Archiv für den Monat: Oktober 2015

Reise nach „Erfahrungen“

Schon über einen Monat in Bulgarien! Und mir geht es immer noch super. Ich bin mittlerweile im Alltag angekommen, weiß (meistens) wann ich wo zu sein habe und was meine Aufgaben sind. Im Moment habe ich an meiner Schule verschiedene Aufgaben, da alle etwas gestresst sind, denn in einer Woche findet die DSD-Probeprüfung statt: Kopieren, Schreddern, DSD-Mappen sortieren, Bibliothek auf den neusten Stand bringen, Radios testen, Bücher stempeln, Arbeitsaufträge an Klassen verteilen, Klassen beaufsichtigen und den Kinosaal bei Veranstaltungen aufbauen (Da haben sie sich genau die Richtige ausgesucht, ich Technik-Wunderkind bekomme den Beamer nicht mal an).. Das gehört derzeit zu meinem Arbeitsalltag dazu. Allerdings bevorzuge ich die Arbeit mit den achten Klassen, bei denen ich mittlerweilehäufig bin.

Wir üben die Aussprache, die Zahlen und spielen Vokabelspiele. Am meisten freuen sie sich aber, wenn sie mir einfach Fragen stellen dürfen, um zu zeigen, was sie schon alle sagen können. Ich finde das sehr gut, denn das Wichtigste ist, dass die Schüler ermutigt werden zu sprechen, ganz egal ob das Deutsch korrekt ist. Sie lernen jetzt seit ein Paar Wochen Deutsch und ich war sehr überrascht und gleichzeitig schwer beeindruckt, als ich das erste mal in der 8. Klasse war. Ich stellte mich vor und es kamen viele Fragen bezüglich Alter, oder welche Sprachen ich sonst noch spreche. Nach 2 Wochen konnten sie schon so viel fragen. Dann meldete sich ein Junge: „Elisa, hast du einen Freund und wie ist deine Handynummer?“ Tja, der merkt sich nur das, was er später mal gebrauchen könnte..

Die Schüler freuen sich auch schon immer, wenn sie mich auf dem Gang treffen und fragen, wann ich wieder in den Unterricht komme.

Seit kurzem klopfen diejenigen, die auch im Schülerwohnheim wohnen auch bei mir, um zu fragen, ob ich bei den Deutsch Hausaufgaben helfen kann, oder einfach mit ihnen ins Zimmer will, um zu quatschen. (Überwiegend auf englisch). Sie konnten gar nicht glauben, dass ich 18 bin..“Whaaaat? 18? You look like 13! -That was a compliment.“ oookey. Na danke. Nun ja, die meisten 8 Klässler sind tatsächlich größer als ich..aber trotzdem. 13?.. Ein Mädchen meinte auch: „You are so cute, can I hug you, little german girl?“ und „Ich bin jetzt dein Frrrreundin“. Ach ja, sie sind schon knuffig.

Ich bin mittlerweile auch in einem Bulgarischkurs an der Uni, in dem einige Erasmus Studenten sind, die sehr nett sind. Da viele spanisch-sprechende Studenten in dem Kurs sind kann sich die Lehrerin nicht verkneifen etwas auf spanisch zu erklären (sie ist großer Spanien-Fan und findet alles super, was mit Spanien zu tun hat- erzählt sie auch jede Stunde). Ist für mich sehr interessant eine fremde Sprache mit Hilfe einer fremden Sprache zu lernen. Aber ich kann tatsächlich schon ein bisschen sprechen. Das freut allerdings meine Schüler mehr als mich, die fragen jedes mal wenn sie mich sehen, ob ich etwas neues kann. Entweder sind sie begeistert und klatschen-oder ich bzw. meine Aussprache wird ausgelacht und nochmal mit ihnen geübt.

Nach der Arbeit bin ich oft in der Stadt, egal ob mit Freunden oder alleine(Ich habe jetzt sogar eine Busfahrkarte und kann durch die Gegend düsen). Man trifft immer irgendwen. Manchmal auch sehr spezielle Menschen, wie „Spirit of old town“, der Mann, der einen Stand in der Altstadt hat und die Babykatzen füttert. Er spricht auch deutsch und französisch und bat mich, mich zu ihm hinter seinen Stand zu setzen.“Voll die Ehre!“ Er erzählte mir viel über Plovdiv. Außerdem kamen wir hinter dem Stand mit sehr vielen verschiedenen Menschen ins Gespräch, die Geschichten über ihre Heimat erzählten. Japan, Spanien, …

Spirit of old town. mal nicht beim Katzen füttern

Spirit of old town. mal nicht beim Katzen füttern

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„Warum willst denn die Welt bereisen? Schnapp dir einen Stuhl und setzt dich vor dein Haus. Die Welt wird dich bereisen.“ Wie wahr, manchmal muss man sich einfach auf Leute einlassen, um Dinge zu erfahren und zu verstehen. Dementsprechend gingen wir und ein bulgarischer Künstler dann abends etwas trinken.

Vladimir der Künstler

Vladimir der Künstler

Da die beiden Herren allerdings schon vom älteren Register waren, zog ich später mit 3 Amerikanern weiter. Letztendlich landeten wir im Club Galaxy, Reservationskarten und halbnackte zu bulgarischer Pop-Volksmusik tanzende Frauen und Männer erwarteten uns. Nun ja, nach 10 verstörenden Minuten sind wir wieder geflüchtet.. Naja, jetzt weiß ich Bescheid.

Irgendwie hatten wir die Zeit vergessen und ich war letztendlich nach 6Uhr morgens zu Hause.

Also habe ich schnell geduscht, denn ich war mit zwei Freiwilligen in Kardzhali verabredet. Um 9 ging der Bus, also musste ich mich beeilen. Und wie das hier in Bulgarien so ist: wenn man auf den Bus wartet kommt er nicht. Ich habe dann einen anderen genommen und irgendwo ein Taxi angehalten, da das hier normal ist Taxi zu fahren. Jedoch war dieser Taxifahrer nicht so nett wie die anderen. Er hat mein Handy abgenommen, die Türen abgeschlossen und sich naja an gewisse Stellen gefasst … Glücklicherweise sind die Autos nicht so modern und es gibt Kurbelfenster. Ich habe raus gerufen, er hat die Verriegelung geöffnet und ich bin dann (mit meinem Handy) aus dem fahrenden Taxi gesprungen.. nützliche Erfahrung. Hätte zwar drauf verzichten können aber es ist ja nichts passiert, außer, dass ich den Bus verpasst habe.

Ich war dann etwas später in Kardzhali aber das machte nichts. Dort haben wir für das Wochenende ein Auto gemietet, um die antike Felsstadt Perperikon und Tatul zu besichtigen. Wir fuhren nachdem wir alles besichtigt hatten mit unserem Auto über Holperstraßen zurück nach Plovdiv, mussten Schafherden ausweichen und erschraken nicht schlecht, als vor uns auf der „Schnellstraße“ eine Kuh auftauchte.. Das war ein interessantes Wochenende..

Perperikon

Perperikon

Tatul

Tatul

Schaaaafe

Schaaaafe

Anlässlich des Tages der deutschen Einheit lud die Honorarkonsulin der Bundesrepublik Deutschland in Plovdiv Frau Paskaleva und mich zu einem Empfang in Plovdiv ein. Es waren viele aufgebrezelte Frauen und Anzug tragende Männer anwesend, ebenso wie die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Claudia Roth, und der Botschaftler der BRD, Detlef Lingemann.

Frau Roth hielt eine Rede zur aktuellen Flüchtlingsthematik. „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Egal, ob braun oder weiß, Christ oder Muslim. Wir können das schaffen, aber es wird nicht einfach. Aber ich glaube daran, dass es machbar ist.“ Sie stimmt voll und ganz den Entscheidungen Angela Merkels zu. War auf jeden Fall für mich sehr interessant zu hören, da man hier ständig nach den Flüchtlingsproblemen in Deutschland gefragt wird bzw. wie ich dazu stehe.

Ich habe sogar noch mit Frau Roth gesprochen, sie war ganz begeistert von meiner Arbeit und dass ich aus Lindau komme. Jetzt hat sie ein Foto mit mir.. Sie meinte auch, dass ich einen Artikel für den Bundestag schreiben könnte nach meinen 6 Monaten, da sie immer für die Förderung kultureller Projekte ist. Sehr cooler Abend!

Ich hab sie getroffen :)

Ich hab sie getroffen 🙂

Ich habe im Bulgarisch Kurs einen jungen Mann aus der Türkei gelernt, mit dem ich öfter zusammen unterwegs bin. Er erzählte mir so viel über seine Heimat und wir waren mehrmals zusammen türkisch essen. Ihr erinnert euch an die Sache mit dem Stuhl, dass die Welt einen bereist.. Ich habe so viele Dinge von ihm erfahren, die ich zuvor noch nie gehört habe. Ich glaube genau das meinte „Spirit of old town“. Jedoch möchte ich alles auch gern selbst sehen und nicht nur davon hören. Also beschlossen wir (die 3 Freiwilligen aus Südbulgarien-Plovdiv, Haskovo, Kardzhali) über das Wochenende nach Edirne, Türkei zu fahren. Das sind mit dem Bus nur 1 ½ Stunden Fahrt. Während einem kurzen Stop an einem Supermarkt vor der türkischen Grenze wurde der Bus mit Alkohol beladen: unter die Sitze, unter Röcke und Blusen..

Dann ging es zur Grenze, an der wir etliche Male den Pass zeigen mussten, alles lief problemlos. Trotz Alkohol. Und ich habe endlich einen Stempel in meinem Pass. Bzw. jetzt 2, mit der Ausreise.

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In Edirne besichtigten wir jede Moschee. Sie sind so schön! Wir gingen in das Health Museum, die Synagoge und waren auf jedem Bazar. Im Grunde haben wir alles gesehen, was es so zu sehen gibt:Brücken, Denkmäler,.. Die Stadt gefällt uns sehr. Und auch das Essen ist sooo gut! Ach ja für alle, die es noch nicht wissen, oder sich fragen: hä, was isst du denn? Hasenfutter? – Die Welt der Fleischfresser hat mich wieder, da ich in Bulgarien eh nichts lesen kann, wenn ich essen gehe.

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Synagoge

Synagoge

darin ist das Health Museum

darin ist das Health Museum

 

Nur unser Bus für die Rückfahrt kam und kam einfach nicht. Wir warteten über eine Stunde, dann gingen wir zur Touri Info, die uns sagte, dass der Bus nicht mehr kommt. Der nächste kommt nachts. Und jetzt? Wir müssen alle am nächsten Tag arbeiten. Uns blieb nichts anders übrig,als mit einem anderen Bummelbus nach Kapikule vor die bulgarische Grenze zu fahren. Über die Grenze mussten wir dann zu Fuß, was im Grunde kein Problem, aber ein komisches Gefühl war. Wir mussten an jeder Station (ich glaube es waren 5 oder 6) unseren Pass vorzeigen. An der letzten schaute ein Mann meinen Pass an, dann mich und fing an breit zu grinsen: „ Aaah Elissssa, you look beautiful.“ Äh, danke? Kann ich jetzt durch?

Gleichzeitig hielten wir Ausschau nach Autos, die nach Haskovo fuhren, da einige unserer Sachen noch in Cosimas Wohnung lagen. Aber für 3 Leute war in kaum einem Auto Platz und wir standen mitten auf der Autobahn, sodass wir lieber schnell mit dem Taxi weg wollten. Also fuhren wir in die nächste Stadt, Svilengrad und von dort aus nach Haskovo. Um kurz nach 20 Uhr waren wir da, aber meinen Bus nach Plovdiv hatte ich verpasst, sodass ich den nächsten um 6 Uhr früh nehmen musste und dementsprechend erst zur zweiten Stunde zur Arbeit erschien. Naja, beschwert hat sich keiner..

Richtung nach Hause nach Bulgarien..

Richtung nach Hause nach Bulgarien..

Und ich fand es erfrischend, nicht immer alles nach Plan machen zu müssen, sondern einfach mal alles auf sich zukommen zu lassen..

Bis bald

Eure Elisa <3