss finden werde, ob dies, ob das. Wahrscheinlich hat diese Ängste jeder im Moment, aber wie sagt man so schön: Was dich nicht umbringt, macht dich noch stärker. Manchmal muss man einfach den Mut zusammenpacken und ins kalte Wasser springen, Abenteuer und Risiken auf sich nehmen.
Mein größtes Abenteuer ist im Moment mein Visum – das erste war die Anreise – dank der Post ist meine Einladung immer noch nicht da. Aber: будет – es wird. Hoffe ich zumindest.
Vicky
(Neuer Anlauf – der gestrige Artikel war echt chaotisch)